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Die geschenkte Polizze

Der Regionalrat beschert die Abgeordneten mit einer lukrativen Unfallversicherung: Der Steuerzahler übernimmt zwei Drittel der Jahresprämien.

Von Matthias Kofler

Noch vor Beginn der Weihnachtsferien hat Regionalratspräsident Thomas Widmann seinen Politikerkollegen die frohe Botschaft übermittelt: In einem Schreiben teilte der SVP-Politiker mit, dass das Hohe Haus alle seine 70 Mitglieder auch im kommenden Superwahljahr wieder mit einer lukrativen Unfallversicherung ausstatten wird. Allerdings hätten die Abgeordneten die Möglichkeit, auf die Unfallversicherung zu verzichten oder die vorgesehene Jahresprämie in voller Höhe selbst zu zahlen, betonte Widmann in seinem Schreiben. Es reiche aus, die dem Brief beigelegte Anlage auszufüllen.

Schon jetzt ist klar: Der überwiegende Teil der Abgeordneten wird auf die Versicherung nicht verzichten. Die Unfallversicherung ist aus mehrerlei Hinsicht für die Volksvertreter äußerst vorteilhaft: Die Jahresprämie, die pro Mandatar stolze 760 Euro ausmacht, wird zu zwei Dritteln von der öffentlichen Hand bezahlt. Die Abgeordneten müssen hingegen nur 253,33 Euro im Jahr selbst zur Versicherung beisteuern. Dieser Betrag wird ihnen direkt vom Gehalt abgezogen.

Ein neues Privileg für die Volksvertreter.

Die Versicherung gilt für Unfälle in Ausübung des Mandats, aber auch für Unfälle, die die Abgeordneten in der Freizeit, beim Sport oder bei privaten Arbeitstätigkeiten erleiden. Die Versicherung sieht im Falle eines Krankenstandes oder eines Krankenhausaufenthaltes einen Tagessatz von 100 Euro vor. Im Falle einer dauerhaften Invalidität wird den Versicherten ein Kapital von insgesamt 500.000 Euro ausbezahlt. 500.000 Euro erhalten die Hinterbliebenen im Falle eines verfrühten Ablebens des Abgeordneten.

Kritik an der Unfallversicherung übt der Trentiner Regionalratsabgeordnete Claudio Cia, weil diese auch die Risiken der privaten Berufstätigkeit der Versicherten abdecke. „Die Leistungen dieser Polizze ersetzen somit nicht die eventuell ausfallende Aufwandsentschädigung, sondern sie werden diesen hinzugefügt: Im Falle eines Unfalls, der tatsächlich mit einer einfachen ärztlichen Bescheinigung belegt wird, zahlt die Region weiterhin die Aufwandsentschädigung und die eventuellen Rückerstattungen“, erklärt Cia. Neben der Möglichkeit, während der Amtsperiode den eigenen Arbeitsplatz zu behalten oder den Beruf weiter ausüben zu können, hätten die Regionalratsabgeordneten somit auch die Möglichkeit, sich unabhängig von ihrem Aufenthaltsort und ihrer Tätigkeit versichern zu lassen, „und zwar größtenteils auf Kosten der öffentlichen Hand“, bedauert der Abgeordnete von „Agire per il Trentino“.

Im Sommer 2015 war erstmals bekannt geworden, dass der Regionalrat eine Art Lebensversicherung für die Abgeordneten plante. Weil der Aufschrei groß war, ruderte das Präsidium rasch zurück und erklärte: Eine Versicherung werde es nur dann geben, wenn jeder Abgeordnete, der die Dienstleistung in Anspruch nehmen will, zu Hundert Prozent selbst dafür aufkomme.
„Wir werden die Polemiken beseitigen“, erklärte die SVP-Präsidialsekretärin Veronika Stirner Brantsch im Juni.
Präsidentin Chiara Avanzo verteidigte sich mit den Worten: „Ich habe nach dem Tod von Diego Moltrer in gutem Glauben gehandelt.“ Sie habe nicht gedacht, dass der Vorschlag auf solchen Widerstand stoßen und als weiteres Privileg für die Politiker betrachtet würde.
Der ehemalige Regionalratspräsident Diego Moltrer war im November 2014 im Alter von 47 Jahren bei einem Jagdausflug an einem Herzinfarkt gestorben.

Offensichtlich waren die Abgeordneten mit dem Rückzieher des Präsidiums aber nicht einverstanden: Rasch folgte der Rückzieher vom Rückzieher.

Claudio Cia will in einer Anfrage an Regionalratspräsident Thomas Widmann nun in Erfahrung bringen, wie viel die Region seit dem Beginn der Legislaturperiode für die Versicherungen ausgegeben hat und ob es bereits Entschädigungsansprüche für die Erstattung von Unfallkosten gibt. Zudem will er wissen, wie viele der Abgeordneten auf die Versicherung verzichtet haben.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (30)

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  • andreas

    Die Kaste der Politiker macht sich durch ihre Gier weiter lächerlich und trägt mit solchen Maßnahmen gewiss nicht dazu bei, dass man sie wieder etwas ernster nehmen kann.
    Diese Selbstgefälligkeit, mit welcher sie annehmen, dass sie sich alles erlauben können, ist nur noch peinlich.

    Grüne, Freiheitliche oder STF, Parteien, von welchen man annehmen würde, dass sie Privilegien bekämpfen möchten, was sie sich ja auf ihre Fahne geschrieben haben, machen munter mit….

    Am Futtertrog werden sie halt alle gleich, zwar nichts Neues, doch eine Foppa oder dieser neue der Freiheitlichen, sollten sich dann ihr Schwadronieren sparen, gut, dies nicht nur aus diesem Grund.

    • besserwisser

      @andreas: heute sind sie alle beim schifahren, müssen ja auch mal die batterien wieder aufladen. keine zeit für pressemitteilingen.

    • george

      ‚andreas‘, auch dich kann man wenig ersnt nehmen, denn auch du machst munter mit deinen vorurteilen weiter und wirfst alle in einen Topf, ohne zu wissen, ob nicht doch jemand von denen anders oder differenziert von der Generalität handelt. Zuerst genaue Information über die einzelenen einholen und dann urteilen, das wäre eigentlich angebracht.

      • andreas

        Meinst etwa Foppa hat sich mit Händen und Füßen gewehrt und hat deshalb so zerzauste Haare? 🙂
        Oder etwa deshalb, weil sie den Vorschlag von Heini Dorfer angenommen hat und mit Heiss am windigen Brenner steht und Touristen zählt?

        Aber ich verrate dir ein Geheimniss, mir ist Objektivität oder Differenzierung bei dieser Kaste komplett egal, über jeden Einzelne/n, unabhängig der Partei, könnte man seitenlang die Fehlverhalten auflisten.

  • unglaublich

    Die Vertreter des Volkes hören einfach nicht damit auf, den letzten Glauben an die Demokratie zu zerstören.
    Sie haben ihr Ziel bald erreicht.

  • pingoballino1955

    Ich wundere mich,dass die Giergeier damit nicht bis einen Tag nach den Wahlen 2018 gewartet haben,wir werden uns trotzdem erinnern!!!!! Warum führt das Land eine solche Versicherung nicht für alle Bürger/innen ein,ich wäre schnell dabei mit obgenannten Kondizionen!!!! Dieselben müssen nämlich auch zur Arbeit fahren,möchten sorgenlos Sport betreiben,usw…. Ihr Politiker kriegt den Hals einfsch nicht mehr voll:SKANDALÖSE ZUSTÄNDE IN SÜDTIROL!!!!!!

  • morgenstern

    Das Problem ist nicht der Politiker, sondern der Wähler.

    • andreas

      @morgenstern
      Unsinn, welche Handhabe hat man um solche Fehlverhalten auszuschließen?
      Glaubst du etwa wirklich, dass wenn irgendwelche eigenartigen Patrioten an der Regierung wären, diese sozialer handeln würden?
      Erfahrungsgemäß sind die noch schlimmer. Einer hat es sogar fertig gebracht Kärnten so gut wie in den Bankrott zu treiben, wenn nicht der Staat die Haftung übernommen hätte.

      • unglaublich

        Falsch! Nur wenn der Wähler kritisch ist, mitdenkt und in der Wahlkabine dementsprechend handelt und vielleicht sogar selber politisch aktiv wird, gibt es Veränderung.
        Die Argumentation von Andreas führt in eine verhängnisvolle Depression, denn sie sagt nichts anderes aus, als dass man „eh nichts tun kann“.

        • andreas

          Und du siehst Aussagen wie „… das Problem ist der Wähler…..“ oder „stimmt“, als kritisch an?

          Wenn man eine Meinung hat, sollte man diese begründen und nicht solche pauschalen Floskeln verwenden.
          Wenn dann Resignation, Depression hat mit diesem Thema nicht viel zu tun.

  • prof

    Der Thomas Widmann wird sicherlich NICHT auf diese Polizze verzichten,er selbst ist ja ziemlich oft zu schnell mit dem Auto und Rad unterwegs.

  • george

    Die vermeintliche Schlauheit von ‚andreas‘ und manch anderem hier, der in die gleiche Kerbe schlägt, hat sich noch minder bestätigt als sie es von denen, über die sie herziehen, glauben machen können.

  • andreas69

    Eine Gratis-Versicherung für Schwerverdiener wäre nicht skandalös – WENN SIE NICHT DIE STEUERZAHLER ZAHLEN MÜSSTEN. Die Schamlosigkeit dieser unersättlichen Mäuler ist grenzenlos. Den Steuerzahler so abzocken ist eine bodenlose Frechheit! Wer von den gewählten Politikern ist gegen diese Abzocke? Ich wähle ihn/sie!

  • andreas69

    https://t.co/r1Y4nYVljQ?amp=1 Paul Köllensberger tweetet er habe die Polizze aus eigener Tasche bezahlt. Bravo! Werde wohl M5S wählen müssen, um meinen Protest gegen diese Altherren u. – damen und deren Vasallen auszudrücken, die es nicht für notwendig halten, der Bevölkerung aufzulosen.

  • sepp

    vielleicht wellen die olten Mandatare wie do Pahl do munter und wie sie olle hoasen a no die versicherung

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