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„Todesursache: Schrotschuss“

In Pfalzen spielt ein wahrer Krimi. Hat der streitbare SAD-Chef Ingemar Gatterer in seinem Heimatdorf eine Katze mit einem Schuss aus einem Schrotgewehr getötet? Oder wollte man Gatterer nur ein Ei legen? Eine Spurensuche.

von Artur Oberhofer

Hat er? Oder hat er nicht?

Hat Ingemar Gatterer eine Katze mit einem Schuss aus einem Schrotgewehr getötet? Oder will jemand dem streitbaren SAD-Chef ein Ei legen?

Der Krimi um eine getötete Katze ist seit Wochen das Dorfgespräch in der Pustertaler Gemeinde Pfalzen. Es geht um einen ungeheuerlichen Verdacht. Von brutalen Einschüchterungsversuchen ist die Rede. Der Fall ist andererseits so skurril und abenteuerlich, dass es für Außenstehende schwierig ist, eine Trennungslinie zwischen Krimi und Dorfposse zu ziehen.

Der Fall beschäftigt nicht nur die Dorfgemeinschaft von Pfalzen. Der Tierärztliche Dienst ist ebenso mit dem kniffeligen Fall befasst wie die Carabinieri und der Jagdverband.

Die TAGESZEITUNG hat sich auf Spurensuche begeben und die Protagonisten des Katzen-Krimis befragt.

Pfalzen, Sonntag 19. November dieses Jahres.

Ingemar Gatterer ist Jäger. An jenem Sonntag ist der SAD-Boss mit seiner Schrotflinte im Wald unterwegs. „Ich habe Vögel gejagt“, bestätigt Ingemar Gatterer gegenüber der TAGESZEITUNG. Er habe an jenem Nachmittag „rund 20 Schuss in zwei Stunden abgegeben“, erzählt der SAD-Chef.

Was an jenem Sonntag gegen 16.00 Uhr passiert ist, darüber gehen die Versionen diametral auseinander.

Ein junger Mann aus dem Ort gibt an: Er sei an jenem Sonntagnachmittag spazieren gegangen, als er unweit des Recyclinghofes eine Katze bemerkt habe, der es offenbar nicht gut ging. Der Zeuge erklärte: „Die Katze wirkte wie benebelt und ist dann neben mir umgefallen.“

Der Zeuge bemerkte, dass die Katze Blut verlor. Als er kurz darauf seinen berühmten Landsmann Ingemar Gatterer bemerkte, der mit seiner Schrotflinte auf dem Buckel aus dem Wald kam, schien für den jungen Pfalzner klar: Der Gatterer hat die arme Katze auf dem Gewissen.

Die Katze lag wenige Meter von Ingemar Gatterers Auto entfernt. Weil der junge Mann mit seinem Handy Fotos machte, habe der SAD-Chef ihn angebrüllt: „Wenn du nicht abhaust, zeig ich dich an.“

Der Zeuge nahm die tote Katze mit und zog von dannen.

Der Zeuge bzw. dessen Schwiegervater wusste, dass die (tote) Katze dem Metzger Hartmann W. gehörte. Sie benachrichtigten Hartmann W., der den mutmaßlichen Katzen-Töter Ingemar Gatterer umgehend zu Hause aufsuchte und zur Rede stellen wollte. Nach Darstellung von Hartmann W. habe der SAD-Chef nicht die Tür geöffnet, Gatterers Mutter sei aber herausgekommen. Der Gatterer-Mutter sagte Hartmann W., dass „die Geschichte Folgen haben“ werde.

Als Hartmann W. nach Hause kam, klingelte das Telefon.

Brief des Gatterer-Anwaltes

Am anderen Ende der Leitung war Ingemar Gatterer. Der habe ihn „von Beginn an zusammengeschissen“ Wörtlich soll der SAD-Chef gesagt haben: „I moch di fertig, i hetz dir zehn Anwälte auf den Hals und bring di um alles …“

Gatterer sagte in dem Telefonat auch, er habe die Katze nicht erschossen, er habe an jenem Nachmittag „nur auf Vögel geschossen“.

Die Nachricht über die angeblich vom SAD-Chef mit der Schrotflinte getötete Katze sickerte an einige Medien durch. Dabei hieß es, es gebe sogar einen Zeugen, der mit seinem Handy ein Beweisbild geschossen habe.

Weil weder der Zeuge, noch das Beweisfoto auftauchten, sahen die Medien, die über den Fall Kenntnis hatten, von einer Veröffentlichung ab.

Nichtsdestotrotz blieb die Katzen-Tötung das Top-Thema in Pfalzen – und auch darüber hinaus.

Bei Parteien gossen Öl ins Feuer.

Weil die Gerüchte im Dorf partout nicht verstummen wollten, schickte Ingemar Gatterer seinen Anwalt Jui Andriollo vor. Der setzte einen Brief auf und übermittelte ihn per Einschreiben an den Metzgermeister Hartmann W.

Der Brief vom 1. Dezember dieses Jahres liegt der TAGESZEITUNG vor.

Darin heißt es unter anderem:

„Sehr geehrter Herr W. (…), mein Mandant berichtet, dass Sie in Pfalzen die unwahre Nachricht verbreiten, Herr Dr. Gatterer hätte eine Katze getötet.

Sie wären sogar auf der Suche nach Augenzeugen, die diese erfundene Geschichte bestätigen.

Ich teile Ihnen hiermit mit, dass Ihre Handlungen (…) bestraft werden können, da Sie die Ehre und die Würde des Herrn Dr. Gatterer verletzen, indem Sie meinem Klienten Tatsachen unterstellen, die nie passiert sind.

Ich fordere Sie hiermit auf, weitere rufschädigende Handlungen zu unterlassen und außerdem die verbreitete unwahre Nachricht richtigzustellen.“

Auch der Metzgermeister Hartmann W. und seine Mitstreiter blieben nicht untätig.

Hartmann W. ließ seine tote Katze von einem Tierarzt einer sogenannten adspektorischen Untersuchung unterziehen.

In dem Befund steht:

„Schwarze Katze, langes Haar, weiblich, c. zwei Jahre alte, eingefroren, schlechter Konservierungszustand.

Der tierärztliche Befund

An der Halsunterseite, vom Unterkiefer bis hin zum Brusteingang, Haut und Unterhaut durchtrennt, Muskeln eingerissen und von Blutgerinnseln durchsetzt. Auf derselben Halsseite ist ein 1-2 mm rundes, schwarz gerändertes Einschussloch in der Haut. Kein Ausschuss.

Schrotkugel in den umliegenden Weichteilen nicht ertastbar, so dass eine radiologische Untersuchung des Kadavers beantragt wird (…).

Anhand der Röntgenbilder sind einige Schrotkörner im Körper der Katze ermittelt, davon 3 sichergestellt worden.

Todesursache: Fremdeinwirken, Schrotschuss.“

Es steht also fest: Die Katze ist durch einen Schuss aus einer Schrotflinte getötet worden.

Da man Schrotkörner (aufgrund der starken Verformung) im Nachhinein keiner Waffe mehr zuordnen kann, ist es unmöglich festzustellen, ob die Schrotladung aus der Flinte von Ingemar Gatterer abgefeuert worden ist.

Aber wie stellt der SAD-Chef die Geschichte dar? Immerhin war er am Tag, an dem die Katze des Metzgers mit einer Schrotladung getötet wurde, mit einer Schrotflinte unterwegs. Nur Zufall?

Ingemar Gatterer rekonstruiert den Vorfall wie folgt: Er sei mit seiner Schrotflinte zwei Stunden lang auf Vogeljagd gewesen. Als er den Wald verlassen habe und zu einem Auto gehen wollte, das rund 200 Meter vom Wald entfernt geparkt war, bemerkte er einen jungen Mann, der neben seinem Auto stand.

Der junge Mann habe ihm zugewinkt. Als er bei seinem Auto ankam, habe er die tote Katze gesehen, die unweit seines Autos, auf einem Gehsteig lag, erzählt Gatterer. Der SAD-Chef fügt hinzu: „Glauben Sie wirklich, dass ich – wenn ich die Katze geschossen hätte – sie neben meinem Auto liegen lasse?“

Einwand: Es könnte ja sein, dass er, Gatterer, die Katze versehentlich angeschossen habe und diese noch aus dem Wald herausgelaufen ist?

Antwort Ingemar Gatterer: „Ah, und dann läuft die Katze aus dem Wald heraus und fällt genau neben meinem Auto tot um?!“

Was ist dann passiert?

Ingemar Gatterer ist felsenfest davon überzeugt, dass man ihm „ein Ei legen wollte“.

Er selbst wisse als Jäger, dass er keine Katzen schießen dürfe. Der SAD-Chef geht davon aus, dass er beobachtet worden sei bzw. dass jemand die Schüsse gehört habe. „Meine Vermutung ist, dass eine dritte Person die Katze geschossen hat und man mir die Sache unterjubeln wollte“, so Gatterer.

Außerdem: „Hätte ich die Katze wirklich unbeabsichtigt geschossen, dann hätte ich kein Problem gehabt, dies zuzugeben, aber es wird wohl niemand glauben, dass ich eine Katze schieße und sie neben meinem Auto niederlege …“

Ingemar Gatterer bestreitet auch nicht, dass er dem Metzger Hartmann W. gegenüber Drohungen ausgesprochen hat. „Es stimmt, dass ich ihn angerufen habe“, sagt der SAD-Chef, „ich habe ihm gesagt: ,Du bist ein netter Mensch, aber wenn du wegen so einer Lappalie versuchst, die Leute im Dorf gegen mich aufzuhetzen und meiner Familie zu schaden, dann kostet dich das viel Geld.’“

Im Nachhinein, sagt Ingemar Gatterer, tue ihm der Metzgermeister sogar ein bisschen leid. „Der Metzger wird von bestimmten Leuten, die mit solchen Provokationen meiner Familie Schaden zufügen wollen, missbraucht.“

LESEN SIE MORGEN AUF TAGESZEITUNG Online:

  • Das Interview mit Ingemar Gatterer

 

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