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Die Schlauen

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In Bozen stehen erstmals zwei ausländische Arbeitskräfte vor Gericht, die Arbeitslosengeld kassierten und sich gleichzeitig in ihrem Herkunftsland aufhielten. Keine Einzelfälle.

Von Thomas Vikoler

Was machen ausländische Saisonsarbeiter, speziell im Tourismus, außerhalb der Saison? Sie fahren in ihre Herkunftsländer, um ihre Familien zu besuchen. Der Aufenthalt dauert nicht selten etwas länger, weil das Hotel, in dem sie ihr Personalzimmer haben, geschlossen ist.

Und währenddessen kassieren sie – wie ihre inländischen Kollegen – Arbeitslosengeld. Häufig auch deshalb, weil ihnen ihr Arbeitgeber keinen Jahresvertrag gibt und sie lediglich saisonal beschäftigt.

Ob die Inanspruchnahme von Arbeitslosenunterstützung bei gleichzeitigen Aufenthalt im Ausland strafrechtlich in Ordnung ist, soll nun ein Hauptverfahren am Landesgericht zeigen. Erstmals stehen zwei ausländische Arbeitskräfte – zwei Maurer aus Albanien – hierzulande wegen unerlaubten Bezugs von staatlichen Beihilfen nach Strafrechtsartikel 316bis vor Gericht.

Auf dieses Delikt stehen von sechs Monaten bis zu drei Jahre Haft. Bei erschwerenden Umständen liegt die Strafe bei über vier Jahren, sodass sich in diesem Fall ein Richtersenat unter Vorsitz von Carlo Busato (Beisitzer: Stefan Tappeiner und Ivan Perathoner) mit dem Fall befasst. Gestern fand die Auftaktverhandlung statt, bei der Einwände der Verteidigung behandelt wurden.

Die Staatsanwaltschaft basiert ihre Anklage gegen die beiden Maurer darauf, dass sie durch die Annahme von Arbeitslosengeld faktisch einen „Pakt“ mit dem Fürsorge-Institut INPS geschlossen haben. Dieser sehe vor, dass sie während des Bezugs der Beihilfe keiner anderen Arbeit nachgehen dürfen, im Inland eine fixe Adresse haben und sich um eine Arbeit bemühen müssen. Sollten sie vom Arbeitsamt gerufen werden, müssten sie sich umgehend melden um etwaige eine vermittelte Arbeitsstelle annehmen.

Das sind die Regeln, gegen die die beiden albanischen Staatsbürger verstoßen haben sollen.

Tatsächlich haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben, dass sich die beiden Angeklagten während ihrer Arbeitslosenzeit in ihrem Herkunftsland aufhielten. Und möglicherweise dort einer anderen, nicht gemeldeten Arbeit nachgingen.

Doch ist damit der Strafbestand nach Artikel 316ter erfüllt?

Die Verteidiger der beiden Männer sagen, ihre Mandanten wären jederzeit bereit gewesen, innerhalb 24 Stunden nach Bozen zu reisen, hätte sie das Arbeitsamt gerufen. Die Telefonnummer der beiden Arbeitslosen sei dort bekannt.

Eine der offenen Fragen im Hauptverfahren ist, ob die beiden Maurer von ihrer Verpflichtung wussten. Sie hatten den „Pakt“ mit dem INPS zwar unterzeichnet, für sie abgewickelt hatte dies aber eine Gewerkschaft.

In der Landesabteilung Arbeit verfolgt man den Prozess sicherlich mit einigem Interesse. Denn bereits in der Vergangenheit hatte man sich nicht selten mit ähnlichen Fällen auseinandergesetzt. Die Überprüfung über den tatsächlichen Aufenthaltsort der Arbeitslosengeldbezieher kann freilich nicht das Arbeitsamt vornehmen, sondern das müssen Gerichtsbehörden tun.

Und in diesem Fall haben sie es getan.

Der Prozess gegen die beiden albanischen Maurer wird am 8. Jänner am Landesgericht Bozen fortgesetzt.

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