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Nie mehr sitzen bleiben?

Die Landesregierung hat beschlossen, dass jetzt auch Mittelschüler mit negativen Noten versetzt werden können. Im nächsten Jahr greift die neue Regelung auch für die Oberschule.

von Heinrich Schwarz

Das staatliche Dekret vom April 2017 zum Bewertungssystem der Schüler kommt zum Tragen: Die Landesregierung hat am Dienstag den Beschluss zur Umsetzung der Änderungen an den Grund- und Mittelschulen gefasst.

Im Wesentlichen gibt es zwei Neuerungen: erstens wird das Verhalten der Schüler nicht mehr mit einer Betragensnote bewertet, sondern in beschreibender Form – und zweitens kann man in der Mittelschule ab heuer auch mit negativen Noten in die nächste Klasse versetzt oder zur Abschlussprüfung zugelassen werden.

Besonders die zweite Neuerung birgt Zündstoff in sich. Wird bald kein Schüler mehr sitzen bleiben? Kann jeder tun und lassen, was er will, ohne Konsequenzen zu befürchten?

Bildungslandesrat Philipp Achammer betont: „Die Änderungen bedeuten nicht, dass es leichter wird, versetzt zu werden.“

Doch der Reihe nach:

In der Grundschule ist die Nichtversetzung schon seit mehreren Jahren nur noch in außergewöhnlichen Fällen möglich. Eine Nichtversetzung muss vom Klassenrat besonders begründet und mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen werden. Es darf also keine einzige Gegenstimme geben.

Ähnlich, aber etwas weniger streng, ist nun die Regelung für die Mittelschulen, wo für eine Versetzung bislang alle Fächer – auch das Verhalten – positiv sein mussten. Im Beschluss der Landesregierung heißt es:

„In der Mittelschule liegt es im Ermessen des Klassenrats, unter Berücksichtigung der vom Lehrerkollegium festgelegten allgemeinen Kriterien, im Falle von teilweiser oder fehlender Erreichung der Kompetenzziele in einem oder mehreren Fächern, die Schüler nicht in die nächste Klasse zu versetzen oder die Nichtzulassung zur staatlichen Abschlussprüfung der Unterstufe zu beschließen. Der Beschluss zur Nichtversetzung wird mit Stimmenmehrheit gefasst und muss angemessen begründet werden. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des oder der Vorsitzenden ausschlaggebend.“

Im Falle von Lernrückständen muss die Schule „im Rahmen ihrer didaktischen und organisatorischen Autonomie spezifische Maßnahmen für die Verbesserung der Leistungen“ ergreifen und diese „in geeigneter Form den Erziehungsverantwortlichen“, mitteilen.

Philipp Achammer erläutert seine Aussage, wonach sich in Sachen Nichtversetzung substanziell nicht viel verändern werde: „Bislang wurde eine negative Bewertung häufig auf eine ‚6‘ angehoben, damit der Schüler versetzt wird. Nun kann auch eine negative Bewertung stehen bleiben und der Schüler wird trotzdem versetzt. Schon bisher war es wichtig, dass eine Nichtversetzung in der Grund- und Mittelschule eine Ausnahme ist. Effektiv gibt es nur sehr wenige Fälle. Neu ist, dass künftig klar ersichtlich ist, wo der Schüler eine negative Bewertung hat.“

Mehr als die klarere Darstellung der Noten kann der Landesrat in der staatlichen Vorgabe nicht erkennen. Es könne dabei auch nicht die Rede davon sein, dass den Lehrern ein Druckmittel gegenüber den Schülern genommen wird, da eine Nichtversetzung weiterhin möglich ist.

Spannender könnte es ab dem nächsten Schuljahr werden, wenn die neue Mittelschul-Regelung laut Achammer auch an den Oberschulen eingeführt werden muss. Dort liegt die Quote der Nichtversetzungen in den ersten Klassen zum Teil bei mehr als 20 Prozent. Die zentrale Frage wird lauten, welche Kriterien das jeweilige Lehrerkollegium für die Versetzung von Schülern mit negativen Noten vorgeben soll.

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