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„Wir sind keine Nazis“

Marc Jongen

Der Lananer Marc Jongen zieht für die AfD in den Deutschen Bundestag ein. Im TAGESZEITUNG-Interview spricht der Parteiideologe über seine Ziele – und er räumt mit dem Vorurteil auf, die AfD sei eine Nazipartei.

Tageszeitung: Herr Jongen, Sie sind seit 2013 Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD). Was hat Sie dazu bewogen, in diese Partei einzusteigen?

Marc Jongen: Es gab einerseits objektive politische Motive: 2013 nahm die Eurorettungspolitik groteske Formen an, als der ESM-Schirm installiert worden ist. Im Bundestag wurde kaum darüber diskutiert, sondern es wurde einfach so in einer Nacht- und Nebelaktion beschlossen, die Haushaltshoheit des Parlaments an eine neugegründete Behörde in Brüssel abzugeben. Damit wurde die schleichende Auflösung des deutschen Nationalstaats ein großes Stück weiter vorangebracht. Das hat mich entsetzt und empört, wie viele andere, die damals die AfD gegründet haben. Das war aber nicht der einzige Grund: Es gibt eine ganze Reihe an Themen, die einer neuen politischen Bearbeitung bedürfen, etwa das Einwanderungsthema und kulturelle Themen wie das Gender Mainstreaming. Der subjektive Grund war für mich, dass ich eine neue Herausforderung gesucht habe abseits des akademischen Elfenbeinturms.

In den ersten Jahren war die AfD eine „Professorenpartei“. Seit der Spaltung im Jahr 2016 ist Ihre Partei immer weiter nach rechts gerückt. In ausländischen Zeitungen wird die AfD als extremistische, auch neonazistische Partei bezeichnet, in der Türkei spricht man gar vom Einzug Hitlers ins Parlament. Wie gehen Sie mit diesen Reaktionen um?

Ich hatte noch wenig Gelegenheit, die Reaktionen aus dem Ausland zu studieren. Mir scheint, dass die Propaganda, die hier in Deutschland betrieben wird, von den Systemmedien im Ausland abgeschrieben wird. Wir sind viel gewohnt: Es findet diese Diffamierung statt, weil die Argumente fehlen. Wenn es ein Parteien- und Medienkartell gibt, das sich dazu verschworen hat, die Entwicklungen als alternativlos festzuschreiben, dann wehrt sich dieses mit Zähnen und Klauen gegen alle, die das in Frage stellen. Die Türkei ist nicht ernst zu nehmen. Sie befindet sich gegen ganz Deutschland in einem Anti-Nazi-Feldzug, auch die Regierung wurde schon als Nazi bezeichnet. Das Ganze nimmt hysterische Züge an. Ich hoffe, dass sich das mittelfristig legt und man begreift, dass wir seriöse Vorschläge machen.

Sie sagen: In den Bundestag sind keine Nazis eingezogen?

Auf keinen Fall! Es ist eine Ungeheuerlichkeit, so etwas zu behaupten. Wer so etwas behauptet, weiß überhaupt nicht, was Nazis sind. Es findet eine Inflation der Nazivokabel statt. Heute ist beinahe schon jeder, der nicht den linksradikalen Spruch „no borders, no nations“ zu unterschreiben bereit ist, ein Nazi.

Ihre Partei legt den Fokus stark auf die Ausländerproblematik, die von vielen Wählern als akut wahrgenommen wird. Wollen Sie mittelfristig das Sprachrohr der Unzufriedenen bleiben, oder glauben Sie, dass die AfD auch in der Regierung einen Beitrag zur Entwicklung Deutschlands leisten kann?

Wir arbeiten mittelfristig darauf hin, die Regierung zu stellen. Das muss das Ziel jeder Partei sein. Wir wollen auch Volkspartei werden und regieren – aber erst dann, wenn wir die potentiellen Koalitionspartner hinreichend weichgekocht haben, damit sie auch tatsächlich auf unsere Forderungen eingehen. Das setzt voraus, dass das jetzige Führungspersonal, vor allem bei der CDU, ausgetauscht wird. Merkel und ihre Entourage sind unsere größten Gegner. Es gibt bereits innerhalb der CDU Stimmen von Kreisvorsitzenden, die sagen, sie würden die AfD wählen. Das gibt uns Hoffnung, dass es zu einer Rückbesinnung der CDU auf bürgerliche Werte kommen kann.

Wie soll das Deutschland aussehen, das Sie sich wünschen?

Das soll kein beliebiges Jedermannsland sein, in dem eine Multikultiideologie herrscht, sondern ein Deutschland, das – wie es der Name sagt – das Land der Deutschen ist, aber natürlich auch integrationswillige Migranten aufnimmt und auf lange Sicht assimiliert. Merkel hat gesagt: Volk, das ist jeder, der hier hier lebt. Diesen Zustand wollen wir beenden. Wir wollen die deutsche Kultur und den deutschen Staat für künftige Generationen erhalten und den Abschaffungsprozess Deutschlands zum Stoppen bringen.

Wie erklären Sie sich das starke Abschneiden der AfD in Ostdeutschland?

Die Ostdeutschen haben schon eine Diktatur erlebt und reagieren äußerst sensibel auf Anzeichen, dass sich das wiederholen könnte. Sie sehen die Falschdarstellungen und Lügen in den Medien und haben eine ganz andere Wahrnehmung als die Westdeutschen, die im Bewusstsein aufgewachsen sind, in einer freien Welt zu leben. Die Westdeutschen können sich kaum vorstellen, dass das kippen kann. Sie brauchen länger, um das zu realisieren.

Was sagen Sie zur Entscheidung Frauke Petrys, nicht der AfD-Fraktion angehören zu wollen?

Frauke Petry hat schon länger Zeichen ausgesendet, die drauf hindeuten, dass sie sich von der AfD verabschieden will. Nun hat sie diesen Schritt vollzogen. Für mich ist das eher mit psychologischen als mit politischen Gründen zu erklären. Ich halte die politischen Gründe für vorgeschoben. Petry hat einen Machtkampf verloren und ist tiefbeleidigt darüber. Deshalb hat sie diese sehr bedauernswerten Konsequenzen gezogen. Aufgrund ihrer psychologischen Struktur war sie nicht geeignet, diese Partein zu führen.

Hat die AfD bereits politische Kontakte nach Südtirol aufgebaut?

Ich habe gelesen, dass Ulli Mair sich mit mir in Verbindung setzen möchte. Es spricht nichts gegen informelle Gespräche. Aber im Moment gibt es keine Absicht, engere Kontakte aufzubauen. Wir sind sehr stark auf Deutschland konzentriert, alles Auswärtige kommt erst in einem zweiten Schritt.

Zum Schluss eine Einschätzung: Welche Regierung bekommt Deutschland?

Es deutet auf eine Jamaika-Koalition hin, was ich pikant finde, denn es erinnert vom Titel her an eine Bananenrepublik. Zwar werden nun große Töne gespuckt, alle drohen damit, die Verhandlungen scheitern zu lassen und in die Opposition zu gehen. Das sind nur Drohungen, um den Preis nach oben zu treiben. Sie werden sich der Macht willen zusammenraufen und diese Koalition bilden, denn Neuwahlen wären für alle Beteiligten ungünstig. Aber wir werden eine harte Opposition sein und endlich wieder für substantielle Debatten im deutschen Bundestag sorgen.

Interview: Matthias Kofler

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Kommentare (13)

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  • andreas

    Heute Deutschland und morgen die ganze Welt, ist das so gemeint mit dem Land für Deutsche?
    Storch und Höcke haben auch so manchen Spruch von sich gegeben, welcher sogar einen Nazi erröten lassen würde.
    Schäuble wird sie wohl in die Schranken weisen, wobei ich davon ausgehe, dass sie sich selbst zerfleischen, wie sie es in den Bundesländern machen.

  • sigmundkripp

    Er will kein Nazi sein? Das muss man erst mal schaffen, als solcher bezeichnet zu werden! Wenn ich seine Aussagen zur Reinheit des deutschen Volkes lese, verstehe ich schon, wenn sich da jemand an etwas erinnert fühlt!

  • tiroler

    unglaublich, wie sich das volk von den linksmedien die meinung verdrehen lässt

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