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„Fordere Aufklärung“

Eine Verkettung von Zufällen oder tatsächlich ein Impfschaden? Wie der Fall eines am seltenen Lyell-Syndrom erkrankten Kindes ein ganzes Dorf in Aufregung versetzt und warum der Bürgermeister die Staatsanwaltschaft einschalten will.

Die gute Nachricht vorweg: Simone* (Name von der Redaktion geändert) ist außer Lebensgefahr und auf dem Weg der Besserung. Das Kind liegt jedoch weiterhin auf der Intensivstation des Universitätsklinikums von Verona. Es leidet am Lyell-Syndrom, auch als Epidermolysis acuta toxica, Toxische epidermale Nekrolyse oder Syndrom der verbrühten Haut bekannt. Eine weder ansteckende noch übertragbare akute Hautveränderung, die durch blasige Ablösungen der Haut gekennzeichnet ist. Die Krankheit tritt extrem selten auf (1:1 Million) und kann durch Bakterien oder gewisse Medikamente ausgelöst werden. Die Sterblichkeitsrate beträgt je nach Ausmaß der Schädigung zwischen 25 und 70 Prozent.

Der tagelange Überlebenskampf Simones hat ein ganzes Dorf im Meraner Raum und darüber hinaus in Angst und Schrecken versetzt. „Die Bevölkerung, vor allem die jungen Mütter sind extrem verunsichert“, bestätigt der Bürgermeister der Gemeinde, in der Simone lebt.

Der Grund: es geht der schwer wiegende Verdacht um, dass im konkreten Fall ein Zusammenhang zwischen der plötzlichen Erkrankung des Kindes und der Fünffach-Impfung besteht, die es etwa einen Monat vor Ausbruch des Syndroms erhalten hat bzw. dass eine Kausalität zur Einnahme eines marktüblichen entzündungshemmenden Mittels besteht, das dem Kind verabreicht wurde. Ein Verdacht, der seitens der offiziellen Stellen vehement dementiert wird. Mehr noch: weil der Vinschger Impfgegner Reinhold Holzer den kursierenden Verdacht öffentlich als Tatsache darstellte, prüft der Sanitätsbetrieb in Gestalt von Generaldirektor Thomas Schael eine Strafanzeige gegen ihn.

Doch sind Klagedrohungen die richtige Antwort auf die Verunsicherung junger Eltern? Trägt das nicht noch weiter dazu bei, dass das Misstrauen in den Sanitätsapparat wächst?

Laut Helmuth Egger, Pädiatrie-Primar am Krankenhaus Meran, wurde das Lyell-Syndrom bei Simone durch eine Infektion ausgelöst. „Die Untersuchungen in Verona haben diesen Erstverdacht bestätigt“, sagt Egger. Er schließt einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung, dem fiebersenkenden Mittel und dem Ausbruch des Syndroms aus.

„Das passt zeitlich nicht zusammen“, sagt er, „die Impfung wurde einen Monat vor Ausbruch der Krankheit vorgenommen, das entzündungshemmende Mittel dagegen etwa zwei Tage zuvor“. Das widerspreche den wissenschaftlich dokumentierten Inkubationszeiten. Der Primar räumt zwar ein, dass neben Bakterien auch gewisse Medikamente das Krankheitsbild auslösen können. Entzündungshemmer würden dabei in der wissenschaftlichen Literatur jedoch an letzter Stelle genannt. „Und den Impfstoff schließe ich als Auslöser ganz aus“, so Egger. Der Kinderarzt hält die gesamte Debatte als „von den Impfgegnern an den Haaren herbeigezogen“.

Völlig anderer Meinung ist der Bürgermeister der Heimatgemeinde von Simone: „Ich bin auf meinem Gebiet zuständig für die öffentliche Gesundheit und ich will wissen, was hier genau passiert ist, selbst wenn ich dafür die Staatsanwaltschaft einschalten muss“.

Der Bürgermeister hat sich über die genauen Umstände erkundigt. Sein Informationstand ist: das Kind habe sich bereits die ganze Zeit nach der Impfung nicht wohl gefühlt. An diesem Wochenende wird der Bürgermeister selbst nach Verona fahren, um sich aus erster Hand zu informieren. „Dieser Fall hat hier im Dorf für großes Aufsehen und Verunsicherung gesorgt, ein Kind schwebte in Lebensgefahr und ich werde das Ganze nicht einfach so auf sich beruhen lassen“, betont er.

Der Bürgermeister, selbst Vater dreier Kinder und in Erwartung des zweiten Enkelkindes, hegt generell große Zweifel an der Art und Weise, wie mit den Pflichtimpfungen hierzulande umgegangen wird: „Ist es wirklich notwendig, die Eltern derart unter Druck zu setzen und zu drohen, dass ihre Kinder ohne Impfung nicht Kindergarten oder Schule besuchen dürfen? “. Gerade bei sehr pflichtbewussten Eltern könne dies katastrophale Folgen haben: „Sie lassen ihre Kinder womöglich auch dann impfen, wenn sie schwächeln oder kränkeln.“ Hier wäre mehr Sensibilität und Hausverstand angebracht, fordert er.

Indes stellt sich die gesamte Dorfgemeinschaft hinter Simone. Am vergangenen Sonntag wurde im örtlichen Gotteshaus eine Heilige Messe abgehalten, um für die baldige Genesung des kranken Kindes zu beten. Eine Bitte, die nun offensichtlich und glücklicherweise von ganz oben erhört wurde.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (41)

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  • andreas

    Dem Bürgermeister darf das KH in Verona gar keine Auskunft geben, wenn nicht die Eltern mit sind, was heißen würde, dass auch diese derselben Meinung sind.
    Die Krankheit des armen Mädels wird hier von zu vielen Leuten instrumentalisiert, um die eigenen Interessen zu vertreten, der falsche Weg.

  • sougeatsnet

    Zu den Inkubationszeiten aus Wiki
    Diphterie 1-7d
    Keuchhusten 7-14d
    Tetanus 3-21d
    Polio 6-9d
    Haemophilus influenzae 2-5d
    @petersageraeugstamalbis: wenigstens richtig verlinken !
    Die Daten von petersageraeugstamalbis sagen so nichts aus.
    Bin immer noch auf der Seite der Impfbefürworter, und bekomme leider nichts von den Pharmafirmen. Das wäre soo schön!

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