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Sanfter Druck

Die Impfpflicht in Italien soll die niedrigen Durchimpfungsraten in den Griff bekommen. Nun tüftelt man auch in Deutschland an einer Lösung des Problems – will aber erst mit sanfteren Methoden Druck ausüben. 

von Lisi Lang

Allein im ersten Halbjahr 2017 erkrankten in Deutschland 800 Personen an Masern. Eine Frau verstarb laut WHO-Daten gar an den Folgen der Erkrankung.

Nun will auch Deutschland die schlechten Durchimpfungsraten bei Masern offensiv bekämpfen. Eine Impfpflicht, wie jene in Italien, wird schon länger nicht mehr als Tabu oder gar undurchführbar eingestuft. Mehr noch: In Deutschland sucht man nun nach effektiven Mitteln und Maßnahmen, um vor allem die Masern endlich ausrotten zu können. Denn, erst wenn 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, kann von einer Herdenimmunität gesprochen werden.

Doch die Durchimpfungsraten sind zu gering. Gegenüber dem Spiegel erklärte Sabine Wicker, Mitglied der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut: „Im Jahr 2015 stellte Deutschland über 60 Prozent der Masernfälle in der Europäischen Union. Ein beschämendes Ergebnis für ein Land mit so einem Gesundheitssystem und so einem Bruttoinlandsprodukt.“ Nur Italien und Rumänien hätten ähnliche Probleme mit Masern, aber beide Länder haben nun mit Maßnahmen den niedrigen Durchimpfungsraten den Kampf angesagt. „Es gibt einen Ausrottungsplan der WHO und nun liegt es an den Ländern, diesen Plan umzusetzen. Das ist eine große Aufgabe für die Politik“, erklärt Dagmar Regele, Primarin des Dienstes für Hygiene und öffentliche Gesundheit am Krankenhaus Bruneck.

Nun ist also auch Deutschland am Zug: Eine Impfplicht wird zwar bundesweit noch nicht angedacht, im Juli wurde vom Bundestag aber ein Gesetz verabschiedet, welches vorsieht, dass Eltern, die eine Impfberatung verweigern, künftig von der Kita beim Gesundheitsamt gemeldet werden sollen. Man will also sanften Druck ausüben. „Es gibt aber auch in Deutschland Kitas und Kindergärten, die einen Besuch ohne Impfung untersagen – eine Impfung praktisch Voraussetzung für den Besuch ist“, ergänzt Primarin Dagmar Regele.

„Es gibt ein gemeinsames Ziel: Die Ausrottung der Masern. Die Strategien, die zu diesem Ziel hinführen, können verschieden sein. Viele Länder haben die Pflichtimpfung als Strategie, aber nicht nur“, so Dagmar Regele.

Der Verband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland sieht im beschlossenen Gesetz aber keine ausreichende Maßnahme und fordert eine Impfpflicht – wenigstens für die Kinder, die eine Kita besuchen. Auch andere Politiker und Mediziner haben diesen Wunsch schon laut ausgesprochen. Ebenfalls aufgeworfen wurde gar das Australische Modell: Um die Durchimpfungsraten zu erhöhen wurden finanzielle Beiträge und Unterstützungen mit dem Impf-Plan gekoppelt. In Australien zeigt diese Methode durchaus Wirkung: Ein Jahr nach der Einführung dieser Maßnahme waren 200.000 Kinder, die zuvor als ungeimpft galten, plötzlich geimpft.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (21)

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  • tiroler

    Wir können dem angeführten zu 100% zustimmen!
    Die Impfungen müssen ohne Ausnahmen durchgeführt werden. Das Geschrei der Träumer(Impfgegner) ist nichts anderes als ein Strohfeuer von Rückständigen.

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