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Die Hungerlöhne

Reinhard Steger

Die Fachlehrer an den Landesberufsschulen gehören mit den Badantinnen und den Reinigungskräften zu den Schlechtestverdienern in Südtirol. Jetzt geht der Köcheverband in die Offensive.

 

von Artur Oberhofer

Reinhard Steger schlägt Alarm: „Wenn sich in Zukunft nichts ändert, werden wir keine hochqualifizierten Lehrkräfte mehr für die Schule gewinnen können.“

Der Präsident des Südtiroler Köcheverbandes (SKV) reagiert auf eine vor wenigen Tagen vorgestellte Studie über die Gehälter der Arbeitnehmer in Südtirol.

Die Landesabteilung Arbeit und die Beobachtungsstelle für den Arbeitsmarkt haben die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer in den verschiedenen Berufssparten analysiert.

In dieser Studie sind zwar die Nettoeinkommen von Oberschullehrern (1.940 Euro) und von Berufsschullehrern (1.840 Euro) angeführt. Nicht aber die Bezüge der Fachlehrer an den Berufsschulen – beispielsweise der Lehrkräfte für das Kochen.

Der TAGESZEITUNG liegt nun ein (anonymisierter) Lohnstreifen vom April dieses Jahres vor. Es ist der Lohnstreifen einer hochqualifizierten Koch-Lehrkraft an einer Südtiroler Berufsschule.

Dieser Mann, um die 35 Jahre alt, hat eine langjährige Auslandserfahrung, er hat in 3 Sterne-Michelin-Restaurationen gearbeitet, er spricht mehrere Fremdsprachen, er hat die schulische Qualifikation als Küchenmeister, war mehrere Jahre lang als Führungskraft tätig.

Wie aus dem Lohnstreifen hervorgeht, verdient dieser Mann als Lehrkraft für das Kochen bei Vollzeit 1.170,45 Euro netto im Monat.

Und tatsächlich: Im Personalamt des Landes wird auf Anfrage bestätigt, dass das Anfangsgehalt für Fachlehrer bei 1.170 Euro netto im Monat liege.

In Südtirol verdienen – laut der vergangene Woche präsentierte Liste der Nettoeinkommen – nur die Pflegehelferinnen bei Familien („badante“) weniger – 1.020 Euro.

Die Fachlehrer an den Berufsschulen verdienen – nur um ein paar Beispiele zu nennen – weniger als Kinderbetreuerinnen (1.190 Euro), weniger als einigungskräfte (1.250 Euro und weniger als Schulwarte (1.370 Euro).

Für SKV-Präsident Reinhard Steger, der insbesondere für den Bereich Koch-Lehrkräfte spricht, ist die Situation dramatisch. „Wenn wir die Südtiroler Gastronomie, die Südtiroler Küche und den Service weiterentwickeln wollen, brauchen wir auch Topfachkräfte an den Schulen.“ Aufgrund der Hungerlöhne – so weiß Steger – seien die Lehrkräfte frustriert und demotiviert. „Mit diesen niedrigen Gehältern werden die Leute geradezu in die Illegalität getrieben bzw. sie treten gar nicht in die Schulwelt ein“, so der SKV-Präsident.

Der Lohnstreifen eines Fachlehrers

Laut dem Köcheverband-Chef werde bei den Falschen gespart.

Die Arbeit der Fachlehrer werde unterschätzt bzw. verkannt. Die Ausbildung in den allgemeinbildenden Fächern sei natürlich wichtig. „Aber“, so gibt Reinhard Steger zu bedenken, „am Ende müssen die Schüler ihr Handwerk beherrschen.“

Mit einem Netto-Einstiegsgehalt von 1.170 Euro ließen sich allerdings keine Topkräfte, die bereits Erfahrung in der Wirtschaft gesammelt haben, finden.

Der SKV-Präsident warnt: „Für das Genussland Südtirol ist dies eine große Gefahr.“

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