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Nackter Alpinismus

Fotos: Klaus Gruber

Der Ultner Extrembergsteiger Klaus Gruber über seinen gescheiterten Aufstiegsversuch am Nanga Parbat, einen „Zickenalarm“ im Basislager und sein kurioses Fotoshooting.

Tageszeitung: Herr Gruber, Sie haben sich im Juni – wie schon 2008 – am 8.125 Meter hohen Nanga Parbat versucht. Widrige Umstände erlaubten zwar den Aufstieg nicht, doch ein nacktes „Privat-Fotoshooting“ ließen Sie sich nicht nehmen. Was hat Sie zu dieser verrückten Idee veranlasst?

Nikolaus (Klaus) Gruber: Ich mache das bei jeder Expedition. Ein wenig Blödsinn gehört sich einfach. Es ist mein Drang zur Nacktheit an den Achttausendern, der solche Bilder entstehen lässt.

Wie lief die restliche Expedition am Nanga Parbat ab?

Mein Begleiter Benni und ich haben uns sehr gut akklimatisiert. Ich wollte auch die Skier mit auf den Gipfel tragen, um eine Abfahrt zu versuchen. Zum Einfahren meiner neuen Skier habe ich die Löwrinne befahren, die im oberen Teil 70 Grad steil ist und über 1.000 Höhenmeter lang. Als sich Benjamin im Lager 2 dazu entschieden hat, umzukehren, blieben die Skier im Basislager zurück, weil ich genügend andere Sachen zu schleppen hatte. Ich bin dann alleine Richtung Lager 3 und 4 aufgestiegen. Es hat sehr viel geschneit – so sehr, dass man beim Verlassen der Spuren bis auf Hüfthöhe eingebrochen ist. Ansonsten wäre es eigentlich sehr gut gelaufen: Gesundheitlich hatte ich keinerlei Probleme. Ich habe drei Nächte auf ungefähr 7.200 Metern im Lager 4 verbracht, doch der Schneefall ließ nicht nach und mir wurde der weitere Aufstieg – besonders die Querung im Gipfeltrapez – zu gefährlich. Ich habe aus dem Bauch heraus entschieden, umzukehren.

Werden Sie es nochmal versuchen?

Naja, man sollte niemals nie sagen. Der Reiz dafür ist immer da.

Wie bereiten Sie sich auf solche extremen Expeditionen vor?

Eigentlich ganz „gemütlich“: Einen konkreten Trainingsplan habe ich nicht. Aber natürlich muss man etwas dafür tun – sprich körperlich fit sein. Dazu besteige ich häufig lokale Berge. Im Winter mache ich viele Skitouren. Außerdem gehe ich nach der Arbeit, mit viel Gewicht im Rucksack, 25 Kilometer weit von Lana nach St. Walburg. Wenn ich mal überhaupt keine Lust habe, etwas zu tun, gehe ich gerne mit Freunden ein paar Bier trinken. Das braucht es schließlich auch und am Tag danach weiß man zumindest, warum man Bewegung braucht. Man kann sich nicht schon im Vorfeld verrückt machen (lacht).

Bei diesen Touren verzichten Sie auf künstlichen Sauerstoff. Wie gefährlich ist das?

Das ist eine Einstellungssache. Mit künstlichem Sauerstoff schraubt man das Gipfelniveau um 1.500 Meter nach unten, dafür kommt es aber nicht so schnell zu Erfrierungen, weil die Durchblutung besser ist. Grundsätzlich ist es eine Frage der Akklimatisation. Wenn man keinen künstlichen Sauerstoff mit hat, dann hat man halt keinen (lacht). Auch Hochträger benutze ich nicht, obwohl sie manchmal sehr praktisch wären.

Grundsätzlich gehen Sie viele Gefahren ein. Was war die gefährlichste Situation, in der Sie sich befanden?

Gefährlich wurde es heuer am Nanga Parbat bei der Rückkehr von Lager 4 auf Lager 3: Ich musste die Fixseile aus dem Tiefschnee reißen, um weiterzukommen. Dabei habe ich den ganzen Hang „durchgeschnitten“. Dreimal gab es ein gewaltiges „Wuuuumm“ und ich habe nur gehofft, dass der Hang dort bleibt, wo er war und sich nicht eine Lawine löst. Weiter unten kam ich dann noch in ein sogenanntes Whiteout – ein meteorologisches Phänomen, bei dem alles gleichmäßig hell erscheinen lässt. Ich habe nichts mehr gesehen und musste schauen, wie ich nach unten komme. In solchen Situationen muss man ruhig bleiben. Aber das „Gefährlichste“ dieses Jahr – es hätte fast die ganze Expedition zum Scheitern gebracht – war ein „Zickenalarm“ zwischen einer Japanerin und einer Chinesin im Basislager. 50 Männer hätten niemals ein solches Durcheinander im Basislager verursachen können wie diese zwei Frauen!

Welche Gipfel stehen als nächstes an?

Größeres habe ich noch nicht im Kopf – nur eine Geburtstagstour auf das Matterhorn und natürlich die Berge hier bei uns. Wenn mich ein hoher Berg fesselt und reizt, dann werden Pläne zur Expedition geschmiedet. Zuerst im Kopf und dann wird das Projekt umgesetzt. Aber da ich gerade erst aus Pakistan zurückgekommen bin, kann ich meine Lieben nicht gleich mit dem nächsten Berg schockieren (lacht).

Interview: Julian Righetti

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (6)

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  • criticus

    Wie man die Zeit bei seine Bergaufenthalten vertreibt bleibt jeden selbst überlassen. Kindisch oder nicht kindisch. Aber liebe Extrembergsteiger kommt bitte nicht nach Südtirol zurück und haltet Vorträge über Expeditionen. Anstieg, Aufstieg und Abstieg, immer das gleiche langweilige Theater. Geht lieber arbeiten! Die Expeditionen hat der Reinhold mit seinen Alpinbegehungen noch gemacht. Und noch was: wenn ich höre, dass jemand einen Berg bezwungen hat, dann kann man nur lachen. Der bekannte französische Bergführer Gaston Rebuffat hat es auf dem Punkt gebracht. Berge kann man niemals bezwingen oder erobern. Sie waren vor Dir da und werden auch nach Dir noch da stehen. Der Mensch hat höchstens seine eigene Faulheit bezwungen. Es gibt Bergsteiger die haben alle 8000er gemacht und sind wie ein Pfau nach Hause gekommen.

  • criticus

    Korrigiere: Es gibt Bergsteiger die haben alle 8000er gemacht und sind NICHT wie ein Pfau nach Hause gekommen.

  • andreas

    Man (n) muss nicht alles machen, nur weil man es kann, Frau auch nicht.

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