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Das große Zittern

 

Das Volksbegehren zur Direkten Demokratie droht zu scheitern. Drei Wochen vor Fristende wurden weniger als die Hälfte der notwendigen 8.000 Unterschriften gesammelt.

Von Matthias Kofler

Erwin Demichiel ist die Enttäuschung deutlich anzusehen: „Leider haben wir nicht einmal die Hälfte der nötigen 8.000 beglaubigten Unterschriften für die zwei Volksbegehren erreicht“, sagt der Präsident der Initiative für mehr Demokratie. Damit drohen die beiden Volksbegehren zu scheitern, denn bereits in drei Wochen – am 11. August – endet die Frist. Dass im heißen August noch genügend Bürger in ihre Gemeinde eilen, um zu unterschreiben, ist äußert unwahrscheinlich. „Leider findet die Unterschriftensammlung in einer schlechten Zeit statt“, sagt Demichiel. „Im Gegensatz zu den bisherigen Volksbegehren konnten wir uns dieses Mal den Zeitpunkt nicht aussuchen, denn sonst hätten wir sicher nicht den Sommer gewählt.“

Die Initiaitve will nun verstärkt auf die Sammlung auf Straßen und Plätzen setzen, weil hierfür die Fristen um zwei Wochen verlängert werden können.

Mit den Volksbegehren soll erreicht werden, dass der von der Landtags-Arbeitsgruppe um Magda Amhof, Brigitte Foppa und Sepp Noggler ausgearbeitete Landesgesetzentwurf zur Direkten Demokratie und Bürgerbeteiligung vor den nächsten Wahlen im Landtag behandelt und verabschiedet wird.

Die Arbeitsgruppe hatte den Entwurf auf der Grundlage eines Beteiligungsprozesses mit hunderten Bürgern, mit über 60 Organisationen und in einer Zusammenarbeit von Mehrheit und Opposition im Landtag erarbeitet und im vergangenen Oktober vorgestellt. Nur hatte die Landesregierung wenig Freude mit dem Entwurf und blockierte die Arbeiten. Die Volkspartei ist mittlerweile die größte Gegnerin des Produkts. Dessen Eckpunkte – das niedrige Quorum, die Abstimmungen zu Beschlüssen der Landesregierung und das abschaffende Referendum – stoßen Arno Kompatscher und Co. sauer auf. „Gerade aus diesem Grund ist bis heute verhindert worden, dass er im Landtag eingebracht und verabschiedet worden ist“, ärgert sich Demichiel.

Deshalb haben Anfang Mai 36 Organisationen beschlossen, den Gesetzentwurf als Volksbegehren einzubringen und damit sicherzustellen, dass er noch vor den Landtagswahlen verabschiedet wird. Da der Gesetzentwurf aus der Sicht der Initiative auch „erhebliche Mängel“ aufweist, legten die Organisationen mit einem zweiten Volksbegehren auch eine „verbesserte Version“ vor. Für beide Entwürfe werden Unterschriften gesammelt.

Als Gründe für die schleppende Unterschriftensammlung nennt Demichiel die mangelnde Information durch die großen Medien, aber auch eine steigende Resignation und Ermüdung im Demokratisierungsprozess. Der Präsident bleibt dennoch zuversichtlich: Es sei nicht ernsthaft zu befürchten, dass die Unterschriften für die zwei Volksbegehren nicht zusammenkommen. Sollte das Horrorszenario dennoch eintreten, „dann muss Südtirols Bürgerschaft klar sein, dass der viele Jahre vorangetriebene Demokratisierungsprozess mit dem nicht erreichten Ziel drohen würde, in sich zusammen zu fallen. Die Gegenkräfte hätten den besten Vorwand, diese Gesetzesinitiative nicht zu Ende bringen zu lassen und es bliebe beim geltenden unbrauchbaren Gesetz zur Direkten Demokratie.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

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  • prof

    Sie huckn wia in an Hennenstoll !

  • guyfawkes

    Sehr schön. Die wenigen glühenden Anhäger der direkten Demokratie sind beim Thema „direkte Demokratie“ nämlich überhaupt nicht demokratisch: diese wollen sie mit allen Mitteln durchdrücken, obwohl sich die Mehrheit der Bevölkerung offensichtlich kaum dafür interessiert.
    Meine persönliche Meinung dazu:
    1) Nur weil es in der Schweiz einigermaßen funktioniert (so super klappts auch wieder nicht siehe späte Einführung des passiven Wahlrechts für Frauen, Initiative Minarettverbot und andere abschreckende Beispiele) – sonst aber so gut wie nirgends – muss es in Südtirol nicht auf funktionieren. Ich bin sehr skeptisch.
    2) Bei der direkten Demokratie können Lobbys mit großen Werbebudgets die öffentliche Meinung stark beeinflussen und die Gesetzgebung unter Umständen noch stärker beeinflussen als beim derzeitigen Modell.

  • andreas

    „Sollte das Horrorszenario dennoch eintreten, „dann muss Südtirols Bürgerschaft klar sein, dass der viele Jahre vorangetriebene Demokratisierungsprozess mit dem nicht erreichten Ziel drohen würde, in sich zusammen zu fallen.“

    Der Bürgerschaft fehlt nicht das Wissen, der fehlt das Interesse.
    Warum ist das eigentlich so schwierig zu akzeptieren?
    Was daran gut sein soll, wenn ein Blocher ein Referendum durchdrücken kann, konnte mir bis jetzt auch noch keiner plausibel erklären.

  • karel

    Die Bürger haben kein großes Interesse für dieses Instrument, voriges Jahr hat man in Bozen sechs Mal gewählt, davon fast vier Mal für Volksbefragungen, man hat übertrüben und die Bürger haben keine Interesse mehr, dass ist der Grund wieso so wenige dieses Anliegen unterstützen.

  • morgenstern

    Südtirol ist noch nicht reif für solche Experimente schließlich waren wir bis vor Kurzem noch eine Diktatur.

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