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„Eine Schutzbehauptung“

Karl Wechselberger wusste vom tatsächlichen Alter der Schülerin, mit der er wiederholt Sex hatte: Richter Emilio Schönsberg begründet, warum er den Sterzinger Reitlehrer zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt hat.

Von Thomas Vikoler

Er war der Reitlehrer des 15-jährigen Mädchens, auch wenn das sein Verteidiger Flavio Moccia immer bestritt. Seine These: Karl Wechselberger, 46, sein Mandant, sei, streng genommen, nie ihr Lehrer gewesen. Andere im Reitclub Wiesen seien für die Ausbildung der Schülerin zuständig gewesen.

Hätte Moccia den Richter von seiner These überzeugt, wäre ein Teil des Anklagegerüsts zusammengebrochen. Das ist aber nicht geschehen, denn Vorverhandlungsrichter Emilio Schönsberg verurteilte Wechselberger Anfang März zu drei Jahren und acht Monaten Haft wegen sexueller Gewalt gegen eine Unter-16-Jährige.

Nun liegt die Urteilsbegründung vor, die zeigt, warum die Strafe vergleichsweise hoch ausfiel (ohne dem Drittel Strafnachlass wegen des verkürzten Verfahrens wäre Wechselberger zu knapp sieben Jahren Haft verurteilt worden): Richter Schönsberg sieht alle Vorwürfe als erwiesen und verwehrte Wechselberger zudem allgemein mildernde Umstände. Nicht weil gegen den bekannten Reitlehrer bereits einmal wegen ähnlicher Vorwürfe ermittelt worden war (das Verfahren wurde in den 2000er Jahren auf eher zweifelhafte Weise eingestellt), sondern wegen des Verfahrensverhaltens des Beschuldigten.

Wechselberger hatte beim Garantieverhör nach seiner Verhaftung an Pfingsten 2015 ausgesagt, er habe nicht gewusst, wie alt das Mädchen war, mit dem er eingestandenermaßen wiederholt Sex hatte. Richter Schönsberg wertet diese Schutzbehauptung als einen Versuch, die Schuld für das Vorgefallene auf das Opfer abzuwälzen.

Denn Beweise dafür, dass Wechselberger das Alter der Schülerin – 15 – kannte, gibt es für den Richter gleich mehrere. Vor allem aus dem sichergestellten SMS-Verkehr zwischen dem Paar geht hervor, dass das Alter des Mädchens ein wichtiges Thema war. Einmal wird die Zahl 15 ausdrücklich erwähnt, anlässlich des 16. Geburtstags der Schülerin gibt es einen regen SMS-Verkehr.

Wechselberger hatte sich u.a. damit verteidigt, seine Sex-Partnerin habe ihm einen die Kopie einer gefälschten Identitätskarte geschickt und ihn damit getäuscht. Die SMS im Verfahrensakt widerlegen dies für Richter Schönsberg eindeutig.

Verteidiger Moccia hatte im verkürzten Verfahren zudem behauptet, Wechselberger sei gar nicht der Lehrer der 15-Jährigen und letztere folglich nicht in seiner Obhut gewesen.

Laut Urteilsbegründung ist das dadurch widerlegt, dass der Beschuldigte mit ihr wiederholt zu Turnieren gefahren war (und bei den Aufenthalten Sex mit ihr hatte). Wechselberger ist bekanntlich wegen der Vorfälle vom Italienischen Reitverband rechtskräftig lebenslänglich für den Reitunterricht gesperrt worden.

Im verkürzten Verfahren war der Bozner Psychologe Michele Piccolin damit beauftragt worden, die Auswirkungen des Liebesverhältnisses auf das Mädchen festzustellen. Der Gutachter sprach von negativen Folgen und einer „schweren Beeinträchtigung der sexuellen Freiheit“.

Die Verteidigung hatte wiederum mit Hilfe eines Sachverständigen versucht, die psychologischen Folgen als Reaktion auf die Entdeckung der verbotenen Liebesbeziehung durch die Eltern darzustellen. Das Mädchen hatte ihr Reit-Hobby aufgeben müssen.

Verteidiger Moccia hatte nach der Urteilsverkündung umgehend eine Anfechtung des Urteils angekündigt. Er rechnet mit einer erheblichen Reduzierung der Strafe durch das Oberlandesgericht.

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