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Fallen für Kirschessigfliegen

Aufgrund der hohen Vermehrungsrate kann die Kirschessigfliege erhebliche Ernteverluste verursachen. (Foto: LPA/Versuchszentrum Laimburg)

Das Versuchszentrum Laimburg und die Freie Universität Bozen haben mit der Entwicklung eines Hefelockstoffverfahrens gegen die Kirschessigfliege begonnen.

Das Projekt ist im Dezember 2016 angelaufen und auf drei Jahre ausgelegt, finanziert wird es aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE mit einem Budget von insgesamt 880.000 Euro. Mit dem zukunftsweisenden und interdisziplinären Kooperationsprojekt DROMYTAL arbeitet das Versuchszentrum Laimburg nun zusammen mit der Freien Universität Bozen an einer innovativen und nachhaltigen Bekämpfungsstrategie gegen die Kirschessigfliege: Die Entwicklung des „Attract-and-Kill“-Verfahrens erfolgt in diesem interdisziplinären Projekt durch Zusammenarbeit von Entomologie, Elektrophysiologie, Mikrobiologie und der chemischen Analytik. Die Leitung des Projekts liegt beim Versuchszentrum Laimburg, das am Projekt mit der Arbeitsgruppe Entomologie und dem Labor für Aromen und Metaboliten beteiligt ist.

Das Versuchszentrum Laimburg befasst sich seit dem Jahr 2011 mit der Kirschessigfliege, erforscht deren Biologie und Verhalten und führt Mittelprüfungen durch, um mögliche Bekämpfungsstrategien gegen das Schadinsekt zu entwickeln. Verschiedene Methoden wie Pflanzenschutzmittel (z. B. Spinosad), Massenfang mit auf dem Markt verfügbaren Köderfallen, Einnetzung oder der Einsatz  einheimischer natürlicher Gegenspieler sind im Test, zeigten aber nur beschränkt Erfolg.

Im Projekt DROMYTAL entwickeln die Forscher nun ein innovatives Köderverfahren, das auf einem Hefelockstoff beruht. Frühere Studien des Versuchszentrums Laimburg weisen darauf hin, dass verschiedene Hefearten das Vermehrungspotenzial und das Eiablageverhalten der Drosophila-Weibchen beeinflussen. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es zudem Hinweise, dass flüchtige Hefestoffe anziehend auf die Kirschessigfliege wirken. Diese Erkenntnisse werden nun zusammengeführt und ein Hefelockstoff entwickelt, dem ein geeignetes Insektizid zugesetzt wird, das den Schädling auf gezielten Flächen anlockt und tötet, erklärt Silvia Schmidt, Expertin für invasive Schädlinge am Versuchszentrum Laimburg und Leiterin des Projekts. Idealerweise sollten die Früchte dabei nicht behandelt werden. Die Vorteile dieser „Attract-and-kill“-Strategie liegen in einer reduzierten Rückstandsbelastung und in einer größeren Umweltverträglichkeit der Behandlungen, da pro Hektar weniger Mengen an Insektizid bei gleichzeitig verbesserter Wirkung ausgebracht werden. Die Arbeitsgruppe Entomologie untersucht in Ernährungsversuchen, welche Auswirkungen unterschiedliche auf befallenen Früchten vorkommende Hefestämme auf  biologische Parameter wie Lebensdauer und Vermehrungspotenzial der Fliege haben. In Verhaltensversuchen bestimmen die Forscher zudem die fraßfördernde und anziehende bzw. abstoßende Wirkung dieser Hefekulturen. Das Labor für Aromen und Metaboliten führt chemische Analysen an ausgewählten Hefearten durch, die attraktiv und ernährungsrelevant für die Kirschessigfliege sind. Analysiert werden jene Substanzen der Hefen, die eine fraßfördernde Wirkung auf die Kirschessigfliege ausüben, um sie gezielt als Köder im „Attract-and-Kill“-Verfahren einsetzen zu können, erklärt Chemikerin Daniela Eisenstecken, die die Analysen leitet. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Drosophila in der Falle bleibt und das beigemengte Insektizid aufnimmt.

Köderfallen werden im Freiland aufgestellt, um die Attraktivität verschiedener Formulate für die Kirschessigfliege zu überprüfen. (Foto: LPA/ Versuchszentrum Laimburg)

Die Freie Universität Bozen ist mit ihren Bereichen Chemische Ökologie und Entomologie am Projekt beteiligt: Die Wissenschaftler charakterisieren die flüchtigen Hefeduftstoffe und analysieren die Antwort der Rezeptoren des Schädlings auf die unterschiedlichen Duftstoffe.

Die aus dem asiatischen Raum eingeschleppte Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) hat seit ihrem erstmaligen massiven Auftreten in Südtirol im Jahr 2011 große Schäden verursacht. Besonders betroffen sind das Stein- und Beerenobst (vor allem Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren, Marillen, Zwetschgen, Heidelbeeren) und Trauben der lokalen Rotweinsorte Vernatsch. Es handelt sich weitgehend um Kulturen, die einen wichtigen Nebenerwerb für die Berglandwirtschaft darstellen und zu Lebensmittelprodukten (Joghurt, Fruchtsäfte, Konfitüren) verarbeitet werden. Die Früchte werden während der Reifephase befallen. Die Fliege sticht die intakte Fruchthaut an und legt ihre Eier ins Fruchtfleisch. Im Jahr 2015, einem Jahr mit mittlerem Befallsdruck und einer nicht übermäßig hohen Populationsdichte der Kirschessigfliege, wurde der durch die Drosophila verursachte Schaden in Südtirol auf 2,6 Millionen Euro geschätzt. Im Jahr 2016 mussten die Südtiroler Beeren- und Steinobstproduzenten Ernteausfälle von bis zu 70 Prozent hinnehmen. Im  Durchschnitt meldeten die Obstgenossenschaften Ausfälle von 30 Prozent.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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