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Der Notwehr-Paragraf

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Die römische Abgeordnetenkammer verabschiedet das sogenannte Notwehr-Gesetz: Wer nachts überfallen wird, kann sich und sein Eigentum künftig selbst mit einer Waffe verteidigen.

Von Matthias Kofler

Mit einer satten Mehrheit von 225 Jastimmen hat die römische Abgeordnetenkammer am Mittwoch grünes Licht für den Gesetzentwurf zur Notwehr mit Waffen gegeben. Der PD-Abgeordnete David Ermini spricht von einer „guten und wichtigen Reform“. Nun ist der Senat am Zug.

Das Gesetz, eingebracht von der Regierungsmehrheit aus PD und NCD, sieht vor, dass Bürger, die nachts überfallen werden, sich und ihr Eigentum künftig legal mit einer Waffe verteidigen können. Das Prinzip der Notwehr gilt sowohl bei Einbrüchen in der eigenen Wohnung als auch bei Einbrüchen in Geschäften oder am Arbeitsplatz. Voraussetzung für das Recht auf Selbstverteidigung mit einer Waffe ist der Besitz einer gültigen Waffenlizenz.

Zudem muss der Tatbestand des Einbruchs zweifelsfrei gegeben sein. Das heißt: Ein Bürger, der zur Notwehr seine Waffe benutzt, muss nachweisen können, dass der Einbrecher versucht hat, sich mit Gewalt, Drohung oder Hinterlist unerlaubten Zugang zu einer Wohnung zu verschaffen. Dies ist von nun an ein „Unrechtsausschließungsgrund“, wie es im Gesetzestext heißt.

Weiters werden Bürger nicht mehr bestraft, wenn sie nachweisen können, dass sie in einem Zustand einer „akuten psychischen Verwirrung“ zur Waffe gegriffen haben. Im Falle eines Freispruchs wegen Notwehr muss der Staat die Verfahrenskosten übernehmen.

Die SVP hat am Mittwoch für die Gesetzesänderung gestimmt. Der Kammerabgeordnete Manfred Schullian äußert dennoch Zweifel an der Reform und spricht wörtlich von einem „recht problematischen Gesetzestext“.

Die Gründe: Zum einen werde im Gesetz nicht klar geregelt, was unter „nächtlich“ zu verstehen ist. „Was passiert, wenn um 6 Uhr morgens eingebrochen wird?“, fragt Manfred Schullian. „Oder bei einem Regentag: Dauert da die Nacht dann länger als an einem sonnigen Tag?“ Auch das Prinzip der „akuten psychischen Verwirrung“ müsse erst durch die Rechtsprechung klar definiert werden. Die Gesetzeslage sei mit der Reform komplizierter geworden. „In meinen vier Jahren im Parlament habe ich es bislang noch nicht erlebt, dass ein Gesetz einfacher geworden ist“, so Schullian.

Trotzdem sei es richtig, dass zwischen Hausfriedensbruch und Notwehr nun „keine Unvereinbarkeit mehr vorliege“. Die Forderung der Lega Nord, wonach die „Selbstverteidigung automatisch und rund um die Uhr straffrei sein soll“, hält der SVP-Kammerabgeordnete für nicht zielführend. „Es stimmt, dass die Gewaltbereitschaft der Ausländer in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Gleichzeitig ist aber auch das Aggressionspotential bei den besorgten Bürgern gestiegen“, so Schullian. Umso wichtiger sei es, am Prinzip der Angemessenheit festzuhalten.

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