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Zerrissenes Tal

flash-fluechtlingeCorvara und Abtei sind dagegen. Wengen und Enneberg sind dafür. Und St. Martin in Thurn sitzt zwischen den Stühlen. Wie die Unterbringung von Flüchtlingen im Gadertal weiter für Spannungen sorgt.

von Silke Hinterwaldner

Robert Rottonara ist ein Mann mit Prinzipien. „Für mich“, sagt der Bürgermeister von Corvara, „ist klar, dass der Gemeinderat noch einmal mit Nein stimmen wird.“ Morgen früh um 8.00 Uhr trifft er sich mit den Gemeinderäten zur Sitzung, auf der Tagesordnung steht noch einmal die Diskussion zur Unterbringung von Flüchtlingen in den Gemeinden.

Dabei hatte seine Gemeinde bereits im Dezember eine eindeutige Entscheidung getroffen, die für viel Diskussionsstoff gesorgt hatte: Man lehne die Unterbringung von Asylbewerbern ab, vor allem weil es keine passende Unterkunft für sie gebe. Gleichzeitig war sofort klar, dass Corvara auch deshalb dagegen ist, weil die Tourismusgemeinde um ihr Image fürchtet.

Dass jetzt noch einmal abgestimmt wird, ist für Bürgermeister Rottonara „ein Akt der Kollegialität“. Weil sich viele Gemeinden im Raum Bruneck mit dem Thema beschäftigen, hat man auch im Gadertal die Diskussion noch einmal aufgerollt. „Ja oder Nein?“, stellt Rottonara eine rhetorische Frage, „der Gemeinderat soll seine Position klar offenlegen: Soll man sich mit dem Sprar-Programm abgeben?“

In den vergangenen Wochen war Gebhard Mair durch viele Gemeinden im Pustertal und im Gadertal getingelt, um über dieses Programm zu informieren. Corvara aber zählt zu jenen Gemeinden, die auf eine Beratung der Bezirksgemeinschaft verzichtet haben. Der Leiter der Sozialdienste sagt: „Corvara ist für uns ein weißer Fleck. Die Gemeinde hat von Anfang an gesagt, dass sie sich an diesem Programm nicht beteiligen möchte.“

Dabei sitzt Robert Rottonara selbst sogar im Ausschuss der Bezirksgemeinschaft. Wie geht das zusammen? „Man kann doch unterschiedlicher Meinung sein“, sagt der Bürgermeister, „das wäre ja noch schöner, wenn das nicht mehr erlaubt wäre.“

Die Situation war im Gadertal von Anfang an verzwickt. Ursprünglich wollte die Landesregierung in Wengen ein Aufnahmezentrum errichten, aber dieser Plan ging nicht auf. In der Folge erklärten sich manche Gemeinden dazu bereit, eine kleinere Anzahl an Flüchtlingen aufzunehmen. Andere aber hielten konsequent dagegen. Das heißt: Abtei und Corvara lehnen das Sprar-Programm ab. Wengen und Enneberg machen mit. Und St. Martin in Thurn sitzt zwischen den Stühlen. „Wir haben“, sagt der dortige Bürgermeister Heinz Videsott, „beschlossen uns zu beteiligen, insofern auch die anderen sich dafür entscheiden.“

Bereits Anfang Februar hat sein Gemeinderat diesem Vorschlag zugestimmt. „Das Sprar-Programm erscheint uns nur dann sinnvoll, wenn alle mitmachen“, sagt er, „das hat sich nun leider nicht ergeben. Wir werden jetzt noch einmal darüber diskutieren und die Möglichkeiten abwägen.“ Er geht davon aus, dass es früher oder später einen zweiten Anlauf geben wird, man brauche lediglich noch Zeit und Antworten auf viele offene Fragen.

Offiziell gibt es zwar noch eine Arbeitsgruppe im Gadertal, die über die Unterbringungen von Flüchtlingen berät. Aber die Verhandlungen liegen seit Monaten auf Eis.

 

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