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Aktenzeichen Alpenrose

abtei-rosa-alpina-grossDer Ausbau des Hotelimperiums Rosa Alpina in St. Kassian wirbelt politisch und rechtlich viel Staub auf: über alte Hofrechte, sich widersprechende Gutachten und die Tücken der Raumordnung.

von Silke Hinterwaldner

Das Höferecht ist eine hoch komplexe Angelegenheit in Südtirol. So manche Regelung versetzt den Laien in Staunen und sorgt mitunter für Empörung, sobald sie angewandt wird: Warum etwa darf jemand eine Hofstelle aussiedeln oder errichten, obwohl er seit vielen Jahren de facto keinen Bauernhof mehr betreibt?

Das ist nur eine von vielen Fragen, die zurzeit nicht nur in St. Kassian diskutiert werden, sondern längst weit darüber hinaus für Spekulationen sorgen.

Der Grund: Die Gemeinde Abtei hat Hotelchef Paul Pizzinini im Mai 2016 eine Baukonzession erteilt, die nicht bei allen für Zustimmung sorgt. Pizzinini hat in St. Kassian das Hotelimperium Rosa Alpina aufgebaut.

Begonnen hat alles mit dem Gasthaus zur Alpenrose, das formal immer noch ein geschlossener Hof ist. In den vergangenen Jahrzehnten wurde immer wieder aus- und umgebaut. Derzeit wird ein Teil des Hotels Rosa Alpina ausgesiedelt, gleichzeitig wird ein neues Wohnhaus und ein Wirtschaftsgebäude gewissermaßen als neue Hofstelle errichtet. Dies alles obwohl mit freiem Auge bereits seit Jahrzehnten kein Bauernhof mehr zu erkennen ist.

Drei Nachbarn des Hoteliers, Luca Crazzolara, Christian Crazzolara und Vito Agreiter, war und ist die rege Bautätigkeit von Paul Pizzinini ein Dorn im Auge. Sie haben im Juli vergangenen Jahres deshalb sowohl beim Verwaltungsgericht als auch bei der Landesregierung Rekurs dagegen eingelegt. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht soll in wenigen Tagen starten.

In der Landesregierung scheint man es nicht besonders eilig zu haben. Ende November hatte die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung den Rekurs mehrheitlich angenommen. Normalerweise sollte die Landesregierung dem Parere ihrer Kommission folgen, aber in diesem Fall hat sie das zumindest bisher nicht getan.

In der Sitzung der Landesregierung vor acht Tagen wurde der entsprechende Tagesordnungspunkt vertagt. Der Bürgermeister der Gemeinde Abtei hatte in der Zwischenzeit den SVP-Parlamentarier und Anwalt Manfred Schullian damit beauftragt, ein Gutachten in der Causa zu erstellen.

Schullian hat sein Gutachten kurz vor Weihnachten hinterlegt. Darin kommt er zum Schluss, dass die Bautätigkeit in St. Kassian rechtens sei. Die SVP-Politiker in Bozen haben sich dadurch unter anderem den Zorn von Marina Crazzolara auf sich gezogen.

Sie ist nicht nur Gemeinderätin in Abtei und stellvertretende Frauenchefin der Partei, sondern auch verheiratet mit Rekurssteller Luca Crazzolara. In mehreren gesalzenen Briefen an die Landesregierung oder den Bauernbund hat Marina Crazzolara wissen lassen, dass sie mit der Vorgehensweise ganz und gar nicht einverstanden sei.

Das alles ist Landesrat Richard Theiner ganz bestimmt unangenehm. Die Gutachten, sagt er jetzt, würden zunächst vom Rechtsamt des Landes geprüft. So lange wolle man noch mit einer Entscheidung warten. Andererseits könnte es dann zu spät sein: Die Frist für die Rekurse endet heute: Wenn die Landesregierung die Einwände nicht innerhalb von sechs Monaten behandelt, gelten die Rekurse als automatisch abgewiesen.

Das ärgert  auch Andreas Riedl. In einem offenen Brief, der sowohl vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz als auch vom Heimatpflegeverband unterzeichnet ist, schreibt er, „dass dieses Vorgehen im Hinblick auf die laufende Ausarbeitung eines neuen Raumordnungsgesetzes eine bedenkliche und gefährliche Positionierung der Politik darstellt“. Und es wäre völlig unverständlich, wenn die Politik einerseits ein „sauberes“ Raumordnungsgesetz in Aussicht stelle, andererseits aber solche urbanistischen Husarenstücke nicht nur billige, sondern durch ihr Votum erst ermögliche. Und überhaupt: „Ich verstehe nicht, warum die Landesregierung hier nicht schneller reagiert hat. Es täte ihr gut zu Gesicht stehen, wenn sie nach klar nachvollziehbaren Regeln handeln würde.“

Anton Aschbacher, Direktor der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung, kann nur den Kopf schütteln, wenn er zur Causa befragt wird. Er selbst war zwar nicht anwesend, als die Kommission im November den Rekurs annahm, hat sich aber später mit dem Thema befasst. „Ich hoffe“, sagt er nur, „dass man hier aufgrund der Fakten entscheidet und nicht aufgrund anderer Dinge.“

Damit spielt er auf mehrere Artikel auf dem Nachrichtenportal salto an, die für die Rekurssteller und gegen den Bauherrn Position beziehen. Verfüge ein geschlossener Hof über eine Hofstelle, erklärt Aschbacher, dann dürfe ausgesiedelt werden, so würden es die seit langem geltenden Regeln nunmal vorsehen.

Der Grundbuchauszug reiche in diesem Fall weit in die Geschichte zurück und müsse eingehend studiert werden. „Eine Vorverurteilung“, sagt Aschbacher, „halte ich für deplatziert.“

 

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