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Legaler Lauschangriff

gericht bozen tentiAlle Abhörungen gegen die Landesbeamte Katia Tenti und den Bauunternehmer Antonio Dalle Nogare sind im Strafprozess wegen Wettbewerbsverzerrung verwendbar.

Von Thomas Vikoler

Carlo Bertacchi und Fabrizio Francia, die Verteidiger der beiden Angeklagten, wirken keineswegs wie Geschlagene: „Wir behalten uns die Frage als Joker für die Berufung und der Kassation“, erklärten sie nach Verkündigung einer gerichtlichen Verfügung, die zu ihren Ungunsten ausgegangen ist.

Das Gericht unter Vorsitz von Carlo Busato (Beisitzer: Stefan Tappeiner und Ivan Perathoner) hatte soeben entschieden, dass alle Abhörungen gegen die Landesbeamte Katia Tenti und dem Bauunternehmer Antonio Dalle Nogare im Prozess verwendbar sind. Tenti, die frühere Ressortdirektorin von Landesrat Christian Tomassini (inzwischen zur Verwaltungsinspektorin zurückgestuft), wird der Verrat von Amtsgeheimnissen und Wettbewerbsverzerrung im Zusammenhang mit der Ausschreibung einer Mittelstandszone durch das WoBi im Jahre 2013 vorgehalten.

Dalle Nogare, der mitgeboten hatte und in engen persönlichen Beziehungen mit Tenti stand, muss sich wegen Wettbewerbsverzerrung verantworten.

Es handelt sich um den ersten Prozess am Bozner Landesgericht, in dem es die Frage zu beantworten galt, ob und in welchem Ausmaß sogenannte Trojaner in einer Strafermittlung verwendbar sind oder nicht.

Gegen Katia Tenti startete die Carabinieri-Sondereinheit ROS damals einen regelrechten Lauschangriff. In ihrs Handys und ihren Laptop schleusten die Ermittler mittels E-Mails Software ein, die gefürchteten Trojaner, wodurch die elektronischen Geräte faktisch in Wanzen verwandelt wurden. Alle Gespräche, auch in privater Umgebung, konnten so mitgehört werden.

Etwa die Aussage Tentis gegenüber einer Freundin, dass sie von Dalle Nogare nicht ein neues Auto, sondern einen Ring erwarte. Das gesamte Abhör-Material ist nach Ansicht des Gerichts verwendbar und wird nun von einem Gutachter transkribiert, der auf der nächsten Verhandlung am 23. Jänner vereidigt wird.

Bertacchi und Francia, die Verteidiger von Tenti und Dalle Nogare, sind hingegen weiter der Meinung, dass die Abhörungen nichtig sind. Vor allem deshalb, weil der Voruntersuchungsrichter bei der Genehmigung des Lauschangriffs keine präzise Ortsangabe gemacht habe. Abhörungen im privaten Umfeld müssten nach den geltenden Bestimmungen räumlich genau spezifiziert werden. Das Gesetz ist freilich auf die Verwendung von klassischen Abhörtechniken wie Wanzen zugeschnitten.

Der Richtersenat stützt seine Entscheidung zur Causa Tenti/Dalle Nogare auf zwei Kassationsurteile von heuer, welche die Verwendung von Trojanern unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

Die Verteidigung hatte außerdem eingewendet, dass die Ermittlung gegen Tenti zum Verdacht des Amtsmissbrauchs starteten, diese Tathypothese später aber gestrichen wurde. Für die Richter kein Grund, die Abhörungen nicht zuzulassen. Staatsanwalt Giancarlo zeigte sich mit der richterlichen Verfügung äußerst zufrieden.

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