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Das Rücktrittsrecht

volksbankEine Verordnung des Staatsrates entzieht den Volksbanken das Recht, den Rücktritt der Mitglieder aufzuschieben oder einzuschränken. Der Auszahlungspreis kann angefochten werden, aber nur zeitgleich mit Rücktritt.

Am 26. November beschlossen die Aktionäre der Südtiroler Volksbank, die Gesellschaftsform ihrer Bank von Genossenschaft zu Aktiengesellschaft zu ändern. Der Gesetzgeber sieht bei weitreichenden Änderungen der Gesellschaftsform vor, dass jene Mitglieder, die nicht an der Beschlussfassung für die Umwandlung teilgenommen haben oder sich gegen eine Umwandlung ausgesprochen haben, aus der Gesellschaft austreten können. Ein Mitglied, das austritt, hat Anrecht auf Auszahlung der eigenen Aktienanteile.

Von den mehr als 55.000 Mitgliedern der Volksbank haben knapp 3.000 für die Umwandlung gestimmt, für alle anderen gilt das vom Gesetz vorgesehene Recht auf Rücktritt.

Der gefasste Beschluss wurde am Dienstag im Handelsregister vermerkt. Ein Stichtag für alle, die von ihrem Recht auf Austritt aus der Gesellschaft Gebrauch machen möchten: der Austritt kann nämlich nur innerhalb von 15 Tagen ab diesem Datum, also bis zum 27. Dezember, eingereicht werden.

Die Volksbank hatte in der Vorlaufphase der Umwandlung angekündigt, den Rücktritt der Mitglieder beschränken zu wollen, „sofern dies notwendig“ sei. Einen solchen Handlungsspielraum sahen sowohl die Norm, nach der die Volksbanken reformiert wurden (aus der sich auch die Änderung der Gesellschaftsform ableitet) als auch die einschlägigen Vorgaben der Banca d’Italia vor.

Die Mitgliederversammlung der Volksbank beschloss 2015 eine entsprechend lautende Änderung des eigenen Statutes. Mittlerweile hat sich jedoch in der Angelegenheit der Staatsrat geäußert: Dieser setzte im Dezember 2016 die entsprechende Norm aus und übermittelte sie zur Überprüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit dem Verfassungsgerichtshof. Eine Entscheidung steht derzeit noch aus.

Sorgen macht den Aktionären auch und vor allem der vom Verwaltungsrat für den Rücktrittsfall festgesetzte Auszahlungspreis pro Aktie. Dieser liegt mit 12,10 Euro bei knapp 60 Prozent des ausgewiesenen Wertes der Aktie. Noch im April hatte die Mitgliederversammlung, auf Empfehlung des Verwaltungsrats, den Aktienwert bei 19,65 Euro festgelegt. Auch sorgen die Stellungnahmen der Führungsriege der Volksbank für nicht wenig Missmut, da in diesen zum einen auf dem derzeitigen Auszahlungspreis von 12,10 Euro beharrt wird, zum anderen der Aktie ein zukünftiger Preis auf dem alten Niveau zugeschrieben wird.

Das Zivilgesetzbuch sagt hierzu: „Der Wert der Aktien wird von den Verwaltern (…) unter Berücksichtigung des Vermögensbestandes der Gesellschaft und ihrer Ertragsaussichten sowie des allfällig bestehenden Marktwertes der Aktien bestimmt. (…) Im Falle einer Bestreitung, die gleichzeitig mit der Austrittserklärung zu erheben ist, wird der Auszahlungswert innerhalb von 90 Tagen ab der Ausübung des Austrittsrechtes auf Grund des beeidigten Berichts eines vom Landesgericht auf Antrag der beflisseneren Partei bestellten Sachverständigen bestimmt, wobei das Gericht auch über die Kosten entscheidet; (…).“

Dies stellt die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) in einer Pressemitteilung fest.

Der Auszahlungspreis von 12,10 Euro wurde vom Verwaltungsrat der Volksbank aufgrund zweier Gutachten ermittelt, die eine mögliche Spanne zwischen 11,09 Euro und 15,08 Euro je Aktie angaben – auch dies Werte, die weit von dem im April beschlossenen und für die Zukunft sozusagen angekündigten Wert von 19,65 Euro abweichen. Ob und welcher dieser Werte den Auflagen des Zivilgesetzbuchs Rechnung trägt, wird somit ein gerichtlich beeidigter Bericht klären müssen.

Was können betroffene Aktionäre unternehmen?

Sie können, so die VZS, innerhalb 27. Dezember der Bank einen eingeschriebenen Brief oder eine PEC-Mail zuschicken, mit dem sie mitteilen, von der Gesellschaft zurückzutreten, zugleich den von der Bank festgelegten Auszahlungspreis bestreiten und sich jedes weitere Recht vorbehalten, auch hinsichtlich einer eventuellen Schadenersatzforderung.

Die Verbraucherzentrale stellt ein Musterschreiben für den Austritt der Mitglieder zur Verfügung.

Natürlich ist auch ein Rücktritt zum Auszahlungspreis von 12,10 Euro pro Aktie möglich. In diesem Fall kann das Rücktrittsformular der Volksbank verwendet werden.

Vorsicht: Die Bestreitung des Auszahlungspreises kann nur zeitgleich mit dem Rücktritt erfolgen. Wird also der Rücktritt ausgesprochen, ohne dass der festgelegte Preis von 12,10 Euro explizit bestritten wird, so gilt dieser als angenommen. „Darauf ist beim Rücktrittsschreiben daher besonders zu achten“, betont die VZS.

Sie weist zudem darauf hin, dass mit dem Rücktrittsformular der Bank der zurücktretende Aktionär hingegen implizit den Auszahlungswert von 12,10 Euro akzeptiert. Des weiteren nimmt er rechtswirksam zur Kenntnis, dass die Bank den Rücktritt und die Rückzahlung beschränken oder ausschließen kann. „Dadurch würde der Eingriff der Staatsrats zum Schutz der SparerInnen, sowie ein eventueller Eingriff des Verfassungsgerichtshofs, für den konkreten Sparer unter Umständen wirkungslos“, so die VZS.

Wer Zweifel in Bezug auf die Platzierung von illiquiden Wertpapieren hat (wurden zum Zeitpunkt alle Vorgaben zum Schutz der SparerInnen laut MiFID eingehalten?), kann sich die Dokumentation zur eigenen Position aushändigen lassen und diese von einem unabhängigen Experten begutachten lassen. In der VZS steht ein eigener Beratungsdienst zur Verfügung.

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