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Die Erpressung

hotel-rezeption-2Kein Einzelfall: Um einen Preisnachlass zu bekommen, greifen Touristen zu dreisten Methoden – und drohen mit einer schlechten Hotelbewertung im Internet.

von Erna Egger

Manfred Pinzger spricht aus persönlicher Erfahrung: „Es passiert nicht oft, aber es passiert. Es ist auch schon in meinem eigenen Betrieb vorgekommen“, gibt der Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) zu.

Gäste hatten im Vinschgerhof in Vetzan in Schlanders Urlaub gemacht. Als bei der Abreise die Rechnung präsentiert wurde, verlangten die Touristen einen Preisnachlass – und untermauerten ihre Forderung gleich mit einer ungehörigen Drohung: Sollten sie den Rabatt nicht gewährt bekommen, würden sie das Hotel im Internet mit einer schlechten Bewertung versehen. „Völlig unbegründet und ohne jeglichen Anlass“, unterstreicht Pinzger.

Manfred Pinzger

Manfred Pinzger

Bei derartigen Erpressungen stecken Gastwirte in einer Zwickmühle: Gute und schlechte Bewertungen sind für Hotels das täglich Brot – und oft auch die Existenzgrundlage. Vor der Buchung der Unterkunft im gewählten Destinationsort durchstöbern mittlerweile die meisten Touristen die Internetportale nach guten und schlechten Kritiken zu den jeweiligen Hotels, die dann auch das primäre Auswahlkriterium bilden. Gastwirte bitten gerade deshalb oft Kunden, nach der Abreise das Hotel mit positiven Bewertungen zu belohnen.

Die Internet-Noten können aber auch argen Schaden zufügen: Schlechte Wertungen, auch wenn sie nur vereinzelt vorkommen, führen zu einem Verlust von neuer Klientel.

Und das machen sich die Touristen mittlerweile zunutze: „Vor allem bei frühzeitiger Abreise, egal durch welche Begründung, wollen Gäste oft keine Stornogebühren bezahlen. Dann wird mit solchen unsittlichen Dingen gedroht“, sagt Pinzger.

Zum Glück – wie der HGV-Präsident betont – arten solche unlautere Methoden nicht aus. „Es sind Einzelfälle und jeder Fall ist für sich zu betrachten.“

Sicher ist aber auch: Viele Vorfälle werden erst gar nicht bekannt, jeder Hotelier entscheidet für sich, wie er mit derartigen Erpressungen umgeht.

„Es ist auch jeder Fall für sich zu bewerten: Sind die Einwände begründet, kann man positive Schlüsse daraus ziehen und daran arbeiten. Sind es jedoch nur Drohungen, sollte man hart bleiben und das Gespräch in die richtige Richtung lenken. Denn sonst kommt bald jeder mit derartigen Erpressungen“, gibt Pinzger zu bedenken.

Der HGV-Präsident verweist auf die hausinterne Rechtsabteilung: Diese erteilt bei solchen Vorkommnissen die entsprechenden Ratschläge. „Es ist im Sinne des Verbandes, wenn uns die Fälle geschildert werden. Dann können wir eine Empfehlung abgeben“, so Pinzger

In der HGV-Rechtsabteilung weiß man von diesen Methoden: „Es passiert zum Glück selten“, so Ester Demetz, Leiterin der HGV-Rechtsabteilung.

Ester Demetz

Ester Demetz

Was rät sie den betroffenen Hoteliers? „Es bleibt dem Gastwirt überlassen, wie er reagiert. Jeder Gast und jede Situation ist anders“, nimmt sie vorweg. „Unser Ratschlag ist jedoch, sich auf solche Erpressungen auf keinen Fall einzulassen. Wenn ein Gast ein paar Tage im Betrieb weilt und dieser zum vereinbarten Preis sämtliche Leistungen in Anspruch genommen hat, sehe sich keinen Grund, warum sich ein Gastwirt bei der Abreise erpressen lassen muss.“

In der Regel animiert der HGV jedoch nicht, die Ordnungskräfte einzuschalten. „Wir hoffen schon, dass die Abreise des Kunden ohne Anzeige vonstatten geht“, so Demetz.

Dass Hoteliers bei solchen Fällen effektiv die Ordnungskräfte avisiert haben, ist im Rechtsamt nicht bekannt.

Was tun, wenn der Gast seine Drohung jedoch wahr macht? „Es gibt Fälle, in denen Gäste aus irgendeinem Grund eine schlechte Bewertung abgegeben haben. An und für sich ist es eine Erpressung. Wir haben jedoch einen schweren Job, alle wissen, wie viel wir investieren müssen, um Touristen anzulocken. Wir versuchen uns immer von der gastfreundlichen Seite zu zeigen. Deshalb ist es schwierig, gegen Kunden vorzugehen. Bei völlig ungerechtfertigten Beschuldigungen, kann man jedoch dazu Stellung nehmen, was wir auch tun.“

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