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Gift im Wodka

methanol mordAuftakt im Mordprozess gegen die 43-jährige Tschechin Jana Surkalova. Im Körper ihres verstorbenen Mannes Josef Surkala fand sich Methanol in fünffach tödlicher Konzentration.

Von Thomas Vikoler

Am 13. Dezember 2013 wird in die Erste Hilfe im Bozner Spital ein Mann aufgenommen, der sich bereits im Koma befinden, wie es später im ärztlichen Bericht heißt. Sein Name: Josef Surkala, 46, Äpfelklauber aus Tschechien. „Nichts hätte ihn retten können, auch kein Gegengift“, berichtet der Erste-Hilfe-Arzt Maurizio Ferraro im Saal A des Bozner Landesgerichts.

Ferraro ist einer der ersten Zeugen in einem Mordprozess der besonderen Art: Die Ehefrau, die bei der Verhandlung abwesende 43-jährige Jana Surkalova, wird beschuldigt, ihren Mann mit Methanol vergiftet zu haben.

„Eine so starke Vergiftung ist mir in 30 Jahren ärztlicher Tätigkeit nicht untergekommen“, berichtet Zeuge Ferraro.

Der Beweis dafür liegt am nächsten Tag, in einer Analyse eines Labors in Pavia, vor: Im Blut von Josef Surkala befanden sich 190 Milligramm Methanol pro Deziliter. Bereits 20 Milligramm werden als giftig eingestuft, 40 Milliliter gelten als tödlich. Der Äpfelklauber hatte also das knapp Fünffache der tödlichen Konzentration im Blut.

Gegen 23.00 Uhr des 13. Dezember 2013 stellte der Arzt Meinhard Kritzinger in der Reanimation des Bozner Spitals den Tod Surkalas fest: Tod durch Vergiftung. Eine Rettung des vergifteten Mannes sei nicht möglich gewesen, sagt Zeuge Ferraro.

Zum Todeszeitpunkt befand sich Jana Surkalova, seine Ehefrau, die ihn zusammen mit zwei Äpfelklaubern ins Spital gebracht hatte, auf der Fahrt nach Tschechien. „Sie wollte zu ihren beiden Kindern, um ihnen mitzuteilen, dass es dem Vater sehr schlecht ging“, sagt Surkalova-Verteidiger Boris Dubini. Die Frau sei bei Erhalt der Todesnachricht in Österreich umgekehrt, um nach Bozen zu fahren.

Das Verhalten von Jana Surkalova in der unmittelbaren zeitlichen Nähe des Ablebens ihres Mannes ist in diesem Schwurgerichtsprozess, der gestern am Landesgericht startete, von größtem Interesse. Die Frau hatte sich in jener Nacht – im Gegensatz zu ihren beiden Begleitern – selbst freiwillig einem Bluttest unterzogen. In ihrem Blut fand sich nachweislich kein Methanol. Der Empfehlung des Arztes (und Zeugen) Giuseppe Sacco, zur Beobachtung im Bozner Spital zu bleiben, folgte Surkalova aber nicht. Die Ärzte im Bozner Spital vermuteten zunächst, weitere Personen aus dem Umkreis ihres Mannes könnten durch verunreinigten Alkohol vergiftet worden sein.

Vor ihrer Abreise nach Tschechien legte die Frau hingegen Walter Clauser von der Polizeistation in der Ersten Hilfe aber unaufgefordert einen Kassa-Beleg vor. Der Beweis für den Kauf einer Flasche Gin und einer Flasche Wodka der Marke Mephisto in einem tschechischen Geschäft. Ein Gastgeschenk für ihren Mann anlässlich ihres Besuches ab dem 11. Dezembers in Pfatten.

Warum präsentierte die Angeklagte der Polizei diesen Beleg? Offenbar um einem möglichen Tatverdacht gegen sie selbst vorzugreifen. In jener Zeit häuften sich die Meldungen von Todesfällen in Tschechien nach Einnahme von gepanschtem Gift-Wodka. Jana Surkalova, so scheint es, wollte beweisen, dass sie ihrem Mann keinen vergifteten Wodka mitgebracht hatte.

Ein Verhalten, dass als Entlastungs-Indiz gelesen werden kann (wie es Verteidiger Dubini tut) oder aber auch als Ablenkungsmanöver der nunmehrigen Angeklagten (wie es Staatsanwalt Giancarlo Bramante tut). Im zweiten Fall mit einer besonderen „teuflischen“ Konnotation.

„Weil ihr Mann in Geldangelegenheiten sehr penibel war, hat Jana Surkalova stets alle Belege aufbewahrt“, sagt ihr Anwalt. Das gelte auch für den Kassabon für den Kauf einer Flasche Methanol, den die tschechische Polizei bei einer Hausdurchsuchung im März 2014 bei der Frau sicherstellte.

Die Version der Angeklagten zu dem Fall wird das Schwurgericht unter Vorsitz von Carlo Busato (Beisitzer: Stefan Tappeiner) möglicherweise bereits auf der nächsten Verhandlung am 25. Oktober zu hören sein: Da wird Jana Surkalova laut Ankündigung ihres Anwalts anwesend sein und in den Zeugenstand treten.

LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE:

  • Wie die Verteidigungsstrategie der Anwälte von Jana Surkalova aussieht
Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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