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Das schwule Quiz

Ein „heterosexueller Fragebogen“ soll Schüler mithilfe provokativer Ideen sensibilisieren. Der Landtagsabgeordnete Alessandro Urzì vermutet dahinter „schwule Propaganda.“

Von Anton Rainer

Das Bild von dem küssenden, homosexuellen Paar, das er in dem diesjährigen Schulkalender DAI fand, war Alessandro Urzì nur mehr eine Randnotiz wert. Viel größer war da schon sein Ärger über einen „heterosexuellen Fragebogen“, der im dreisprachigen „Diario“ eine ganze Seite ziert: „Dieser Fragebogen hat das Ziel, die sexuelle Identität unserer Söhne und Töchter in eine Krise zu stürzen“, schäumt der Landtagsabgeordnete, „Einige Fragen rufen ideologische Konditionierung und Eugenik in Erinnerung.“

Die Vorwürfe der Rassenhygiene, die Urzì in einer Anfrage an die Schullandesräte formuliert, richten sich gegen ein bekanntes pädagogisches Konzept: Der sogenannte „Heterosexuelle Fragebogen“ sorgte bereits Anfang 2015 für Proteste besorgter Eltern, als er in einer Broschüre der Lehrergewerkschaft in Baden-Württenberg auftauchte.

Darin enthalten: Fragen wie „Bist du hetero wegen einer Phobie vor Menschen deines eigenen Geschlechts?“ oder „Wenn es eine möglich wäre, deine Heterosexualität durch Elektroschocks zu ändern, würdest du es in Erwägung ziehen?“

Was auf den ersten Blick nach einem Versuch der sexuellen Umerziehung klingt, hat in Wirklichkeit einen simplen Hintergrund. „Es geht darum, dass wir Fragen, die uns gestellt werden, auf Heterosexuelle ummünzen“, erklärt Gabriel Hertscheg. Der 18-jährige Schüler aus Schenna ist selbst schwul – und hat den umstrittenen Fragebogen als Vertreter von „QueerFormat“ für die DAI-Redaktion mitgestaltet. Er sagt: „Wir wollen niemanden verführen oder gar umpolen! Wir wollen zeigen, dass homo-, bi- und transsexuelle Menschen nicht weltfremd und exotisch sind.“ Dazu gehöre auch, sich nicht immer die gleichen Fragen anhören zu müssen.

„Wer immer wieder gefragt wird, wann er denn sein Schwul-Sein bemerkt hat, fragt irgendwann zurück“, meint Hertscheg, „Wann hast du denn gemerkt, dass du hetero bist?“

Der heterosexuelle Fragebogen soll Jugendliche, die nie nach Antworten auf diese Fragen suchen mussten, mit diesen Problemen konfrontieren – und bornierte Abgeordnete ärgern.

„Natürlich ist es provokativ“, lacht der 18-jährige, „den Fragebogen nicht verstehen zu wollen, hat auch mit Ignoranz zu tun.“

 

Der Heterosexuelle Fragebogen

  1. Woher, glaubst du, kommt deine Heterosexualität?
  2. Wann und warum hast du dich entschlossen, heterosexuell zu sein?
  3. Bist du hetero wegen einer Phobie vor Menschen deines eigenen Geschlechts?
  4. Wissen deine Eltern, dass du heterosexuell bist? Wissen es Deine Freundinnen und Freunde? Wie haben sie reagiert?
  5. Kannst du es verantworten, deine Kinder heterosexuellen Lehrern auszusetzen? Sie könnten immer hin belästigt werden!
  6. In Anbetracht der Überbevölkerung…ist es wirklich schlau, wenn alle hetero sind?
  7. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, deine Heterosexualität zu ändern, würdest du diese in Erwägung ziehen? (Elektroschocktherapie, Medikamente, Exorzismen…)
  8. Möchtest du, dass dein Kind heterosexuell ist, obwohl du die Probleme kennst, mit denen es konfrontiert würde?
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