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„Es braucht harte Kerle“

„Es braucht harte Kerle“

Ex-Landeshauptmann Luis Durnwalder übt Kritik an der gegenwärtigen Landespolitik – und er erklärt, warum er dem SVP-Entwurf zur Toponomastik nicht zustimmen könne.

Tageszeitung: Herr Durnwalder, welche Kompetenzen fehlen dem Land Südtirol, um die Autonomie weiterzuentwickeln?

Luis Durnwalder: Ich muss ganz ehrlich sagen: Es ist für mich nicht leicht, im Autonomiekonvent zu sitzen. Dennoch habe ich mich stets darum bemüht, jene 22 Punkte meines Programms, die ich als grundlegend für die Weiterentwicklung der Autonomie erachte, in die Arbeiten des Konvents miteinfließen zu lassen.

Welche Punkte sind in Ihrem Programm enthalten?

Zunächst einmal muss die Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis des Staates beseitigt werden. Dann gilt es, die sekundären und tertiären Kompetenzen des Landes in primäre Kompetenzen umzuwandeln. Hierbei geht es unter anderem um den Handel, die Industrie und den Tourismus – also um Kompetenzen, die uns zwar im Zuge der Verfassungsreform 2001 versprochen, aber nie an unser Land übertragen wurden. Angesichts des neuen Zentralismus wird dies ein schweres Unterfangen. Selbiges gilt für den Aufbau einer Landespolizei. Darüber hinaus arbeite ich darauf hin, jene Kompetenzen an das Land zu übertragen, die es bei der Verabschiedung des Zweiten Statuts noch nicht gegeben hat, die also erst in den Jahrzehnten darauf entstanden sind.

Was meinen Sie damit?

Nehmen wir den Landschafts- und Umweltschutz, einen Bereich, in dem mittlerweile auch die Jagd hineingepackt wurde, die früher noch eine eigenständige Kompetenz darstellte. Auch die Telekommunikation hat sich enorm verändert: Wer hat vor ein paar Jahrzehnten ans Internet gedacht? Heute ist es das Um und Auf. Wir haben in den letzten Jahrzehnten viel umgesetzt, das über das Paket hinausgeht: etwa den Straßenbau, die Schule und die Uni. Doch es ist ein Blödsinn, dass die Lehrer zwar vom Land bezahlt werden, aber weiter als Staatsangestellte fungieren. Auch die Übernahme der Lehrer ans Land muss deshalb ein wichtiges Ziel sein.

Wie soll das Problem der Toponomastik gelöst werden?

Ich habe den Gesetzentwurf meiner Partei noch nicht gesehen. Wenn das stimmt, was ich aus den Medienberichten erfahren habe, dann muss ich ganz klar sagen: Meine Zustimmung wird der Entwurf sicher nicht bekommen.

Warum nicht?

Die Partei will offensichtlich paritätische Kommissionen zur Klärung der Ortsnamenfrage einrichten. Das ist ein Nonsens. Dann würde gar nichts mehr weitergehen. Die Italiener in der Kommission würden bei jeder gestrichenen Übersetzung ihr Veto einlegen. Dabei haben wir mit dem Fitto-Durnwalder-Abkommen im Jahr 2011 doch einen wichtigen Grundstein gelegt. Das Abkommen enthält klare Richtlinien – unsere Arbeitsgruppen haben in der Folge sehr viele strittige Fälle in der Toponomastik klären können. Es wären nur mehr ein paar Hundert italienische Namen übriggeblieben. Wenn jetzt wieder alles von vorne beginnen und zerredet werden soll, dann kann der Entwurf nicht meine Zustimmung bekommen.

Klingt nach harscher Kritik!

Ich muss sagen: Gegenwärtig vermisse ich in der Landespolitik die harten Kerle. In solch strittigen Fragen muss man die harte Kante zeigen. Nehmen Sie nur das Beispiel der jüngsten Stromverhandlungen zwischen dem Land und den Gemeinden. Hier hat das Land aus meiner Sicht viel zu früh nachgegeben.

Interview: Matthias Kofler

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