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Doppelt getrickst

Wie die Landesregierung den Landtag an der Nase herumführt, um die Gehälter der Primare und Oberärzte zu retten.

Von Matthias Kofler

Seit April 2014 dürfen öffentliche Führungskräfte nicht mehr als 240.000 Euro verdienen, so sieht es ein Staatsgesetz vor.

In Südtirol wurden die Gehälter von Führungskräften zwar angepasst, aber rund die Hälfte der Südtiroler Primare sowie einige Oberärzte und Hausärzte verdienen seit Jahren weiterhin mehr als 240.000 Euro. Die Landesregierung hatte die Gehaltsanpassung hinausgezögert, sodass ein Teil der Ärzte zwei Jahre lang mehr verdiente als gesetzlich zulässig.

Der Staat machte zuletzt allerdings Druck und forderte das Land auf, die Ausnahmeregelung zu kippen und die Gehaltsobergrenze auch in Südtirol anzuwenden.

Die Landesregierung kam im Juli dieser Verpflichtung nach, allerdings mit einem Trick: Das Gehalt sollte erst ab dem 1. Jänner 2017 gekürzt werden, also mit einer Gnadenfrist für die Primare von einem weiteren halben Jahr.

Nachdem es im Landtag Widerstand gab, wurde die Frist gekippt und die Gehaltsobergrenze trat mit dem Sammelgesetz im Juli 2016 in Kraft.

Einen weiteren Trick hat die Landesregierung allerdings damals schon durchgesetzt: Damit die Primare das zwei Jahre lang zu viel bezogene Gehalt nicht zurückzahlen mussten, baute man die Sicherheitsbestimmung ein: Die Ausnahmeregelung galt ab Mai 2014 rückwirkend, damit war das Gehalt gerettet.

Die Opposition vermutete, dass die Landesregierung bereits damals wusste, dass diese rückwirkende Gehaltsrettung von der Regierung in Rom niemals akzeptiert würde, weil es eindeutig dem Staatsgesetz wiedersprach. Dennoch wurde der Passus beschlossen.

Somit die neue Situation: Ab Juli 2016, also über zwei Jahre verspätet, trat die Gehaltsobergrenze von 240.000 Euro im Jahr für Primare und Co. auch in Südtirol in Kraft, aber die von Mai 2014 bis Juli 2016 zu viel erhaltenen Zahlungen mussten nicht rückerstattet werden.

Nun kam es, wie es kommen musste: Die Regierung in Rom gab der Landesregierung zu verstehen, dass die rückwirkende Gehaltsrettung nicht gehe.

Deshalb brachte die Landesregierung im 4. Gesetzgebungsausschuss einen Änderungsantrag zum neuen Sammelgesetz ein, mit dem die rückwirkende Gehaltsrettung ab Mai 2014 wieder gestrichen wird.

Müssen die Primare und anderen Ärzte nun fürchten, die zu viel erhaltenen Gelder zurückgeben zu müssen? Weit gefehlt. Denn das neue Sammelgesetz wird erst im Oktober oder November im Landtag genehmigt.

Bis dahin gilt die rückwirkende Gehaltsrettung weiterhin.

Wird sie dann gestrichen, dann tritt ein gewiefter juridischer Trick auf den Plan, wie die Landesregierung im Gesetzgebungsausschuss offenlegen musste: Die rückwirkende Gehaltsrettung, so erklärte der zuständige Ressortdirektor Michael Mayr auf Anfrage des Abgeordneten Andreas Pöder, sei für einige Monate in Kraft gewesen. Somit könne es juridisch gesehen keine Rückforderung für die letzten zwei Jahre mehr geben.

Das bedeutet in der Substanz: Ein Teil der führenden Primare und Oberärzte hat zu hohe Gehaltszahlungen seit Mai 2014 erhalten, diese sind gerettet, genauso die Gehaltszahlungen bis Juli 2016. Die Gehaltsreduzierung gilt erst ab dem zweiten Halbjahr 2016. Durch die neuerliche Gesetzesänderung wird die Gehaltsgrenze von 240.000 Euro für 2016 für einige der Empfänger nicht einzuhalten sein, was aber rechtlich gesehen kein Problem mehr ist.

Die Streichung der rückwirkenden Absicherung ist eine zusätzliche Absicherung: Würde der Landtag den Passus jetzt nicht streichen, dann würde die römische Regierung den gesamten Vorgang vor dem Verfassungsgericht anfechten, dieses würde die Gehaltsrettung vom Juli 2016 kippen und damit wäre sogar die Rückforderung der zu hohen Gehälter ab Mitte 2014 möglich.

Andreas Pöder ist stinksauer: „Doppelt getrickst, doppelt genäht! Dass die Landesregierung den Landtag für derartige juridische Tricksereien missbraucht und sich die Mehrheit auch noch dazu missbrauchen lässt, um die Gehälter von öffentlichen Führungskräften zu retten ist beschämend.“ Der Abgeordnete hat einen Minderheitenbericht zum Gesetz angekündigt.

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