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Die Gebühren-Falle

geld postscheinSüdtirols Betriebe erreichen in letzter Zeit vermehrt Posterlagscheine mit der Aufforderung, 298 Euro zu bezahlen. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine offizielle Gebühr, ist in Wahrheit ein Abzocke-Trick von Privaten.

von Heinrich Schwarz

In der Handelskammer Bozen vergeht kein Tag, ohne dass sich Betriebe über mögliche Betrugsfälle oder irreführende Geschäftspraktiken informieren.

Ein aktueller Fall betrifft vorausgefüllte Posterlagscheine mit einer Zahlungsaufforderung über 298,29 Euro, die Unternehmen zugeschickt werden. Auf den ersten Blick möchte man meinen, dass der Erlagschein von einer öffentlichen Institution komme und der Betrag demnach gesetzlich geschuldet sei. Doch der Posterlagschein stammt von einem privaten Unternehmen, das genau auf dieses Missverständnis abzielt, um das Geld gutgläubiger Unternehmer zu kassieren.

Der Absender des Posterlagscheins nennt sich „Casellario Unico Telematico Imprese“ – mit dem Untertitel „Imprese settori commercio, industria, artigianato e agricoltura“. Damit fällt der Gedanke umgehend auf die Handelskammer, deren vollständiger Name in italienischer Sprache eben „Camera di commercio, industria, artigianato e agricoltura“ lautet.

Der Name des Empfängerbetriebes, die Adresse und der Wirtschaftssektor sind zudem deckungsgleich mit den Daten des Handelsregisters der Handelskammer. Denn in Italien ist das Handelsregister per Gesetz öffentlich zugänglich. Und: Der auf dem Posterlagschein geforderte Betrag von 298,29 Euro entspricht der jährlichen Kammergebühr für eine GmbH.

Wer nicht aufpasst, bezahlt den Betrag. Vor allem auch deshalb, weil ein Zahlungsziel von gerade einmal zehn Tagen angegeben ist. Danach – so die Information auf dem Posterlagschein – steige die Gebühr auf 387,77 Euro.

„Der Posterlagschein hat weder etwas mit der Handelskammer zu tun, noch steht er in Zusammenhang mit einer anderen gesetzlich vorgesehenen Gebühr“, betont Thomas Wenter, Mitarbeiter bei der Handelskammer Bozen und Ansprechpartner bei derartigen Fällen.

Wie Wenter erklärt, handelt es sich beim „Casellario Unico Telematico Imprese“ um eine private Firma, die Eintragungen in ein Online-Register anbietet. „Diese Dienstleistung ist allerdings nur ein Vorwand, um die Zahlung des Betrages zu rechtfertigen. Das Register an sich ist komplett sinnlos“, so Wenter.

Viele Betriebe würden sich erst nach der Zahlung bei der Handelskammer informieren. Doch zu diesem Zeitpunkt könne man nichts mehr tun. Bei einem Betrag von 300 Euro zahle es sich kaum aus, einen Anwalt einzuschalten.

Die italienischen Handelskammern haben bei ähnlich gelagerten Fällen bereits mehrmals interveniert. „Die Wettbewerbsbehörde hat mehrere Strafen erlassen und die Vorgangsweise als irreführende Geschäftspraxis verurteilt. Doch es ist nicht einfach, die Drahtzieher aus dem Verkehr zu ziehen, da Name und Anschrift immer wieder geändert werden und meistens nur Briefkastenfirmen dahinterstehen“, erklärt Thomas Wenter.

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