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Der Schwund der Bankschalter

bank uswInnerhalb von drei Jahren wurden in Südtirol 34 Bankfilialen geschlossen. Weitere werden folgen. Die Gründe. Und ein Ausblick auf die Bankenwelt von morgen.

von Heinrich Schwarz

Südtirols Bankenlandschaft schrumpft. Zumindest wenn man die Anzahl der Filialen betrachtet. Laut den Daten des Landesinstitutes für Statistik ASTAT gab es Ende des Jahres 2012 noch 419 Schalterstellen. Ende 2014 waren es 402 – Ende 2015 nur noch 385.

In den letzten Jahren haben vor allem Filialen in Bozen geschlossen – und dabei hauptsächlich jene von Banken, die ihren Verwaltungssitz außerhalb Südtirols haben. Schließungen gab es etwa bei der Bank für Trient und Bozen, bei der Banca Sella, bei der Banca Commerciale Italiana und bei der BNP Paribas. Aber auch bei Raiffeisen und der Südtiroler Sparkasse wurden Filialen geschlossen bzw. zusammengelegt.

Beim Rückgang der Bankfilialen ist noch lange kein Ende in Sicht. Die Banken durchleben gerade einen strukturellen Wandel – Stichwort Digitalisierung. Zudem wird der Spardruck immer höher. Fusionen bieten Optimierungsmöglichkeiten und sind häufig mit einem Abbau von Geschäftsstellen verbunden.

Die TAGESZEITUNG hat sich bei den drei großen Südtiroler Bankinstituten – Raiffeisen, Sparkasse und Volksbank – umgehört.

Die Südtiroler Volksbank betrieb in den letzten Jahren 63 Filialen innerhalb der Landesgrenzen. Heute sind es 64. Allerdings werden es schon bald zwei weniger sein: Die Filialen Bozen/Pfarrplatz und Brixen/Zinggen werden heuer geschlossen. Ob es danach weitere Schließungen geben wird, ist noch nicht klar: „Wir überprüfen unser Vertriebsnetz jährlich und erheben gezielt den Bedarf der Kunden“, heißt es von der Volksbank.

Vizegeneraldirektor und Vertriebsdirektor Stefan Schmidhammer erklärt den Wandel in der Bankenwelt: „Der Trend bzw. die Präferenz bei Bankdienstleistungen geht eindeutig in Richtung Online-Banking. Die Kunden – vor allem junge – nutzen alle Arten von Online-Kanälen. Sie wählen den für sie angenehmsten und schnellsten Kanal, um mit der Bank zu interagieren, Produkte zu kaufen und Transaktionen durchzuführen.“

Bei der Volksbank beobachtet man eine Tendenz hin zur immer stärkeren Nutzung von Apps. „Wir entwickeln die mobilen Anwendungen gezielt weiter und bauen sie aus, um den Wünschen unserer Kunden zu entsprechen“, so Schmidhammer. Er betont aber auch: „Die Filiale wird es in Zukunft weiterhin geben – und zwar als Ort der Beratung und der persönlichen Begegnung. Der Bankberater bleibt somit Ansprechpartner und Vertrauensperson für die Kunden.“

Ähnliches ist von Nicola Calabrò, dem Generaldirektor der Südtiroler Sparkasse, zu hören: „Über Online-Banking werden heute eine Vielzahl von Bankoperationen durchgeführt, die in der Vergangenheit über das Schaltergeschäft erfolgt sind. Wir sind aber eng mit dem Territorium verbunden, weshalb für uns eine flächendeckende Präsenz auch in Zukunft sehr wichtig ist. Bei den Filialzusammenlegungen, die wir getätigt haben, versuchen wir, unseren Kunden stets das richtige Gleichgewicht zu gewährleisten und die möglichen Auswirkungen für sie so gering wie möglich zu halten. Deshalb prüfen wir auch ganz genau, wo die entsprechenden Kunden wohnhaft sind.“

Dank Kundennähe, so Calabrò, könne man als regional tätige Bank auf eine Reihe von Vorteilen bauen. „In Zukunft werden wir den Fokus noch stärker auf eine erstklassige Beratung legen. Wir wollen die Aufmerksamkeit gegenüber unseren Kunden weiter entfalten, sie begleiten und auf sie proaktiv zugehen.“

Die Sparkasse hatte vor drei Jahren noch 76 Filialen in Südtirol. Heute sind es 67. Im Dreijahreszeitraum 2014-2016 hat die Bank in ihrem gesamten Geschäftsgebiet – also auch außerhalb Südtirols – insgesamt 20 Zusammenlegungen eingeplant.

Auf die Raiffeisenkassen entfällt fast die Hälfte der Bankfilialen in Südtirol. Vor drei Jahren gab es 191 Filialen. Inzwischen sind es 188. Andreas Mair am Tinkhof, Leiter der Abteilung Bankwirtschaft im Raiffeisenverband, ist sich sicher, dass es mittelfristig zu weiteren Schließungen kommen wird. Allerdings gebe es im Raiffeisensystem eine andere Realität als bei anderen Banken:

„Das herausragende Merkmal der Genossenschaftsbanken ist die Nähe zum Kunden. Wir sind in der Peripherie überall mit kleinen Banken präsent. Deshalb ist der Trend zur Digitalisierung für Genossenschaftsbanken eine umso größere Herausforderung. Natürlich verschließen wir uns dem Trend nicht, sondern werden ihn in der Optik der Nähe zu unseren Kunden interpretieren. Eine große Einheit ohne Gesicht, bei der man gar nicht mehr weiß, an wen man sich wenden kann, kann ich mir für Raiffeisen jedenfalls nicht vorstellen“, so Mair am Tinkhof.

Der Wandlungsprozess im Bankensektor beschert den Mitarbeitern eine große Unsicherheit. Seit geraumer Zeit gibt es in Südtirol einen Beschäftigungsrückgang. Im Jahr 2008 gab es noch rund 4.500 Arbeitnehmer bei den Banken. Inzwischen sind es 500 weniger.

Der Personalabbau hält weiter an. Zwar werfen die Geldinstitute in der Regel niemanden auf die Straße, sondern setzen vorwiegend darauf, Stellen im Falle von Pensionierungen nicht mehr nachzubesetzen. Die Sparkasse hat zudem ein Programm ins Leben gerufen, das die Möglichkeit von Frühpensionierungen vorsieht. Über 100 Mitarbeiter haben davon Gebrauch gemacht. Die Stellen wurden nur zum Teil nachbesetzt.

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