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„Verlogene Geschichte“

SchwazerDer Präsident des VSS, Günther Andergassen, hält auch nach dem sensationellen Comeback von Alex Schwazer an seiner Position fest: Dopingsünder gehörten lebenslang gesperrt.

TAGESZEITUNG Online: Herr Andergassen, haben Sie das Rennen von Alex Schwazer gesehen?

Günther Andergassen: Ich habe die letzten Minuten gesehen. Die Leistung war perfekt, zur Leistung selber kann man nur gratulieren.

Sie waren sehr hart zum Dopingsünder Schwazer. Sie forderten eine lebenslange Sperre. Warum?

Dabei bleibe ich! Was er gemacht hat, war dumm, weil er es nicht notwendig gehabt hätte. Schwazer war bereits Olympiasieger, er hatte es in die Annalen der Sportgeschichte geschafft, sich dann noch zu dopen, war dumm. Ich könnte verstehen, dass jemand, der probiert und probiert und immer ganz knapp scheitert, sich sagt: So, jetzt helfe ich ein bisschen nach … Ich würde auch das nicht entschuldigen, aber es wäre irgendwie nachvollziehbar.

Im normalen Leben gilt das Prinzip der zweiten Chance. Im Sport nicht?

Ich bin der Letzte, der das Prinzip nicht gelten lässt. Aber Doping ist Betrug an den anderen Sportlern, Doping macht den Sport kaputt. Wenn wir immer von zweiter Chance reden, werden wir nie mit dem Thema aufräumen können.

Glauben Sie, dass Schwazer, der vom Anti-Doping-Kämpfer Sandro Donati betreut wird, sauber ist?

Ich muss es glauben, auch wenn ich es nicht nachweisen kann. Von Donati halte ich nichts mehr, er ist scheinheilig.

Wie meinen Sie das?

Wie kann jemand, der sich so sehr gegen Doping eingesetzt hat, jetzt plötzlich mit dem Finger auf jene zeigen, die Schwazer kritisiert haben? Das ist eine ganz verlogene Geschichte, die der Donati da aufführt.

Inwiefern?

Mich freut es für Schwazer, dass er sich jetzt für Rio qualifiziert hat. Ich traue ihm auch zu, dass er eine Medaille erringen kann. Ich gehe immer noch davon aus, dass er seine Goldmedaille in Peking ohne Doping geholt hat.

Was meinten Sie mit verlogen?

Ein Donati ist für mich nicht mehr glaubwürdig. Die Leichtathletik in Italien ist seit jeher ein Sumpf von A bis Z. Man weiß, dass ein Alberto Cova wie ein Weltmeister gedopt hat. Man weiß, dass die Verbandsbosse im Fall Schwazer Bescheid wussten. Ich könnte Ihnen zig Namen von Athleten nennen, die gedopt haben, beispielsweise bei den Langläufern. Es gibt eine Südtiroler Athletin, die wurde aus der Nationalmannschaft ausgeladen, weil sie sich geweigert hat, Blutdoping zu machen. Sandro Donati war ein Kämpfer gegen das Doping, daher ist mir seine Saubermann-Rolle jetzt sehr suspekt.

Warum?

Wenn jemand gegen Doping ist, dann hat er das durchzuziehen! Er kann jetzt nicht über jene drüberfahren, die Schwazer wegen des Dopings kritisieren.

Interview: Artur Oberhofer

 

LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE:

  • Was mit einer Südtiroler Langläuferin passiert ist, die sich  geweigert hat, Blutdoping zu machen.
  • Was Günther Andergassen zum Doping im Breitensport sagt.
  • Und: Wie Eltern bei Sportärzten um Medikamente für ihre Kinder vorsprechen.
Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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