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Soziale Brandherde

koler polizeiEin Einwanderer rastet in Bozen aus. Eine Baby Gang macht mehrere Stadtviertel unsicher. Was der Direktor der Forum Prävention, Peter Koler, sagt.

In Bozen kam es in den letzten 10 Tagen zu 2 Vorfällen, die eine Diskussion um die öffentliche Sicherheit in der Stadt auslösten:

Einmal war es ein Mann mit Migrationshintergrund, der in der Nähe des Bahnhofs mehrmals eine Trafikantin bedrohte.

Das andere Mal die so benannte Baby Gang, eine Gruppe von einheimischen und zugezogenen Halbwüchsigen, die mehrere Stadtviertel unsicher machte und ein Jugendzentrum zur vorübergehenden Schließung zwang.

„Ich bin davon überzeugt, dass es sich bei den Vorfällen letztendlich um Probleme öffentlicher Ordnung handelt, die innerhalb moderner Gesellschaften zu lösen sind: aber nicht nur mit Polizeieinsätzen, sondern auch durch ein Zusammenspiel sozialer und gesundheitlicher Interventionen“, sagt nun der Direktor des Forums Prävention Peter Koler.

Das Forum Prävention ist mit seinem Streetwork Projekt direkt mit den Betroffenen in Kontakt gekommen.

Zum ersten Fall sagt Peter Koler:

„Der Mann vom Bahnhof stammt aus einem westafrikanischen Land und ist seit 5 Jahren in Bozen. Die Streetworker kennen ihn. Er hat eine Aufenthaltsgenehmigung, lebt aber auf der Straße, praktisch ohne Unterstützung und Perspektiven.

Über die Jahre verschlechterte sich sein psychischer Zustand. Es kam in Zusammenhang mit Alkoholkonsum zu Kontrollverlusten.

In der Folge zu Ausfälligkeiten und Anpöbelungen gegenüber anderen Personen. Das kann Menschen in solchen Lebensumständen passieren und normalerweise kommen jene, die hier ihren Wohnsitz haben, in die Psychiatrie und erhalten eine medizinisch/psychologische/soziale Betreuung.“

Doch als Migrant sei das nicht so einfach. Die Gesundheitsversorgung sei auf ein Minimum reduziert. Das bringe es mit sich, dass aus gesundheitlichen Problematiken Fälle von öffentlicher Sicherheit werden. „Der aktuelle wird sicher nicht der letzte gewesen sein“, vermutet Peter Koler.

Unter den Flüchtlingen gebees viele, die Traumatisches erlebt haben, von Angstzuständen oder Psychosen heimgesucht werden. „Für diese reichen ein Bett und ein warmes Essen nicht“, so der Direktor des Forums Prävention. Wenn nicht ein soziales und gesundheitliches niederschwelliges Netz gespannt werde, dann komme es immer wieder zu problematischen Situationen, so Koler.

Und die sogenannten Baby Gangs?

Etwas anders gestalte sich die Ausgangslage bei dieser Gruppe Jugendlicher, einige davon seien praktisch noch Kinder. Viele von ihnen seien – immer laut dem Direktor des Forums Prävention – seit Jahren den Sozialdiensten bekannt, auch innerhalb der Schule seien sie aufgefallen. Doch keine Intervention sei erfolgreich gewesen, so Peter Koler.

Der Leiter des Forums Prävention:

„Es kommt dann, dass sie – letztlich mehr oder weniger sich selbst überlassen – beginnen, die Stadtviertel unsicher zu machen: Anerkennung durch Auffälligkeit nennt sich das im sozialpädagogischen Fachjargon. Und davon bekamen sie jetzt über die Medien seitenweise. Vielmehr bräuchten diese devianten Jugendlichen aber etwas mehr Beziehungsangebote und Zukunftsperspektiven. Etwa durch Streetworker, die Zugänge aufbauen können. Ansonsten haben wir auch hier einen zukünftigen sozialen Brandherd.“

Das Fazit von Peter Koler:

„Was es also braucht ist nicht nur mehr Polizeipräsenz. Was wir brauchen ist eine soziosanitär durchdachte, vernetzte Strategie, die der Devianz begegnet, Fälle in Betreuung aufnehmen kann und Integration vorantreibt, nicht Ausgrenzung. Diese potenziert einzig und allein die Schwierigkeiten, die wir dann als Gesellschaft alle tragen müssen: Kriminalität, Drogenkonsum, Gewalt, Extremismus.

Ohne eine solche Strategie wird auch das vieldiskutierte Kaufhaus-Bauprojekt keine Abhilfe schaffen, höchstens die Probleme in andere Stadtviertel verlagern.?

Zu klären gilt:

Wer ist dabei? Wer arbeitet mit an einer gemeinsamen Handlungsstrategie die Soziale und Gesundheitsdienste zusammen wirken lassen, wenn es um diejenigen geht, die nicht leicht erreichbar sind? Wer unterstützt politisch diese Notwendigkeit? Wer medial?“

 

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