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Trumpf im Ärmel

Trumpf im Ärmel

Ne bis in idem. Auf der Grundlage dieses Rechtsprinzips wollen die Verteidiger von Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder die Anklage zum Sonderfonds aushebeln. Am 18. März wird über die Zeugeneinvernahme des früheren Oberstaatsanwalts Cuno Tarfusser entschieden.

von Thomas Vikoler

Der Prozess, in dem der Ruf und das Ansehen eines früheren Landeshauptmannes von Südtirol auf dem Spiel stehen, driftet langsam ins Theatralische ab. Am Pult von Ankläger Guido Rispoli haben sich ein halbes Dutzend Advokaten versammelt, um mit ihm einige alte Akten durchzusehen. Akten, in denen der Name Luis Durnwalder, dem Angeklagten in diesem Prozess zum Vorwurf der Unterschlagung und illegalen Parteienfinanzierung, vorkommt.

Es handelt sich um insgesamt vier Faszikel, in dem allerdings zwei Stichworte nicht vorkommen: Sonderfonds des Landeshauptmannes bzw. der Landesräte und Spenden für Maturabälle. Wie es aussieht, gibt es derzeit keinen schriftlichen Nachweis über eine Vorherhebung oder formellen Ermittlung zu diesen Themen, zu der Durnwalder eine formelle Aussage getätigt hat.

Bei seiner Zeugeneinvernahme vor zwei Wochen hatte der Alt-Landeshauptmann erklärt, vom damaligen Staatsanwalt Cuno Tarfusser zu Spenden für Maturabälle angehört worden zu sein. Es sei am Ende nichts dabei herausgekommen, außer dass er Gewissheit gehabt habe, die Gelder aus dem Sonderfonds rechtmäßig zu verwenden, erklärte Durnwalder.

Ein Anlass für seine Verteidiger Gerhard Brandstätter und Domenico Aiello, die Einvernahme Tarfussers als Zeuge zu beantragen.

Doch über diesen Antrag hat am Freitag der Richtersenat unter Vorsitz von Carlo Busato (Beisitzer: Stefan Tappeiner und Ivan Perathoner) nicht entschieden. Die Verteidiger wollen sich erst die vier Faszikel, welche Oberstaatsanwalt Guido Rispoli inzwischen aus dem Archiv geholt hat, studieren.

Dass Tarfusser in den Zeugenstand gerufen wird, ist so gut wie sicher und wird auf der nächsten Verhandlung am 18. März bekanntgegeben.

Bereits jetzt zeigt sich deutlich, auf was die Verteidigung mit der Befragung des nunmehrigen ICC-Richters hinauswill: Auf eine Annullierung der Anklage gegen Durnwalder.

Dazu passt bestens auch ein handschriftliches Dokument, das Brandstätter und Aiello gestern dem Gericht vorlegten. Der frühere Landesrat und nunmehrige SVP-Senator Hans Berger erklärt darin, ebenfalls von Tarfusser zu den Maturabällen befragt worden zu sein.

Damit bekommt der Verdacht neue Nahrung, dass es bereits eine Sonderfonds-Ermittlung gegeben hat – und offenbar auch eine richterliche Entscheidung. Sollte das tatsächlich so sein, käme ein Rechtsprinzip zur Anwendung, das, jedenfalls aus der Sicht der Verteidiger, zu einer Einstellung des Sonderfonds-Verfahrens gegen Durnwalder führen müsste.

Es lautet auf Lateinisch: Ne bis in idem.

Auf Deutsch: Ein Sachverhalt darf nicht zweimal zum Gegenstand einer richterlichen Entscheidung werden.

Verteidiger Domenico Aiello stellt einen etwas holprigen Vergleich auf: „Wenn ein Parkwächter im Jahre 2006 erklärt, dass sich an einer bestimmten Stelle parken darf, kann er nicht zehn Jahre später zu mir kommen, und die Strafen für Falschparken für die vergangenen Jahre nachkassieren. Das geht nicht“.

Für Gerhard Brandstätter hat der Umstand, dass bei der vermeintlichen Ermittlung nichts herausgekommen ist, zusätzliches Gewicht. Und zwar deshalb, weil es nicht einmal zu einer Anklage der Staatsanwaltschaft gekommen sei. Als keine strittige, sondern rechtlich eindeutige Sache.

Sollte das Gericht das Rechtsprinzip, dass nicht zweimal über eine Sache gerichtet werden darf, nicht anwenden, haben die Durnwalder-Verteidiger einen weiteren Trumpf im Ärmel: Den fehlenden Vorsatz. Denn wenn es stimmt, dass der damalige Landeshauptmann durch die Folgenlosigkeit von Tarfusserers investigativer Tätigkeit zum Sonderfonds in seiner Gewissheit gestärkt wurde, rechtmäßig zu handeln, kann ihm schwerlich ein vorsätzlicher Missbrauch nachgewiesen werden.

Der Durnwalder-Prozess bleibt also spannend und es wird immer wahrscheinlicher, dass Oberstaatsanwalt Guido Rispoli, der am 18. April als Generalstaatsanwalt nach Campobasso wechselt, ihn nicht persönlich abschließen kann.

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