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Lockvogel im Talar

 

DSC_1273Christian Ventisette, der mutmaßliche Architekt des 30-Millionen-Betrugs um die Kepha-Stiftung, will sich stellen. Währenddessen bestreiten die Anwälte von Monsignore Patrizio Benvenuti am Landesgericht jegliche Verwicklung ihres Mandanten in den Fall.

Von Thomas Vikoler

„Wir sind froh, dass er sich gemeldet hat. Jetzt kommt hoffentlich die ganze Wahrheit ans Licht“. So kommentierte Massimiliano Quercetani, Anwalt von Monsignore Patrizio Benvenuti gestern nach der zweistündigen Verhandlung vor dem Freiheitsgericht die Nachricht des Tages: Christian Ventisette, 54, der seit drei Wochen per internationalem Haftbefehl gesuchte Finanzchef der Kepha-Stiftung, will sich stellen. Die Anwälte des gebürtigen Franzosen haben darüber nun die Staatsanwaltschaft Bozen informiert. Bereits am Donnerstag will Ventisette gegenüber den Ermittlern eine Aussage machen.

Dabei könnte tatsächlich etwas mehr Licht in diesen kuriosen Kriminalfall kommen, der zwischen dem Vatikan, Brüssel und der Gadertaler Gemeinde Wengen spielt. Die dort wohnhafte Ex-Nonne Agnese Colz, die langjährige Assistenten des Prälaten Benvenuti, hatte ihn im September 2014 mit einer Anzeige bei der Finanzwache Bruneck ins Rollen gebracht.

Der Monsignore und sein Sekretär

Der Monsignore und sein Sekretär

Der Monsignore bestreitet jegliche Verwicklung in den mutmaßlichen Anleger-Betrug im Ausmaß von 30 Millionen Euro. Deshalb beantragten seine Verteidiger – neben Quercetani auch der Bozner Anwalt Domenico Laratta – vor dem Freiheitsgericht die Aufhebung seines vor drei Wochen vollstreckten Hausarrests. Begründung: Ihr Mandant habe von den finanziellen Machenschaften Christian Ventisettes und des belgischen Barons Christophe de Fierland, dem Verwalter der Brüsseler Kepha Invest, nichts gewusst.

„Der Prälat wurde von ihnen dazu benutzt, Investoren aufzutreiben. Dazu wurden von Ventisette die Essen im Palazzo Barberini organisiert, an denen unser Mandant teilnahm“, berichtet Verteidiger Quercetani. Demnach fungierte Monsignor Benvenuti als Lockvogel im Talar, als eine Art Garant für die Seriosität der Geldanlage bei Kepha Invest. Was sie offensichtlich nicht war.

Ab 2010 geriet Kepha in eine finanzielle Schieflage. 2013 wollte der aus Argentinien stammende Prälat – das sagen zumindest seine Verteidiger – die ausbleibenden Rückzahlungen durch sein persönliches Immobilien-Eigentum ausgleichen. Die erste Anzeige gegen Ventisette erstattete Benvenuti allerdings erst im März 2014. „Es gibt eine fünfmonatige Zwischenphase“, räumt Verteidiger Quercetani ein.

Er sagt auch, dass der Monsignore durch einen Prüfbericht der renommierten Kanzlei Clifford Chance in die Irre geführt worden sei. In diesem sei 2010 bescheinigt worden, dass mit Kepha Invest finanziell alles in Ordnung sei. Benvenuti, der den acht Millionen Euro teuren Ansitz in Piombino (Elba) angeblich mit eigenen Mitteln und einem Kredit für die Kepha Stiftung gekauft habe, sei in dieser Geschichte eindeutig das Opfer.

Und die 35.000 Euro, um die er Agnese Colz betrogen haben soll? Es handle sich dabei um nichts anderes als das Haushaltsgeld aus dem 20-jährigen Zusammenleben des Prälats mit der Nonne. Er schulde ihr nichts, sagt Anwalt Quercetani.

Das Freiheitsgericht unter Vorsitz von Maria Christina Erlicher wird seine Entscheidung über den Enthaftungsantrag des Monsignore in einigen Tagen bekanntgeben. Der Antrag auf Aufhebung der Beschlagnahme von Immobilien des Geistlichen wurde kurzfristig zurückgezogen. Als Beweis dafür, dass ihr Mandant unschuldig sei, betonen die Verteidiger.

 

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