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„Ihr seid ein Modell“

„Ihr seid ein Modell“

Raffaele Ranuccis Makroregionen-Modell sorgt in Südtirol für große Empörung. Im Tageszeitung-Interview stellt der PD-Senator nun klar: Eine Abschaffung der Sonderautonomien komme nicht in Frage. 

TAGESZEITUNG Online: Herr Senator, in Südtirol ist man besorgt über Ihren Gesetzesvorschlag zur Schaffung einer Makroregion Triveneto. Besteht tatsächlich die Gefahr, dass unsere Sonderautonomie abgeschafft wird?

Raffaele Ranucci: Nein, diese Gefahr besteht nicht. Wir haben im Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der sich auf die Ergebnisse einer jahrelangen Studie stützt. In dieser Studie wurden die verschiedenen Territorien in Italien untersucht und eine Karte erstellt, auf der die Regionen neu eingeteilt wurden. Im Parlament wurde ein Tagesordnungspunkt von mir angenommen, der die Regierung verpflichtet, zu überprüfen, ob eine Zusammenlegung der Regionen möglich ist. Zudem habe ich im Senat einen Gesetzesentwurf eingebracht. Der Succus des Vorschlags besteht darin, die Regionen in Italien zu größeren Makroregionen zusammenzulegen. Das heißt aber nicht, dass damit die Regionen mit Sonderstatut abgeschafft werden sollen. Im Gegenteil: Wir wollen diese Sonderautonomien innerhalb dieser Makroregionen weiter stärken und ausbauen. 

Die Autonome Region Trentino-Südtirol soll also innerhalb der Makroregion Triveneto weiterbestehen?

Absolut ja. Keiner von uns ist bestrebt, die Sonderautonomien abzuschaffen oder sie zu untergraben. Das habe ich meinen parlamentarischen Kollegen schon mehrmals zu verstehen gegeben. Zudem müssen die Regionen nicht genau so zusammengelegt werden, wie es unsere Karte vorsieht. Es handelt sich hierbei nur um einen ersten Vorschlag, der dann ausgiebig diskutiert werden soll. 

Welche Vorteile brächte die Schaffung von Makroregionen mit sich?

Ich bin überzeugt, dass Italien Veränderungen braucht, um im Vergleich mit den europäischen Nachbarn wettbewerbsfähig zu bleiben. Unser Vorschlag der Makroregionen orientiert sich am neuen französischen Modell, das zum 1. Januar 2016 in Kraft treten wird: Dort werden zum Beispiel die Regionen Champagne-Ardenne, Elsass und Lothringen zu einer großen Region zusammengelegt. Auch Italien soll die heutige Einteilung der Regionen überdenken. Denn: Je größer die Regionen, desto stärker und leistungsfähiger sind sie. Die Programme, Institutionen und Gesetzgebungsverfahren könnten verbessert und die Ressourcen gemeinsam genutzt werden. Gleichzeitig würden auch die europäischen Fördergelder steigen, wenn die Regionen zu Makroregionen zusammengelegt werden. Der größte Vorteil ist aber ein anderer …

Nämlich?

Wir können mit diesem Vorschlag die Kosten der Politik entscheidend reduzieren. Unsere Studie hat im Falle einer Schaffung von Makroregionen Einsparungen von 400 Millionen Euro im Jahr ergeben. Nicht zu vergessen ist, dass viele Regionen zuletzt von Skandalen erschüttert wurden. Auch diese Gefahr soll mit unserem Vorschlag verringert werden. Aber ich wiederhole noch einmal: Die Abschaffung der Sonderautonomien und Regionen mit Sonderstatut stand nie zur Diskussion. Wir nehmen eine Haltung pro Sonderautonomien ein.

Ministerpräsident Matteo Renzi stand zu Beginn seiner politischen Karriere den Sonderautonomien sehr kritisch gegenüber. Hat sich seine Haltung mittlerweile geändert?

Ich habe Renzi noch kein einziges Mal schlecht über eure Sonderautonomie sprechen hören. Im Gegenteil: Eure Region dient als Modell dafür, wie gut verwaltet werden kann. Diese Leistungen müssen respektiert werden. Zudem haben die Sonderautonomien eine besondere Geschichte, kulturelle und sprachliche Minderheiten – und sie grenzen an europäische Nachbarstaaten an. Das sind alles Dinge, die bei unserem Vorschlag berücksichtigt werden. Ich wiederhole: Keiner will die Autonomien abschaffen. Und auch über die genaue Zusammenlegung der Regionen kann noch diskutiert werden. Das sage ich auch den Leuten, die zum Beispiel protestieren, weil die Toskana nicht mit Kampanien zusammengelegt wird usw. Wichtig ist, dass die Regionen unterm Strich besser funktionieren und die Ressourcen gebündelt werden.

Aus Südtirol kommt oft der Vorwurf, den Parlamentarier in Rom würden die notwendigen Kenntnisse über unsere Situation fehlen. Wie viel wissen die Parlamentarier über die Sonderautonomien?

Die Parlamentarier sind gut informiert. Das ist vor allem auf die Arbeit eurer parlamentarischen Vertreter in Rom zurückzuführen. Sie bringen eine außergewöhnliche Leistung: Nicht nur, weil sie die Autonomien schützen, sondern weil sie ihren italienischen Kollegen in Rom die Kenntnisse über die Autonomie beibringen. 

Sollte im Parlament ein Antrag zur Abstimmung kommen, der die Abschaffung alles Sonderautonomien vorsieht. Wie würde diese Abstimmung ausgehen?

Ich habe im Parlament noch kein einziges Mal den Vorschlag gehört, dass die Sonderautonomien abgeschafft werden sollen. Deshalb stellt sich diese Frage gar nicht.

Das ist auch die klare Position des PD?

Davon bin ich überzeugt.

Interview: Matthias Kofler

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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