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Unsere tägliche Wurst

pinzetta speckDer Bozner Facharzt für Innere Medizin, Claudio Pinzetta, hält von der WHO-Studie zum Krebsrisiko von Speck und rotem Fleisch wenig bis gar nichts.

 TAGESZEITUNG Online: Herr Dr. Pinzetta, was halten Sie von der WHO-Studie?

Claudio Pinzetta: Da wird einen Riesen-Wau-Wau gemacht, ich weiß nicht, ob da die Michelle Obama dahintersteckt, die Gemüse und Karotten propagiert, weil ihre Landsleute am Morgen mit Bacon anfangen, zu Mittag das ganze frittierte Zeug essen und den Tag mit fünf Burgern ausklingen lassen. Wir ernähren uns anders.

Sie halten also nichts von der Studie?

Es hat früher schon solche Studien gegeben. Aber bis heute gibt es keinen Beweis dafür, dass Huhn und Truthahn gesünder sind als rotes Fleisch.

Und Fisch?

Nehmen Sie den Pangasius, der jetzt aus Vietnam oder Thailand importiert wird. Der ist so schön weiß und geschmacklos. Glauben Sie wirklich, dass dieser Fisch gesünder ist? Die Schädlingsbekämpfungsmittel, die auf den dortigen Reisfeldern eingesetzt werden und in den Gewässern landen, wären bei uns längst schon verboten.

Es gibt für Eltern also keinen Anlass, den Kindern ein Speckbrot vorzuenthalten?

Nein, es kommt auf die Menge an. Zwischendurch ein Speckbrot, da passiert nichts. Freilich: Wenn ich dem Kind in der Früh ein Speckbrot gebe, zu Mittag ein Schnitzel und am Abend ein Würstel, und das jeden Tag, dann ist das nicht gesund. Es gibt zweifelsohne solche Situationen, weil einige Mütter einfach nicht die Zeit haben zu kochen. Aber wenn zwei Mal im Monat auf den Obstmarkt gehe und ein Würstel esse, dann passiert nichts.

Viele Menschen in Südtirol werden aufatmen …

(lacht) Man sollte auch nicht jeden Abend ins Hidalgo gehen, um ein Steak zu essen. Es kommt, wie gesagt, auf die Menge an. Und tun wir nicht so, wie wenn der Speck oder das rote Fleisch das größte Problem wären. Was ist mit dem Thunfisch, der in Rohnensaft eingelegt wird, damit er eine schöne Farbe kriegt? Was ist mit den Geschmackmachern in den Würsten? Erinnern Sie sich an das Gammelfleisch oder an das Rossfleisch in den Hamburgern?

Ihr Fazit?

Man sollte die WHO-Studie nicht allzu ernst nehmen, weil sich das Problem bei unserer mediterranen Küche nicht so stellt. Wir sind keine richtigen Fleischfresser. Ein- oder zweimal Fleisch die Woche schadet nicht. Im Gegenteil, es enthält Eisen und Vitamin B, das wir sonst nicht kriegen. Wenn jemand ein Truthahnschnitzel, das nach Fisch stinkt, lieber hat …

Wie kommen Sie darauf?

Es ist mir schon passiert, dass das Truthahnschnitzel nach Fischmehl gestunken hat. Freilich: Wenn das Rindfleisch aus einem Zuchtbetrieb in China kommt, wo es nur Kraftfutter bekommen hat, dann ziehe ich allemal das Laugenrind aus Ulten vor.

Ihren Kindern geben Sie Speck?

Natürlich, aber nicht jeden Tag. Man sollte nicht eine Speckhamme pro Woche verbrauchen. Was sicher nicht gesund ist: Geselchtes oder gepökeltes Fleisch zu grillen. Aber auch da gilt: In kleinen Dosen passiert nix.

 

Interview: Artur Oberhofer

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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