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25 Jahre oew

Die Organisation für Eine solidarische Welt oew wird 25 Jahre alt.

Was vor einem Vierteljahrhundert als Einmann-Projekt im Magazin des Weltladens in Brixen begann, ist heute eine über Südtirols Grenzen hinaus anerkannte Organisation mit sieben hauptamtlichen und zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen: Die unabhängige NGO oew-Organisation für Eine solidarische Welt mit Sitz in Milland/Brixen wird 25 Jahre alt. Sie wurde am 12. Oktober 1990 hauptsächlich von engagierten Rückkehrer*innen aus der Entwicklungszusammenarbeit gegründet, um Projekte im Süden zu unterstützen. Seitdem hat sich der Aktionsradius ausgeweitet.

Im Jahr 2015 geht es vor allem um Bewusstseinsbildung in Südtirol in den Bereichen „Internationale Kooperation“, „Bewusst Wirtschaften“ und „Miteinander“. Sichtbarster Ausdruck der oew ist ihreStraßenzeitung zebra., die Menschen in schwierigen Lebenssituationen seit zwei Jahren im ganzen Land verkaufen.

Philipp Frener ist seit einem halben Jahr Vorsitzender der oew und erklärt deren Vision: „Die oew ist ein Labor, in dem Projekte der Solidarität kreativ und verantwortungsbewusst durchgeführt werden. Unsere Projekte sind auf ein gutes Leben für alle ausgerichtet und werden der gesellschaftlichen Vielfalt gerecht. Mit Blick auf das globale Gleichgewicht zeigen wir lokale Handlungsmöglichkeiten auf.“

Ende der 1970er und in den 1980er-Jahren wurden in verschiedenen Ortschaften Südtirols Welt-Gruppen gegründet, die damals noch Dritte Welt in ihrem Namen trugen. Das hat sich inzwischen geändert. Immer häufiger tauchte bei den damaligen Freiwilligen der Wunsch auf, eine Informations- und Koordinationsstelle zu schaffen, die sich in Nord-Süd-Themen vertiefte und entsprechende Informationsmaterialien sammelte. Zusammenhänge zwischen dem zunehmenden Wohlstand in Europa und dem Hunger im Süden und Osten der Welt drängten langsam in das Bewusstsein der Menschen.

So entstand 1985 der „Informationsdienst Dritte Welt“, den eine lose Gruppe von Rückkehrer*innen aus Ländern des globalen Südens initiierte. Rund 40 engagierte Südtiroler*innen, die die Probleme der Menschen in den verschiedenen Ländern hautnah miterlebt hatten, sowie Personen aus den damals bereits bestehenden Welt-Gruppen taten sich zusammen und gründeten die oew. Den Namen schlug Robert Hochgruber vor. Karl Leiter erklärte sich bereit, die herausfordernde Aufgabe des ersten hauptamtlichen Mitarbeiters in Teilzeit zu übernehmen. Christine Baumgartner war die erste ehrenamtliche Vorsitzende. Der damalige Leiter des Missionsamtes Kanonikus Josef Hohenegger ließ sich von der Idee begeistern und als finanzieller Förderer gewinnen.

Karl Leiter erinnert sich: „Es begann mit einer alten Schreibmaschine und einigen Büchern.“ Das erste Büro befand sich im Magazin des Weltladens in Brixen zwischen Jutesäcken und Kaffee. Irene Holzer baute die Bibliothek mit geschenkten Büchern und Spenden von Gönner*innen auf. Der Zuspruch war zwar da, doch die Anfänge schwierig. „Wir spürten Aufbruch“, sagt Karl Leiter. Es gab Interesse an den Themen, auch weil die Armut im Süden weiter wuchs, immer mehr Menschen davon in Kenntnis kamen und nach den Ursachen fragten.

Die ersten Einwanderer*innen aus Marokko und Tunesien ließen sich in Südtirol nieder. In der Bevölkerung wurden auch Gegenstimmen laut: „Die werden uns noch überrumpeln, hieß es“, erinnert sich Karl Leiter. Auch die Politik zeigte sich nicht sonderlich kooperativ. Kampagnen der oew wie „Hunger ist kein Schicksal. Hunger wird gemacht.“ oder „Jute statt Plastik“, wurden von den einen erleichtert aufgenommen, von anderen ignoriert.
Besonders heute ist das Miteinander in Südtirol und in Europa mit der Ankunft vieler Flüchtlinge und Einwanderer*innen nicht einfacher geworden. Mehr denn je ist es der oew daher ein Anliegen, der Bevölkerung internationale Zusammenhänge aufzuzeigen, unser Konsumverhalten mit Armut im globalen Süden in direkte Verbindung zu bringen, ein besseres Zusammenleben im Land mit Bildungsarbeit und Aktionen zu fördern.

Die oew baut derzeit auf vier Säulen: Die Mitarbeiter*innen informieren und sensibilieren in den Bereichen „Bewusst Wirtschaften“, „Internationale Kooperation“ und „Miteinander“. Medienpakete aus der oew-Fachbibliothek – auch ganze Klassensätze – bietet die oew außerdem an. Solidaritätsbesuche in und Kooperationen mit Projekten im globalen Süden zeigen Interessierten internationale Zusammenhänge hautnah auf. Seit zwei Jahren bringt die oew auch die Straßenzeitung „zebra.“ auf Südtirols Straßen. Sie ist in deutscher und italienischer Sprache verfasst, hat Themen der oew und der Vielfalt zum Inhalt und wird von Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen, um zwei Euro verkauft.

Anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums wünscht sich der Vorsitzende Philipp Frener vor allem Mut: „Wenn ich mir die Bedürfnisse der Menschen anschaue – besonders jener, die täglichen einen Kampf um ihre Würde, ihren Platz in der Gesellschaft und ihr Überleben führen – dann weiß ich, dass die oew allen Grund hat, entschieden für diese Menschen einzutreten. Nur wenn es auch diesen Menschen gut geht, geht es uns allen gut. Wir alle zusammen haben das Wissen, die Erfahrung und die Möglichkeiten, unseren Beitrag dafür zu leisten. Was wir brauchen, und was ich mir wünsche, ist eine tägliche Portion Mut, unsere Fähigkeiten für diese Menschen einzusetzen“.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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