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Die Höllen-Engel

12_Hells_Angels1Die Kassation hat erstmals ein Chapter der Motorradrocker Hell´s Angels (aus Südtirol) zur kriminellen Vereinigung erklärt – und die Haftstrafen des Bozner Oberlandesgerichts bestätigt.

von Thomas Vikoler

Der Richter, der das Urteil der Zweiten Sektion des Kassationsgerichtshofs verfasst hat, kennt sich aus mit kriminellen Vereinigungen. Piercamillo Davigo war in den 1990iger Jahren einiger der Top-Staatsanwälte, welche den „mani pulite“-Korruptionsskandal aufgedeckt haben.

Inzwischen befasst sich Davigo mit profaneren Dingen: Hell´s Angels.

In Südtirol gab es Ende der Nullerjahre eine spektakuläre Ermittlung von Staatsanwältin Donatella Marchesini gegen die Mitglieder des Hell´s Angels Motor Clubs in Bozen, der in der Industriezone ein eigenes Vereinslokal unterhielt. 2008 kam es zu einer Serie von Verhaftungen, nachdem ein Mann aus Deutschland kurzzeitig entführt worden war.

Im Oktober 2010 sprach Vorverhandlungsrichter Carlo Busato im verkürzten Verfahren ein Urteil gegen sechs Mitglieder des Motorradclubs.

Der 40-jährige Edwin Zippl aus Rodeneck und der 31-jährige Bozner Daniel Geppert erhielten die höchste Strafe: Viereinhalb Jahre Haft wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke der Schutzgelderpressung, Entführung und des Drogenhandels. Ein weiterer Rocker, der wegen dieser Delikte angeklagt war, Stefan Innerbichler, 35, war wenige Wochen vor dem Urteilsspruch mit seiner Harley Davidson tödlich verunglückt.

Zu zwei Jahren Haft verurteilte Richter Busato den Angeklagten Roman Tutzer aus Welschnofen, 34, Elmar Obermair, 38, aus dem Ahrntal, erhielt eine Haftstrafe von 18 Monaten. Zu je einem Jahr Haft wurden der Eppaner Markus Dorfmann, 31, und Bernhard Neumair aus Gais verurteilt.

Das Oberlandesgericht bestätigte 2014 ein Großteil der Urteile, es gab aber Haft-Reduzierungen: Die Strafe von Chapter-Chef Edwin Zippl wurde auf vier Jahre und vier Monate Haft herabgesetzt, jene von Kassier Daniel Geppert auf vier Jahre. Markus Dorfmann und Elmar Obermair erhielten jeweils einen Skonto von zwei Monaten Haft. Nachdem alle Strafen unter vier Jahren liegen und die Verurteilten zum Teil mehrere Monate in U-Haft verbracht haben, ist davon auszugehen, dass keiner von ihnen nach den neuen Gesetzen ins Gefängnis muss.

Das Interessante am nun ergangenen Urteil der Kassation:

Die kriminelle Vereinigung, bestehend aus Zippl, Geppert und dem verstorbenen Stefan Innerbichler, hält einer Prüfung durch die letzte Instanz stand. Ein Novum in der italienischen Rechtssprechung, denn erstmals wurde diese Einstufung für einen Rockerclub bestätigt.

„Zur Erfüllung des Tatbestandes der kriminellen Bandenbildung wird keine feste Organisation benötigt, es reicht die Bildung einer Struktur, die auch vor der Entwicklung der kriminellen Idee existiert hat“, heißt es im Urteil der römischen Höchstrichter. Der Hell’s Angels Motor Club Bozen, vorgeblich an großzylindrigen Motorrädern interessiert, habe „eine Reihe von kriminellen Aktivitäten vorbereitet“ – und zwar in Gestalt einer „paramilitärischen“ Organisationsstruktur“ zu der auch der Gebrauch von Waffen gehört habe. Bezeugt durch zahlreiche Aussagen von damaligen und früheren Mitgliedern des Chapters.

Das reicht, so schreibt Davigo, die Bozner Gruppe als kriminelle Vereinigung einzustufen. Inzwischen ist der Hell’s Angels Motor Club Bozen ohnehin aufgelöst worden und die Frage ist müßig, ob sich jemand bei einem Beitritt automatisch strafbar machen würde. Es geht um die „kriminelle Idee“.

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