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Zuckerle aus Trient

Zuckerle aus Trient

Kilometergeld, Mittagessen und Übernachtungen mit Frühstück: Südtirols Abgeordnete erhalten vom Regionalrat bis zu 750 Euro im Monat an Spesenrückerstattung. Welche Politiker die Gelder in Anspruch nehmen – und welche darauf verzichten.

Von Matthias Kofler

Abgeordneter zum Regionalrat müsste man sein: Während die meisten Bürger mit ihrem Gehalt nur mit Mühe über die Runden kommen, gönnen sich die Volksvertreter weiterhin üppige Aufwandsentschädigungen. So stehen jedem Abgeordneten neben einem Netto-Monatsgehalt von 5.435 Euro weitere 1.450 Euro netto pro Monat als Spesenrückerstattung für die Ausübung des Mandats zur Verfügung.

Dieses „Spesengeld“ setzt sich aus zwei Bereichen zusammen: Zum einen wird jedem Abgeordneten ein monatlicher Pauschalbetrag in Höhe von 700 Euro aufs Konto überwiesenen. Zudem darf sich jeder Volksvertreter über einen jährlich ausbezahlten Betrag von bis zu 750 Euro netto im Monat freuen, der ihm für „besondere Ausgabenkategorien“ zur Verfügung steht.

Im Gegensatz zur Pauschale müssen diese Spesen aber belegt werden.

Unter die zweite Kategorie fallen das Kilometergeld in Höhe von 0,60 Euro pro Kilometer, Mahlzeiten bis zu einem Höchstbetrag von 90 Euro täglich sowie Übernachtungen mit Frühstück von täglich 220 Euro.

Doch wer nimmt dieses Geld tatsächlich in Anspruch?

Chiara Avanzo macht die Zahlen öffentlich: Die Regionalratspräsidentin veröffentlich sämtliche Spesenabrechnungen, welche die Abgeordneten seit Legislaturbeginn in Anspruch genommen haben.

Dabei fällt sofort das Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Abgeordneten ins Auge: Eine Reihe von Politikern hat sich überhaupt keine Ausgaben von der Region rückerstatten lassen. Andere wiederum kommen auf stattliche Summen, die sie sich zur Deckung ihrer Ausgaben auszahlen haben lassen.

Der Spitzenreiter bei der Spesenrückerstattung ist Alessandro Urzì. Der Abgeordnete von Alto Adige nel Cuore hat sich in den vergangenen zwei Jahren Ausgaben im Wert von 16.000 Euro rückerstatten lassen. Für Urzì ist das aber nicht verwunderlich: Die Zahlen seien ein Produktivitätsindex. „Wer viel arbeitet, der hat auch hohe Ausgaben. Wer ständig zu Hause ist und nur einmal im Monat zu den Regionalratssitzungen fährt, braucht hingegen kein Kilometergeld.“

Urzì listet auch auf, wofür er das Geld ausgegeben hat: für die Teilnahme an Demonstrationen, Bürgergespräche, die Fahrt nach Rom zur Staatspräsidentenwahl im Januar – und für einen Deutschkurs.

Auch Maria Hochgruber Kuenzer ist auskunftsfreudig, wenn es um ihre Spesenrückerstattung geht. Die SVP-Abgeordnete hat rund 14.000 Euro ausgegeben – „allerdings ausschließlich für Fahrten von meinem Heimatdorf St. Georgen zu Sprechstunden, Veranstaltungen und anderen Terminen, die ich als Abgeordnete wahrnehme“.

Und für einen Italienischkurs.

Maria Hochgruber Kuenzer ist ständig für ihren Beruf unterwegs. Ihr VW Golf, Baujahr 2009 hat mittlerweile 300.000 Kilometer auf dem Buckel. Zu den Sitzungen des Regionalrats reist sie aber in der Regel mit Landesrätin Waltraud Deeg oder den Pusterer Abgeordneten Albert Wurzer und Christian Tschurtschenthaler an. „Wir haben eine Fahrgemeinschaft“, so die SVP-Politikerin.

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Doch es gibt auch Abgeordnete, die ganz auf das Geld aus Trient verzichten.

Zu den Bescheidenen gehören Paul Köllensperger vom Movimento 5 Stelle, die Grünen Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba und Brigitte Foppa (je 0 Euro) und PD-Fraktionschef Roberto Bizzo (77 Euro). „Es muss jeder Abgeordnete mit sich selbst ausmachen, ob er dieses Spesengeld voll ausnützt“, sagt Brigitte Foppa. Sie selbst habe sich einige Fahrten rückerstatten lassen – allerdings vom Landtag. „Wir Grüne sind aber meistens im Zug oder in einer Fahrgemeinschaft unterwegs.“

Auch Bernhard Zimmerhofer hat sich keinen Cent von der Region rückerstatten lassen: „Ich bin der Meinung, dass sich die Politiker bei den Ausgaben zurückhalten sollen“, sagt der Abgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit. Sein Verzicht auf eine Spesenrückerstattung sei als ein „kleines Zeichen“ zu verstehen. „Die Bürger sollen sehen, dass nicht nur sie sparen müssen, sondern auch die Politiker den Gürtel enger schnallen.“

Die Süd-Tiroler Freiheit und die Freiheitlichen machen sich lautstark für die Abschaffung der Region stark: Wenn es aber um die Gelder aus Trient geht, sagen Eva Klotz (3.073 Euro), Sven Knoll (4.466 Euro), Walter Blaas (9.749 Euro) und Pius Leitner (11.485 Euro) nicht Danke. Anders Bernhard Zimmerhofer: „Am meisten würden wir sparen, wenn wir die Region endlich auflösen.“

In dieselbe Kerbe schlägt Ulli Mair von den Freiheitlichen. Auch sie verzichtet auf das Kilometergeld vonseiten der Region: „Erstens bin ich beruflich nicht mehr so viel unterwegs wie in der Vergangenheit, und private Fahrten rechne ich nicht ab“, stellt die Abgeordnete klar. „Und zweitens hat für mich diese Region keinen Sinn mehr – und deshalb interessiert mich auch das Geld aus Trient nicht.“

Jedenfalls, so sagt Ulli Mair weiter, habe ihr Verzicht auf die Spesenrückerstattung nichts mit den Ermittlungen zu den Fraktionsgeldern gegen sie zu tun. Sie habe kein einziges Dokument zu den Fraktionsgeldern der Freiheitlichen unterschrieben – die Ermittlungen gegen sie seien deshalb „reine Böswilligkeit der Finanzpolizei“.

Übrigens: Der einzige einfache SVP-Abgeordnete, der sich keine Spesen rückerstatten hat lassen, ist Fraktionschef Dieter Steger. Maria Hochgruber Kuenzer erklärt: „Der ist aber meistens mit dem Fahrrad unterwegs.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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