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Der Faschist

Der Faschist

Er hat mit seinem Einzug in den Bozner Gemeinderat die extreme Rechte salonfähig gemacht. Er sagt stolz heraus, was sich viele Italiener nicht zu sagen trauen, obwohl sie es sind. Andrea Bonazza.

„Ich bin Faschist, warum nicht? Da ist nichts Schlimmes dabei!“ Mit dieser Aussage bei der bekannten Sendung „La Zanzara“ auf Radio 24 nach seiner Wahl in den Bozner Gemeinderat hat Andrea Bonazza wieder einmal auf sich aufmerksam gemacht.

Wie so oft unangenehm, aber er weiß, wie er die Aufmerksamkeit auf sich lenken kann, er ist ein geborener Provokateur, dem es gefällt, mit einer auch derben Sprache seine politischen Gegner lächerlich zu machen. Er steht zum Faschismus, den er verherrlicht und als eine gute Zeit für Italien sieht.

Gesetze und Strukturen hätten während des Faschismus sicherlich besser funktioniert als die Dummheiten, die heute gemacht werden und Italien würde heute unter Mussolini sicherlich besser dastehen. Er hat natürlich eine Büste des Duce in seiner Wohnung, er hegt auch Sympathien für Adolf Hitler, der für das Volk der deutschen Arbeiter sicherlich viele positive Dinge gemacht habe, den Volkswagen, zum Beispiel.

„Und dann war er ja auch Vegetarier, wie ich.“ Matteo Renzi? Eine testa di cazzo, ein Peniskopf. Klarer als so.

Andrea Bonazza ist mittlerweile der bekannteste Exponent der rechtsextremen Bozner Szene, die ja sehr stark ist, so stark, dass sie den Mut hatte, sich bei der Gemeinderatswahl zählen zu lassen.

Als Bürgermeisterkandidaten unterstützte Casa Pound Italia, das war der Name der Liste, auf der Bonazza kandidierte, den Kurzzeitbürgermeister Ivan Benussi, der als Bürgermeister des Popolo della Libertá sanft war wie ein Schäflein, nun aber wieder seine faschistische und rechtsextreme Seite hervorgekehrt hat, war also ein Wolf im Schafspelz.

Wie so viele Italiener in dieser Stadt. Ach, wie war es erfreulich anzuhören, wie sich im Laufe der Jahre fast alle Ex-Faschisten des Movimento sociale und später von Alleanza Nazionale zu Freunden der Autonomie gemausert hatten. Wer die Autonomie abschaffen wollte, bekannte sich plötzlich dazu, ja man sah sogar ein, dass der Faschismus mit den Deutschen nicht gerecht umgegangen ist.

Freilich, wenn es aber ums Siegesdenkmal geht, dann ist man wieder Faschist, stolz und überzeugt, weil der Sieg unser ist. Und nun, nachdem das ganze Mitterechtskonstrukt von Silvio Berlusconi, der Alleanza Nazionale erst richtig salonfähig gemacht, wieder beim Zerbröseln ist, landen sie wieder alle bei den Mikroparteien der extremen Rechten, die alle keine Scheu haben, sich als faschistisch zu bezeichnen. Nie hätte ich zum Beispiel gedacht, dass Mauro Minniti, einst vernünftiger Landtagspräsident, wieder Faschist wird.

Andrea Bonazza hat im Gegensatz zu den verschleierten Faschisten aber immer mit offenen Karten gespielt, das muss man ihm zugute halten. Casa Pound sieht sich als rechte Speerspitze, sie bezeichnen sich als die Faschisten des dritten Jahrtausends, sie führen einen Kulturkampf gegen den Kapitalismus, preisen den Faschismus als Lebensstil an.

Die Werte der Moderne und der Aufklärung werden bekämpft, sie besetzen auch linke Themen und Che Guevara und Jack Kerouac gehören zu ihren Vorbildern. Ihre Sozialpolitik, besser Sozialutopie ist aber vom Namensgeber, den Dichter Ezra Pound bestimmt. Nach ihm ist auch der erste Sitz der Bewegung, ein besetztes Haus in Rom, benannt.

Von den Linken als antisemitisch, antiamerikanisch und rassistisch eingestuft, als Anhänger von Mussolini, wird Pound von der Kultur als großer Dichter und Denker gefeiert, seine Cantos gelten als herausragendes Werk der Moderne. Seine Tochter Mary de Rachewiltz hütet auf Schloss Brunnenburg in Meran das Erbe des großen Geistes und ist sehr verärgert über den Missbrauch, den die Faschisten mit ihrem Vater treiben.

Sie hat mit ihrem Sohn Siegfried de Rachewiltz geklagt, um die Verwendung des Namens für eine faschistische Partei verbieten zu lassen. Was wollen die, sagen die Casa Pound – Leute, er war ja ein Faschist, basta. Was die Tochter, die ihr Leben dem Werke Pounds gewidmet hat, negiert.

Andrea Bonazza hat die radikale Rechte salonfähig gemacht, er führt die neue Rechte an, er hat die meisten Vorzugsstimmen erhalten. Er ist der rechte Star, weil er sehr aktiv ist. Er ist Bandleader, Wirt, seine Leute sind im Sozialen tätig, sie haben eine Studentenvereinigung, Blocco Studentesco, eine Dritte-Welt- Gruppe, einen Buchladen.

Sie sind in den Volkswohnvierteln aktiv, im Gegensatz zur Linken, die eingeschlafen ist und nur mehr Posten schachert. Er ist selbstsicher, unerschrocken, Klagen schrecken ihn nicht ab. Er ist redegewaltig, bedient sich einer direkten, rüden und kruden Sprache, er spricht wie die Jungen reden, cazzo, und von der „political correctness“ hält er gar nichts. Mit seinem Einzug in den Bozner Gemeinderat ist er auch ein nationaler Star geworden.

Bozen ist wieder rechts. 31,7 Prozent haben bei den Gemeindewahlen rechts gewählt. Die vereinte Linke kommt auf 28,1. Schwarzes Bozen!

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