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Ebners Kriegserklärung

Ebners Kriegserklärung

Michl Ebner wirft das Land überraschend aus der Brennercom. Der Streit zwischen dem Landeshauptmann und dem Athesia-Chef eskaliert.

Von Matthias Kofler

Das Entsetzen war groß, als um 17:19 Uhr die Pressemitteilung in den Südtiroler Redaktionen eintraf. Die „Communication Managerin“ der Brennercom Ulrike Gamper verkündet darin in großen Lettern: „Brennercom: Beteiligung des Landes erloschen.“

Ein bekannter Bozner Wirtschaftsberater sagt: „Ich stelle fest, dass der Handelskammerpräsident das Land aus der Brennercom hinauswirft.“ Selfin-Präsident Sebastian Helfer kommentiert: „Es ist bedauerlich, wenn diese Problematik nun über die Anwälte geklärt werden muss.“

„Ospele“, sagt Gemeindenverbandspräsident Andreas Schatzer. „Da überraschen Sie mich mit einer Neuigkeit. Darüber ist nie gesprochen worden.“ Autobahn-Präsident Walter Pardatscher erklärt, dass bei der Aktionärsversammlung vor einer Woche über eine solche Option nicht gesprochen worden sei. Karl Zeller spricht von einer „Kriegserklärung“. „Ich dachte ja zunächst, das sei ein Scherz – aber offenbar schlägt das Imperium jetzt zurück.“

Was ist passiert?

Nach den Enthüllungen der TAGESZEITUNG über den Konflikt zwischen Arno Kompatscher und dem Hause Athesia kommt es nun Schlag auf Schlag. Zunächst hatte Michl Ebner in einem persönlichen Schreiben an den Landeshauptmann mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte dieser bei seiner Haltung bleiben – und die Übernahme der Aktienmehrheit durch die Athesia verhindern.

Auf der Aktionärsversammlung am vorvergangenen Donnerstag wiederholte Ebner seine Drohung.

Der Auslöser für diesen Affront war ein von der TAGESZEITUNG aufgedeckter Anti-Athesia-Passus, den Arno Kompatscher überraschend in der Gesetzgebungskommission präsentiert hatte.

Dieser Artikel 10 ermöglicht es dem Land, sich mit den Kleinaktionären in der Brennercom – sprich mit Selfin, Stadtwerke Brixen und Brennerautobahn – zu einer gemeinsamen Newco-Gesellschaft zusammenzuschließen. Damit hätte die Athesia, die 48,34 Prozent der Aktien hält, keine Möglichkeit mehr, die Brennercom zu übernehmen.

Der Plan des Landeshauptmanns: Das Land will der Brennercom die Infrastruktur für das Glasfasernetz abkaufen. Das Glasfasernetz müsse öffentlich bleiben und dürfe nicht in die Hände von Privaten gelangen, so das Credo von Kompatscher.

Doch Michl Ebner scheint nun endgültig der Geduldsfaden gerissen zu sein.
In der Sitzung des Verwaltungsrats am Freitag kam es zu einem echten Paukenschlag: Der Verwaltungsrat hat entschieden, dass die Beteiligung des Landes an der Brennercom „kraft Gesetz erloschen“ sei.

In der Aussendung der Brennercom heißt es: „In seiner heutigen Sitzung befasste sich der Verwaltungsrat mit der Anwendung des Gesetzes Nr. 147/2013. Nach eingehender Diskussion wird festgestellt, dass die Beteiligung des Landes an der Brennercom AG Kraft Gesetz erloschen ist. Der Wert der Aktie wurde, nach Anhörung des Aufsichtsrates, auf 764,27 Euro festgelegt. Der Wert des gesamten Aktienpaketes von 19.483 Aktien der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol beläuft sich somit auf 14.890.000 Euro.“

Zur Information: Im fünfköpfigen Verwaltungsrat haben die Privaten die Mehrheit. Dort sitzen Ferdinand Willeit (Präsident), Karl Manfredi (Vertreter des Unternehmens), Paulina Schwarz (vertritt das Land), Valentino Pagani (vertritt das Land) – und: Michl Ebner.

Der Verwaltungsrat beruft sich bei seiner Entscheidung auf das staatliche Haushaltsgesetz von 2007. Dieses sieht vor, dass alle Institutionen der öffentlichen Verwaltungen – sprich Staat, Land und Gemeinden – ihre Gesellschaftsbeteiligungen bis spätestens Ende 2014 abstoßen müssen. Diesen Schritt hat der Verwaltungsrat mit seiner Entscheidung nun gesetzt.
Das Verhalten des Verwaltungsrats erscheint also auf den ersten Blick nachvollziehbar.

Doch dieser Eindruck täuscht. Der Rechtsanwalt Karl Zeller erklärt gegenüber der TAGESZEITUNG: „Das Land muss den Beschluss des Verwaltungsrats sofort vor Gericht anfechten und per Dringlichkeitsbeschluss eine Annullierung desselben erwirken.“

Der Beschluss ist aus mehrerlei Hinsicht anfechtbar: Zum einen bezieht sich das vom Verwaltungsrat zitierte Stabilitätsgesetz nur auf Beteiligungen, die „keinen institutionellen Zweck erfüllen“. Davon kann im Falle der Brennercom aber nicht die Rede sein.

Zweitens hat das Land bereits im Jahr 2007 ein eigenes Gesetz verabschiedet, das die Veräußerung von Aktien vorsieht. Auch das Landesgesetz Nr. 12 sprich hier nur von Aktien ohne institutionellen Zweck. Und: Es sieht keine Zwangsliquidierung vor.

Das entsprechende Landesgesetz wurde bereits 2011 vom Verfassungsgericht überprüft und für verfassungskonform erklärt.

Mit seinem Beschluss hat der Verwaltungsrat gegen das Landesgesetz verstoßen. Karl Zeller: „Stellen Sie sich vor, der Staat würde seine Anteile an der Eni oder an der Enel abstoßen müssen? Kein Verwaltungsrat der Welt würde so entscheiden. Aber in Südtirol ticken die Uhren offensichtlich anders.“

Das Land wird neben der Annullierung des Beschlusses wohl noch eine zweite Option ziehen: In der Aktionärsversammlung, wo die öffentliche Hand die Mehrheit hält, könnte der Verwaltungsrat aufgelöst werden. Damit wäre auch sein Beschluss nichtig.

Den jetzigen Mitgliedern droht darüber hinaus ein Strafverfahren wegen Schädigung des öffentlichen Interesses.

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