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„Schwerer Schaden“

Bei der Erhebung des Schuldenstandes der Baufirma ZH wird ein prominenter Gläubiger nicht zugelassen: Der Bozner Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager, bis zum Konkurs Aufsichtsrats-Chef des Unternehmens. Mit geharnischter richterlicher Begründung.

Von Thomas Vikoler

Den Konkurs einer Firma mit 80 Millionen Schulden abzuwickeln, ist keine einfache Aufgabe. Die Bozner Konkursrichterin Francesca Bortolotti ist seit dem 17. Dezember 2013 damit beschäftigt, als sie den Tauferer Bauriesen ZH für zahlungsunfähig erklärte. 600 Gläubiger-Anträge hat Bortolotti inzwischen geprüft, weiter 300 bis 400 dürften folgen.

Und dann startet am 22. Juni die Online-Versteigerung von 3.668 Objekten aus dem Firmenvermögen, das vom Münchner Auktionshaus Fritz Huber abgewickelt wird. Die Baumaschinen und Geräte aus der ZH-Insolvenz können von Interessierten in Hallen in Atzwang, Bruneck und Gais besichtigt werden.

Doch zurück zu den Gläubiger-Anträgen, bei denen Richterin Bortolotti sehr streng vorging. Zahlreiche Geldforderungen erkannte sie nicht an oder reduzierte sie. Firmen, die für ZH Dienstleistungen verrichtet hatten, müssen Ihre Inkasso-Aussichten nach unten korrigieren – falls für sie aus der Konkursmasse überhaupt etwas übrigbleibt.

Zu den Gläubigern gehören Großfirmen wie American Express (zwischen März und September tätigte ZH Zahlungen über die Kreditkartenfirma in der Höhe von 40.461 Euro) Etschwerke Trading (245.000 Euro Guthaben, zugelassen) und etliche Südtiroler Handwerker-Firmen.

Insgesamt ließ Richterin Bortolotti Ende April 2.397.248 Euro an privilegierten Forderungen zu und 7.642.039 Euro an nicht-privilegierten. Ausgeschlossen wurden hingegen Forderungen in der Höhe von stattlichen 9.901.091 Euro.

Die Gläubiger hatten insgesamt Anträge über gut 20 Millionen Euro gestellt.

Die Großforderungen, speziell jene der Gläubiger-Banken, folgen erst.

In der ersten Verfügung von Richterin Bortolotti sticht eines hervor: Die Härte, mit der Antrag Nr. 603 abgeschmettert wird. Die darin erhobene Forderung beläuft sich auf 46.561 Euro und wurde vom Bozner Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager gestellt, u.a. bekannt als Statthalter der Signa-Holding von René Benko, die am Bozner Busbahnhofareal ein Großkaufhaus errichten will.

Hager war vom 4. April 2011 bis zum Konkurs Vorsitzender des Aufsichtsrates. Zuvor gehörte er für drei Amtsperioden – ab dem 30. November 2007 – diesem Gremium an. Ab 2011 saßen neben Hager auch Armin Tscholl und Hartmann Aichner im Aufsichtsrat der Baufirma ZH.

Bereits im Konkursurteil, das später vom Oberlandesgericht bestätigt wurde (bisher ist es nicht rechtskräftig), war auf schwerwiegende Mängel in der Arbeit des Aufsichtsrates hingewiesen worden.

David Covi, der Rechtsbeistand des früheren Aufsichtsrats-Chefs Hager, bemühte sich deshalb bei der Verhandlung am 28. April, die Konkursrichterin vom Gegenteil zu überzeugen. Gestützt auf eine schriftliche Stellungnahme, beharrte er auf die Zulassung der Forderung in der Höhe von 46.561 Euro – die Entgelte für die Tätigkeit Hagers als Aufsichtsrat von ZH.

Doch Anwalt Covi blitzte damit sowohl bei den drei Masseverwaltern Paolo Stocker, Danilo Galletti und Carlo Pagliughi als auch bei Richterin Bortolotti ab. In einer gleichlautenden geharnischten Begründung erklären sie, warum der Gläubiger-Antrag nicht zugelassen wird.

„Die Aufsichtsrats-Tätigkeit wurde in schwerer Verletzung der Bestimmungen und technischen Regeln des Arbeitsgebiets verrichtet und ist dazu geeignet, eine Nicht-Erfüllung und eine Auflösung des Auftragsverhältnisses zu begründen“, heißt es da. Dadurch sei ein schwerer Schaden für die Gesellschaft und die Gläubiger entstanden, der – im Falle Hagers – weit über den geforderten 46.561 Euro liege. Die Honorare für die Aufsichtsräte seien zudem, angesichts der wirtschaftlich schwierigen Situation von ZH, „unverhältnismäßig hoch“ gewesen.

Masseverwalter und Konkursrichterin werfen dem Aufsichtsrat „unterlassene Kontrolle“ der Tätigkeit des Verwaltungsrates vor, auch bei der Bewertung des Aktivvermögens und der Abrechnungen auf den Baustellen und verschiedenen finanziellen Operationen (die Ausschreibung Astoria Cavi, der Kauf von Quoten bei einem Fonds namens Pegasus, der Kauf eines Kredits zur Finanzierung der Villa Eden in Gardone). Die Aufsichtsräte hätten, so heißt es in der Verfügung, spätestens 2012, möglicherweise zwei Jahre früher, eingreifen müssen, um den Vermögensverlust von ZH zu bremsen.

Was sie offenbar nicht taten.

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