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Gottliebs Bewerbung

Antholz muss die Bewerbung für die Biathlon-Weltmeisterschaft 2021 bald vorbereiten. Aber geht das mit einem Präsidenten, der unter Doping-Verdacht steht?

von Silke Hinterwaldner

Im Jänner 2019 hätte sich Antholz eine Weltmeisterschaft gewünscht. Dafür hatte man rund 100.000 Euro ausgegeben und ein schönes Konzept ausgearbeitet, schließlich wartet man schon lange darauf, sich endlich wieder bewerben zu können.

Antholz wartete guten Mutes auf die Entscheidung, schließlich wird der Austragungsort in Südtirol immer als der schönste und beste im Biathlon-Zirkus gelobt.

Dann kam die Ernüchterung: Antholz schied bereits im ersten Wahlgang aus. Wie konnte das passieren? „So etwas kommt vor“, erklärt Thomas Schuster, Bürgermeister von Rasen Antholz, „heutzutage ist das alles kein Selbstläufer mehr. Man muss im internationalen Wettstreit bestehen.“ Auch andere mussten sich öfters bewerben, um schließlich den Zuschlag zu bekommen.

Aber bei der Konferenz in St. Wolfgang nahe Salzburg, bei der die WM vergeben wurde, munkelte man ganz anderes hinter vorgehaltener Hand. Schon damals, im September 2014, sollen einige gewusst haben, dass Gottlieb Taschler, Präsident des Biathlon-Komitees in Antholz, unter Dopingverdacht stehe.

Wenig später platzte dann die Bombe. Mittlerweile ist Taschler in das Ermittlungsregister eingetragen. Ihm wird vorgeworfen, für seinen Sohn Daniel eine Doping-Kur organisiert zu haben. Das Verfahren läuft.

In der Folge ist Taschler als Vizepräsident des Biathlon-Weltverbandes IBU zurückgetreten. Aber an der Spitze des Biathlon-Komitees in Antholz bleibt er offenbar unangefochten. Ob das gut ist?

Derweil laufen neben dem Gerichtsverfahren noch einige andere Verfahren, die für die Südtiroler Sportwelt wichtig sind. Die Vorbereitungen für die nächste WM, die zu vergeben ist, werden bald anlaufen. Für 2021 wird sich Antholz wieder bewerben, schließlich ist so eine Weltmeisterschaft eine große Sache und die Chancen für Antholz stehen nicht schlecht – theoretisch zumindest.

Die Frage ist nur: Ist es schlau, sich mit einem Mann an der Spitze zu bewerben, der immer noch unter Dopingverdacht steht? Keiner weiß, wie lange das Gerichtsverfahren gegen Taschler noch dauert, kaum jemand weiß, ob er tatsächlich unschuldig ist, wie er selbst beteuert.

„Auf dem internationalen Biathlon-Parkett“, sagt ein Insider, „schüttelt jeder den Kopf, wenn er hört, dass Taschler tatsächlich ganz vorne mitmischen will.“ Die Leute wollen schließlich nicht mit Doping in Verbindung gebracht werden. Für eine Destination wie Antlolz steht genauso der gute Ruf auf dem Spiel wie für Gottlieb Taschler selbst.

Aber in Antholz ist und bleibt er der König des Biathlon. Schließlich hat Taschler maßgeblich dazu beigetragen, dass Antholz ist, was es heute ist. Er motiviert jedes Jahr hunderte von Freiwillige, die beim Weltcup helfen, und die freiwilligen Helfer werden gut behandelt, bekommen immer wieder kleine Geschenke. Den allermeisten Antholzern gefällt der Biathlon-Zirkus. Und sie mögen Gottlieb Taschler.

Auch deshalb steht er unangefochten an der Spitze des Biathlon-Komitees, das die Veranstaltung in der Südtirol Arena organisiert. Der Präsident wird von den Mitgliedern gewählt und in der Versammlung hat offenbar niemand den Rücktritt von Taschler verlangt. Taschler selbst hat diesen wohl auch nicht angeboten.

Aber langsam machen sich manche doch Sorgen. Was, wenn die IBU das Ansuchen der Antholzer wieder abgelehnt, nur weil immer noch der Doping-Verdacht herumgeistert?

Immerhin kostet die neuerliche Bewerbung wieder rund 70.000 Euro. Geld, das zum Großteil aus dem Landestopf kommt. Deshalb die Frage an Sportlandesrätin Martha Stocker: Darf Gottlieb Taschler bleiben? „Wir müssen das alles noch mit ihm selbst klären“, sagt sie, „und das werden wir auch ganz bestimmt tun.“ Die Bewerbung von Antholz für die nächste Biathlon-WM sei grundsätzlich unabhängig von der Person Taschler zu sehen – aber diese beiden Dinge lassen sich bei der IBU genauso wenig wie in Antholz selbst voneinander trennen. Taschler selbst war übrigens gestern nicht telefonisch zu erreichen.

Bürgermeister Thomas Schuster will sich nicht drängen lassen. „Wir haben noch Zeit“, sagt er. Er weiß natürlich, dass seine Gemeinde das Aushängeschild für Südtirol in Sachen Großveranstaltungen ist. Umso wichtiger ist es jetzt, auf das richtige Pferd zu setzen.

 

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