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„Preußische Sturheit“

In Trient haben sich am Montag die „Freunde der Kleinspitäler“ getroffen. Mit dabei war auch Florian Kronbichler. Der meint: Demokratie beginne in den Geburtenabteilungen. Und: Die Abteilungen seien noch zu retten.

Das Treffen in Trient war bereits seit Wochen geplant gewesen.

Am Montag kamen die „Freunde der Kleinspital-Geburtenabteilungen“ des italienische Alpenbogens zusammen:  Sterzing, Schlanders, Innichen aus Südtirol; Cavalese, Cles, Tione, Arco aus dem Trentino; Pieve di Cadore, Agordo, Asiago aus dem Veneto; Landspitalsgemeinden aus der Lombardai, dem Piemont sowie dem Friaul. Gekommen waren Parlamentarier, Bürgermeister, Sanitätsverwalter und Ärzte.

Und mit dabei war auch Florian Kronbichler.

Der Parlamentarier berichtet und kommentiert:

„Unsere Kleinspitäler sind noch lang nicht am Ende. Ihre Geburtenabteilungen auch nicht. Denn von wegen klein: Wir Südtiroler sind lang nicht die Kleinsten. Und was die ,gesetzlichen Standards‘ anlangt: das klassische Problem: Südtirol will italienische Gesetze mit preußischer Sturheit anwenden. Und macht Konfusion.
Das Treffen in Trient – ein hoffnungsstiftendes Treffen! Es ging um Rechte der Menschen abseits der Zentren, um Qualität gesundheitlicher Versorgung, und die berüchtigten Standards, die von den Kleinen angeblich nicht zu erbringen sind. Besonders aufschlussreich: der Vortrag des Sterzinger Primars Franz Ploner, jenes Primars, dem von seiner Sanitätsbetriebsleitung mit Disziplinarstrafen gedroht wird, weil er sich erlaubt hat, auf eigene Initiative und Kosten ein Rechtsgutachten einzuholen darüber, was nun wirklich Recht und Sache sei mit unseren Klein-Geburtenabteilungen.
So detailliert, so klar und so einleuchtend wie von Prof. Ploner habe ich die Lage der Spitäler wie Sterzing, Innichen oder Schlanders noch von keinem dargelegt bekommen. Wieviele Ärzte für wie viele Geburten, wie viele Hebammen, Kaiserschnitte, Kosten, und alles im regionalen und internationalen Vergleich: Südtirol, Trentino, Gesamtitalien, Nord-, Süditalien; Deutschland, Österreich, Schweiz, Schweden. Was herauskommt: Italien hat die höchsten Anforderungsstandards, Schweden hat überhaupt keine. Lässiger als in Italien ist es überall (was die Gesetzeslage anlangt), schlechter funktionieren tut es deswegen nicht.
Beeindruckend, wie Ärzte, aber auch Verwalter der Reihe nach die Argumente zerpflückten, mit denen Landesrätin Stocker und ihre Prätorianer vorgeben, die peripheren Geburtenabteilungen schließen zu müssen.
Was aus Südtiroler Sicht Mut machen muss: Alle anderen Alpin-Regionen Italien, das Trentino eingeschlossen, haben mehr Klein-Geburtenabteilungen für viel weniger Geburten. Da gibt’s Abteilungen mit weniger 100 Geburten im Jahr. Sterzing hat beinahe 500. Und sie sind keineswegs so in Panik wie die Südtiroler. Erhellend waren die Beispiele, wie sie sich zu helfen wissen. Wie man sich aushilft zwischen Pieve di Cadore, Agordo und Asiago oder zwischen kleinen lombardischen Krankenhäusern an der Grenze zur Schweiz. Phantasie und Flexibilität scheinen keine Südtiroler Sondertugend zu sein.
Nach dem Treffen von Trient zu urteilen: Die „punti nascita“ der Bergspitäer haben tapfere, kampfeslustige Verteidiger. Der Sanitätsverwalter von Domodossola im Piemont hat von seinem 20jährigen Kampf ums Überleben seiner Geburtenabteilung erzählt: Das nächste Provinzkrankenhaus (Novara) liegt 100 km weg. 8 Autogeburten unterwegs hat es in dieser Zeit gegeben. Die Spitalskämpfer haben auch schon das Rathaus besetzt. Eine Besetzerin hat ihr Kind dort zur Welt gebracht. Todesfall hat es in der Geburtenabteilung von Domodossola die letzten 20 Jahre keinen gegeben.
Ja ja, der Kampf ums Überleben der Geburtenabteilungen ist ein Kampf um Leben in den betroffenen Gebieten. Der Sterzinger Bürgermeister Fritz Karl Messner, selber von neuen Lebensgeistern erfasst, gab die Losung aus: Die Demokratie beginnt in der Geburtenabteilung.“

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