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Gefährliches Aluminium

Close up of woman applying deodorant on underarmMacht Aluminium krank? Das Leichtmetall ist heute in Kosmetikprodukten, Medikamenten und Lebensmitteln zu finden. Bert Ehgartner, österreichischer Autor und Filmemacher, über die unterschätzten gesundheitlichen Folgen.

TAGESZEITUNG Online: Herr Ehgartner, wie gefährlich ist Aluminium für die Gesundheit?

Bert Ehgartner: Aluminium ist eine der unterschätztesten Gesundheitsgefahren. Über das Problem wird bereits mehr als drei Jahrzehnte diskutiert. In den 70er-Jahren ist weltweit das Phänomen der Dialyse-Demenz aufgetreten, das man sich nicht erklären konnte. Auf Dialyse-Stationen sind damals speziell junge und grundsätzlich gesunde Menschen innerhalb kurzer Zeit dement geworden. Als Auslöser hat man schließlich neue Medikamente identifiziert, die eine hohe Dosis an Aluminium enthielten.

Was genau macht Aluminium so gefährlich?

Aluminium unterscheidet sich ganz extrem von dem, was wir eigentlich in der Erde haben. Weil es das häufigste Metall der Erde ist, schließt man darauf, dass es ungefährlich sein muss. Der Denkfehler dabei ist aber, dass das Element im Granit, Schiefer oder Lehn nicht mit dem Aluminium vergleichbar ist, das herausgelöst wurde.

Wie meinen Sie das?

Das Metall wird mithilfe einer Unmenge an Strom und Chemie aus der Erde geholt und verändert sich daher. Im Laufe der Evolution war das Leben praktisch nie mit diesem Aluminium konfrontiert. Es blieb aus guten Gründen im Boden gefangen. Seit dem Zweiten Weltkrieg, als die Industrie von Eisen auf Aluminium umstellte, wird das Leichtmetall in allen Bereichen ausprobiert und eingesetzt. Wissenschaftler sprechen gar vom Zeitalter des Aluminiums.

Wo stoßen wir im täglichen leben auf Aluminium?

In Kosmetikprodukten findet man um die 40 verschiedenen Alu-Verbindungen für die verschiedensten Funktionen. Auch in Deos befindet sich Aluminium, um die Schweißmenge zu reduzieren. Das Metall ist derart reaktionsfreudig, dass es sich für alle möglichen chemischen Zwecke sehr gut eignet.

Auch bei Medikamenten?

Ja, auch in Medikamenten ist trotz der Problematik mit der Dialyse-Demenz immer noch Aluminium in hohen Dosen enthalten. So etwa in rezeptfreien Arzneimitteln gegen Sodbrennen. Man sagt, bei einer gesunden Niere würde das Metall wieder ausgeschieden. Problematisch sei es nur für Nierenkranke. Doch nicht jeder weiß ganz genau, ob er eine Nierenschwäche hat. Im Kleingedruckten steht dann, man darf die Arznei nicht über Monate verwenden, weil man sich sonst eine Alu-Vergiftung zuziehen kann. Aber wer liest schon das Kleingedruckte...

Welche Krankheiten kann Aluminium auslösen?

Bei Brustkrebs gibt es einige Hinweise, dass Aluminium ein Verursacher ist. Eine historische Arbeit hat gezeigt, dass vor Einführung von Deos 30 Prozent der Tumoren im Bereich neben der Achselhöhle aufgetreten sind. Nach den 70ern ist dieser Wert bis heute auf 59 Prozent gestiegen. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass Aluminium Zellschäden verursacht. Auch Asthma und Allergien kann durch Aluminium ausgelöst werden. Und bei Alzheimer-Kranken hat man im Gehirn erhöhte Aluminium-Konzentrationen gefunden. Man kennt heute rund 15 Krankheiten, die stark mit Aluminium assoziiert werden. Man sucht immer nach einem Umweltfaktor für die Zunahme der Krankheiten in den letzten Jahrzehnten. Aluminium könnte dieser Faktor sein.

Und warum darf trotzdem so viel Aluminium in Produkten verwendet werden?

Weil es zu schwierig ist, einen wissenschaftlichen Nachweis zu bringen, dass Aluminium tatsächlich Auswirkungen auf diese Dinge hat.

Woran scheitert es?

In den 80er-Jahren gab es die große Diskussion über Aluminium und Alzheimer, aber es wurde – und das habe ich mithilfe von Experten sehr ausführlich recherchiert – massiv Geld eingesetzt, um den Ruf des Aluminiums zu retten. Die Lobby-Arbeit ist zu vergleichen mit jener der Tabakindustrie 20 Jahre zuvor, als man mit Studien belegen wollte, dass Lungenkrebs und Rauchen nichts miteinander zu tun haben. Auch beim Aluminium sorgen die Pharma-, die Kosmetik- und die Lebensmittelindustrie, dass die Auswirkungen auf die Gesundheit nicht untersucht werden. Die Industrie gibt eben die Mode vor. Und wer Aluminium in einem kritischen Zusammenhang in einen Förderungsantrag schreibt, kann sich relativ sicher sein, dass er nicht bewilligt wird.

Wie kann man sich vor den Alu-Fallen schützen?

Indem man die wichtigsten Aluminium-Quellen kennt und möglichst vermeidet. Man kann bei Medikamenten und Kosmetikprodukten das Kleingedruckte lesen und schauen, was drinnen ist. Vorbildlich, was Aluminium angeht, ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die im Sommer eine ganze Reihe von aluminiumhaltigen Zusatzstoffen in Lebensmitteln verboten hat. Leider gibt es bei aluminiumhaltigen Farbstoffen, die speziell bei Süßigkeiten eingesetzt werden, noch Schlupflöcher. Wenig fortschrittlich sind aber besonders die Arzneimittelagenturen und die Kosmetikindustrie. Da gibt es kaum Beschränkungen.

 

Interview: Heinrich Schwarz

 

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