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„Paradoxe Spesen“

Sicher kreditBargeld mit sich zu tragen, ist out. Auch kleine Eurobeträge werden mittlerweile mit Karte bezahlt. Am Ende zahlen dabei nicht nur die Betreiber, sondern auch die Kunden selbst drauf.

TAGESZEITUNG Online: Herr Amort, mit Bankomatkarte zu bezahlen gehört mittlerweile zum guten Ton…

Walter Amort: Es scheint schon fast so. Vor allem Kleider, Sportartikel und dergleichen wird nicht mehr oft in bar bezahlt. Es gibt sogar Tage an denen in den Kassen von Bekleidungsgeschäften kaum ein Euro in der Kasse ist, weil alle mit Karte bezahlen. Diese Entwicklung hat sich von Amerika aus über Europa verbreitet und ist in den letzten drei, vier Jahren hier zur Modeerscheinung geworden.

Wieso?

Das ist schwierig zu sagen. Es schein schick zu sein, verschiedene Karten in der Brieftasche zu haben. Natürlich hat es auch Vorteile für den Benutzer, die den Gebrauch von Bankomat– und Kreditkarten attraktiv machen, vor allem weil keine Kosten beim Bezahlen anfallen. Aber das täuscht: Unterm Strich muss der Kunde dennoch für das Bezahlen mit Karte mitaufkommen.

Wie meinen Sie das?

Walter Amort

Walter Amort

Für den Kunden fallen beim Bezahlen keine Kosten an, sehr wohl aber für den Betreiber. Hierbei handelt es sich am Ende doch um erhebliche Summen. Der Betreiber hat im ersten Moment den finanziellen Aufwand. Er versteuert dementsprechend auch das Produkt und so zahlt der Käufer nicht direkt, aber indirekt wieder für die Benutzung der Karte. Auch wenn nur kleine Summen mit Bankomatkarte bezahlt werden, fallen die Spesen an. Und zum Teil sind diese Kosten für den Betrieb wirklich heftig.

Die Betriebe müssen für das Geld, für das sie eigentlich arbeiten, bezahlen…

Das ist ziemlich paradox, ist aber leider so.

Wie hoch sind die Spesen für die Betriebe?

In Südtirol sind die Kosten durchschnittlich höher als im restlichen Staatsgebiet. Wir haben versucht, eine Übersicht zu erstellen, wie viel man für die einzelnen Leistungen bezahlen muss. Aber das ist kaum möglich, weil es beispielsweise nur in Südtirol über 50 verschiedene Möglichkeiten und Tarife gibt. Manche Banken verlangen für ihr Pos-Gerät Miete. Wieder andere müssen pro Bewegung, pro Summe oder überhaupt eine Pauschale bezahlen. Laut Schätzungen der Confcommercio betragen die Spesen für einen Betrieb mit 150.000 Euro Umsatz über Pos-Terminal durchschnittlich 1.920 Euro im Jahr. Es kann aber viel mehr, aber auch weniger sein. Überblick haben oft nicht einmal die Betriebe selbst. Deshalb sollen die Unternehmen sich an die Banken wenden, die Konditionen überprüfen und Nachbesserungen einfordern, denn Spielräume gibt es oft.

Wie könnten solche Nachbesserungen aussehen?

Die Tarife sollten vereinheitlicht und die Gebühren herabgesetzt werden. Seit 30. Juni 2014 ist es nämlich verpflichtend, die Bankomatzahlung bei Geschäftsabwicklungen von über 30 Euro anzunehmen. Dadurch hat die italienische Regierung einen weiteren Schritt in Richtung Verbreitung der bargeldlosen Zahlung unternommen. Zugleich sind das aber eben auch zusätzliche Spesen für die Unternehmer – und das kann sicher nicht das Ziel sein.

Nicht jede Bar oder jedes Unternehmen hat ein Bankomatgerät. Dennoch hat man das Recht, ab 30 Euro mit Karte zu bezahlen?

So sieht es das Gesetz vor. Allerdings gibt es keine Strafen, wenn man kein Gerät hat. Das wird sich nach einer Übergangszeit wahrscheinlich ändern. Aber ich glaube: Wer für eine Dienstleistung bezahlen will, soll jede Möglichkeit bekommen, die er möchte. Mit den Karten und verschiedenen Bezahlungstechniken ist mittlerweile auch unglaublich viel möglich und es stecken ganze Branchen dahinter, die nur von dieser Dienstleistung leben.

Interview: Karin Köhl

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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