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Missbrauchte Hilfsbereitschaft

Geleimt: Im Pustertal sind zwei Männer unterwegs, die hilfsbereiten Bürgern mit einem gemeinen Trick das Geld aus der Tasche ziehen.

von Silke Hinterwaldner

Marco Dapoz ist ein hilfsbereiter Mensch. Aber wenn diese Hilfsbereitschaft maßlos missbraucht wird, dann ärgert sich der Mann aus Innichen. Damit es anderen – die vielleicht in dieselbe Situation geraten – nicht ergeht wie ihm vor einigen Tagen, möchte er seine Geschichte erzählen.

Marco Dapoz war am Mittwoch mit seinem Auto von Bruneck kommend Richtung Innichen unterwegs, als ihm am Straßenrand ein Mann ins Auge fiel, der offenbar eine Panne hatte. „Weil sonst alle achtlos vorbeigefahren sind“, sagt er, „beschloss ich anzuhalten und zu fragen, was los ist.“ Der Mann am Straßenrand gab vor, ein echtes Problem zu haben: Im Auto in wenigen Metern Entfernung sitze seine Frau, ihr ginge es gar nicht gut, und sein Kind. Aber der Treibstoff sei ihnen ausgegangen, deshalb müsse er so schnell als möglich zur nächsten Tankstelle.

Arglos verfrachtete Marco Dapoz den Mann in seinen eigenen Wagen und fuhr mit ihm bis zur nächstgelegenen Tankstelle nach Welsberg. Dort liehen sie beim Tankwart einen Kanister und ließen diesen mit Benzin füllen. Als es dann ans Bezahlen ging, sagte der Mann, er habe kein Geld. Marco Dapoz streckte ihm die 15 Euro für den Benzin vor und fuhr mit dem Mann wieder zurück zu dessen Wagen. Dort saßen dann nicht wie zuvor erklärt Frau und Kind, sondern ein weiterer Mann. Dieser brauche dringend etwas zu essen, hieß es, er sei Diabetiker und ihm gehe es nicht gut.

Obwohl Marco Dapoz die Situation längst mehr als eigenartig erschien, gab er den Männern 20 Euro für Essen. Da war er schon an einem Punkt angelangt, an dem er so schnell als möglich einfach wegwollte. „Ich hatte zwar nicht richtig Angst, aber die Lage erschien mir brenzlig“, sagt er am Tag danach. Die beiden Männer boten an, ihm eine goldene Uhr als Pfand zu überlassen und ihm die ausständigen 35 Euro später zurückzubringen, aber Marco Dapoz war klar, dass die gesamte Situation nur gespielt war. Dem Mann im Auto schien es nicht schlecht zu gehen, der andere redete irgendwas daher.

Und Marco Dapoz kam nach dieser Odyssee mit einem mehr als unguten Gefühl endlich zu Hause an. Als er dort Freunden erzählte, was ihm wiederfahren war, kam ein wenig mehr Klarheit in diese Episode. Mehrere berichteten ihm, dass es auch andere gab, die auf denselben Trick hereingefallen waren. Offenbar haben diese beiden Männer am Straßenrand in den vergangenen Tagen gleich mehrere hilfsbereite Bürger hereingelegt, um an Geld zu kommen.

„Man hilft doch gerne“, sagt Marco Dapoz heute, „aber wenn einem so etwas passiert, dann beginnt man schon zu zweifeln.“

Diese beiden Männer am Straßenrand sollte man deshalb besser meiden – und eben versuchen jenen zu helfen, die tatsächlich in einer Notsituation sind. Auch wenn es nicht immer leicht ist, das eine vom anderen zu unterscheiden.

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