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Der Rückzieher

Nach den Protesten Italiens zieht die österreichische Regierung ihr Konsulargesetz für Südtiroler wieder zurück.

Von Matthias Kofler

Das Außenministerium hat den Entwurf des Konsulargesetzes am Donnerstag von der Parlamentsseite entfernen lassen. „Bei dem Gesetzesentwurf handelt es sich um einen noch unfertigen Entwurf, der irrtümlich an das Parlament übermittelt worden war“, so ein Sprecher des Außenministeriums.

Das Gesetz soll eine EU-Richtlinie umsetzen, die einheitliche Standards bezüglich des konsularischen Schutzes von Unionsbürgern im Ausland vorsieht. Demnach können sich Unionsbürger an konsularische Vertretungen eines anderen Mitgliedsstaates wenden, wenn das eigene Heimatland in diesem Staat keine diplomatische Vertretung hat. Das bedeutet, dass sie beispielsweise bei einem Todesfall, bei Unfall, Krankheit oder Festnahme um Hilfe ersuchen können. Deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler sollten nach der ursprünglichen Vorlage aber die Möglichkeit haben, das österreichische Konsulat zu wählen, auch wenn ein italienisches Konsulat vorhanden ist, weil für sie „eine völkerrechtliche Schutzfunktion“ Österreichs bestehe.

Diese Klausel sorgte in Italien für heftige Proteste. Italien fühlte sich – wie mehrmals in den letzten Monaten – vom österreichischen Prozedere vor den Kopf gestoßen: Die italienische Regierung wurde vorab nicht über den Gesetzesentwurf informiert. Erst im Jänner hatten Außenminister Karin Kneissl und ihr italienischer Kollege Angelino Alfano vereinbart, heikle Südtirol-Fragen – wie etwa die Doppelstaatsbürgerschaft – im Dialog zu lösen. Beim Konsulargesetz war dies aber nicht der Fall. Michaela Biancofiore klagte über eine „neuerliche Einmischung Österreichs in die internen Angelegenheiten Italiens” und drohte mit einer Klage wegen Verletzung der internationalen Friedensverträge vor der UNO.

LH Arno Kompatscher lobte hingegen die Klausel: „Deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern würde die Möglichkeit eröffnet, bei Bedarf im Ausland neben dem italienischen Konsulat auch das österreichische aufsuchen zu können.“ Dies sei von praktischem Nutzen und ermöglicht den Gebrauch der Muttersprache im Ausland. Auch die SVP-Senatoren Julia Unterberger, Dieter Steger und Meinhard Durnwalder begrüßten den ursprünglichen Vorschlag. Dieser unterstreiche die besondere Beziehung der deutsch- und ladinischsprachigen Minderheit zu ihrer Schutzmacht Österreichs. „Ein solches Entgegenkommen an BürgerInnen, die dem eigenen Kulturkreis angehören, aber in einem anderen Staat leben, kann große identitätsstiftende Wirkung haben.“ Unverständnis zeigten die drei Senatoren für die Reaktion einiger italienischer Parteien. „Die Maßnahme ist ein Zugeständnis an eine Minderheit, die den übrigen Staatbürgern nichts wegnimmt“, erklärten sie. „Derartige Zugeständnisse an Minderheiten sollten ausgedehnt und nicht eingeschränkt werden. Ein verantwortungsvoller und großzügiger Umgang mit Minderheiten würde vielen Konflikten vorbeugen.“

Der Europaparlamentarier Herbert Dorfmann wies darauf hin, dass die EU mittlerweile auch eigene Botschaften einrichte, in denen die konsularische Tätigkeit der einzelnen Mitgliedsstaaten koordiniert werde. Viele Staaten würden eigene Botschaften aus Kostengründen schließen. Dorfmann unterstrich, dass er die österreichische Gesetzesnovelle im Detail nicht kenne. Vom Prinzip her sei sie aber zu begrüßen. „Je mehr Zugänge eine Minderheit erhält, desto besser.“ Für die Proteste hatte der SVP-Politiker wenig Verständnis. Weltweit gebe es deutlich mehr italienische als österreichische Botschaften. Ein Südtiroler, der sich ans österreichische Konsulat wendet, werde voraussichtlich ans italienische weitergeleitet. „Die italienischen Botschaften brauchen keine Angst zu haben, dass man ihnen die Zuständigkeiten streitig macht“, so Dorfmann.

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