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Blaues Wunder

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Die Verbraucherzentrale Südtirol warnt vor bestimmten Lebensversicherungen. Eine vorzeitige Kündigung koste viel Geld. Was VerbraucherInnen wissen sollten.

von Artur Oberhofer

Anna M. hat vor drei Wochen einen Antrag auf einen Lebensversicherungsvertrag unterzeichnet. Also einen bindenden Vorvertrag einer Lebensversicherung.

Dieser Vorvertrag sieht eine trimestrale Prämienzahlung von 200 Euro, eine Laufzeit von 35 Jahren sowie eine automatische Aufwertung der zu bezahlenden Prämien vor.

Bevor Anna M. den Vorvertrag unterzeichnete, hatte der Versicherungsvertreter der Frau mündlich zugesichert, dass sie bereits ab dem fünften Jahr ohne Verluste aus dem Vertrag aussteigen könne. Die Möglichkeit eines Ausstiegs ohne Verluste war Anna M. das Um und Auf, da sie in spätestens fünf Jahren ihr Erspartes wieder benötigt.

Die Frau unterzeichnete also den Vorvertrag. Wenige Wochen später erhielt Anna M. den eigentlichen Versicherungsvertrag.

Zu diesm Vertrag gehört auch eine Tabelle („progetto esemplificativo personalizzato“), welche die Entwicklung der verschiedenen Versicherungsleistungen über die gesamte Vertragsdauer hinweg aufzeigt. Man kann dieser Tabelle unter anderem entnehmen, wie viel Geld man bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung (Rückkauf) erhält, gestaffelt nach den seit Vertragsabschluss vergangenen Jahren.

Anna M. erlebte ein blaues Wunder!

Bei näherer Betrachtung dieser Tabelle musste die Frau nämlich feststellen, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Vertrag in den ersten Jahren enorme Verluste mit sich bringen würde.

Die Fakten: Ein Ausstieg nach fünf Jahren sieht eine Auszahlung von 621,90 Euro vor. Gegenüber der eingezahlten Prämiensumme von 4.600,72 Euro wäre das ein Minus von knapp 4.000 Euro.

Auch der geplante Anstieg der Prämien klang wenig ermunternd: die anfänglich vereinbarte Rate von 800 Euro sollte in nur fünf Jahren auf 1.048,48 Euro ansteigen.

Anna M. ist – verständlicherweise – wenig erbaut über diese Zahlen. Sie hatte – im vollsten Vertrauen auf die mündlichen Aussagen des Versicherungsvermittlers – die Vertragsbedingungen leider nicht genau unter die Lupe genommen.

Die Verbraucherzentrale Südtirol mahnt zur Vorsicht:

„Vor jeder Unterschrift sollte man den Vertrag genauestens durchlesen und einen Experten zu Rate ziehen, falls die Bedingungen nicht klar sein sollten. VerbraucherInnen sollten niemals blind vertrauen, sondern stets überprüfen, ob die Vertragsunterlagen das wieder geben, was zuvor mündlich versprochen wurde.“

Zudem weiß man in der VZS:

„Eine vorzeitige Vertragsauflösung, vor allem in der ersten Hälfte der Vertragslaufzeit, wird von den Versicherungen richtig bestraft. Der hohe Verlust bei einem sogenannten ,Rückkauf’ in den ersten Jahren ist darauf zurückzuführen, dass die Vertragskosten für die gesamte Laufzeit bereits bei Vertragsbeginn abgezogen werden. Kaum etwas ist so intransparent wie ein so genannter Rückkaufwert.“

Die gute Nachricht: Für Anna M. gab es noch einen Rettungsanker. Das seit dem Erhalt der Vertragsunterlagen noch keine 30 Tage verstrichen waren, hatte die Frau die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten.

Ein Rücktritt bewirkt die Auflösung des Vertrages, wobei die Versicherung die bereits bezahlte Prämie – abzüglich eines Unkostenbeitrages – zurückerstatten muss.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • andreas

    Lebensversicherungen waren mal attraktiv, als es den Garantiezins glaub 3,5% gab und man bis. 2.500.000 Lire von der Steuer abschreiben konnte.
    Die derzeitigen Bedingungen sind eigentlich indiskutabel, Allianz garantiert z.B. nicht mal 0%.

    Als ich einem Versicherungsmann beim Gespräch über die Konditionen einer Verlängerung sagte, dass ich ihm das Geld bei solchen Bedingungen ja gleich schenken kann, musste sogar er lachen.

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