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Ausgerottete Krankheiten?

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Im Jahr 2017 wurden in Südtirol 39 Fälle von Keuchhusten gemeldet – 30 Patienten waren nicht geimpft. Wie es mit den anderen Krankheitsbildern aussieht, die durch das neue Impfgesetz ausgerottet werden sollen.

von Lisi Lang

Die neue Impfregelung sieht insgesamt zehn Pflichtimpfungen vor. Weitere Impfungen werden den Eltern empfohlen. Die Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen Tamara Oberhofer hat sich nun mittels Anfrage erkundigt, ob und wie viele Südtiroler in den letzten Jahren an einer dieser Krankheiten erkrankt sind und eine genaue Auflistung entsprechender Daten erhalten. „Immer wieder sagen Eltern, dass es viele dieser Krankheiten, gegen welche sie ihre Kinder impfen müssen, gar nicht mehr gibt und daher war es mir wichtig, den Eltern in diesem Punkt Informationen an die Hand geben zu können“, erläutert Tamara Oberhofer. Auch wollte die Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen in Erfahrung bringen, inwieweit das Thema Einwanderung diesbezüglich eine Rolle spielt. „Hinter vorgehaltener Hand sagt man gerne, dass die Flüchtlinge und Einwanderer eine große Rolle spielen und wie man nun erkennen kann, spielt dieses Thema sehr wohl eine Rolle“, erklärt Oberhofer mit Blick auf die Daten von Landesrätin Martha Stocker.

In einer ausführlichen Antwort geht Gesundheitslandesrätin Martha Stocker auf die verschiedenen Krankheitsbilder und deren Erkrankungshäufigkeit in den letzten Jahren ein. Auch wird angemerkt, ob die Patienten gegen die Erkrankung geimpft waren oder nicht. „Seit dem Jahr 1982 wurden in Italien dank flächendeckender Impfung keine Fälle von Kinderlähmung mehr registriert“, erklärt Gesundheitslandesrätin Martha Stocker mit Blick auf die erste Pflichtimpfung. Die Impfung sei aber trotz allem solange notwendig, bis nirgendwo auf der Welt mehr Polioviren zirkulieren. 2017 gab es beispielsweise noch Fälle in Afghanistan oder in Pakistan.

Martha Stocker

Seit 1996 wurden ebenfalls keine Diphteriefälle in Italien mehr gemeldet, „in der EU sind kürzlich aber erst zwei Kinder an Diphterie verstorben“, erläutert Martha Stocker. Im Jahr 2016 erkrankte im Gesundheitsbezirk Bozen allerdings ein ungeimpfter 18-Jähriger an Hautdiphterie, einer weiteren Form der Erkrankung.

Anders sieht die Situation bei den anderen Krankheitsbildern aus: In den letzten Jahren gab es in Südtirol durchschnittlich zwei Fälle von akuter Hepatitis B – keiner der Erkrankten war geimpft. Informationen über chronische Hepatitis B oder deren Komplikationen liegen nicht vor. Ähnlich sieht die Situation bei Haemophilus influenzae b (Hib) aus, wo in den letzten Jahren ebenfalls jährlich zwei ungeimpfte Personen erkrankt sind.

Jedes Jahr werden in Italien rund 60 Fälle von Tetanus gemeldet, 20 davon enden tödlich. „In den letzten fünf Jahren hatten wir in Südtirol vier Fälle von Tetanus. Im Jahr 2014 war ein junger Erwachsener wochenlang in der Intensivstation in Lebensgefahr. Im Jahr 2017 gab es einen Fall im Gesundheitsbezirk Meran“, erklärt die Gesundheitslandesrätin.

Zugenommen haben in den letzten Jahren die Meldungen über Keuchhustenfälle (siehe Tabelle) – die meisten patienten waren nicht geimpft. Zudem sei diesbezüglich eine Dunkelziffer einzurechnen, da nicht sämtliche Fälle gemeldet werden, so Stocker in ihrer Antwort. Für Tamara Oberhofer ist dies unverständlich: „Gerade bei derartigen Erkrankungen wäre es wichtig, dass die Erkrankungen genau registriert werden“, so die Landtagsabgeordnete. Auch bei den Röteln ist laut Landesrätin Martha Stocker die Dunkelziffer hoch, da der Verlauf einer Erkrankung in der Regel mild ist. 2017 wurden insgesamt neun Fälle gemeldet.

Tamara Oberhofer

Laut WHO sind Pneumokokken die weltweit bedeutendsten bakteriellen Krankheitserreger beim Menschen. Die meisten Infektionen durch Pneumokokken sind Mittelohrentzündungen, Nasennebenhöhlenentzündungen und Bronchitis. Diese Erkrankungen unterliegen nicht der Meldepflicht. Pneumokokken verursachen aber auch schwere Erkrankungen, wie Pneumonien, Hirnhautentzündungen und Sepsis. Diese sogenannten invasiven Erkrankungen durch Pneumokokken unterliegen der Meldepflicht. „In Südtirol wurden uns im Jahr 2017 39 solcher invasiver bakterieller Infektionen durch Pneumokokken gemeldet. Einige sind auch tödlich verlaufen“, erklärt Landesrätin Stocker.

Im Jahr 2017 wurden in Südtirol 22 Masernfälle registriert – 18 dieser Personen waren nicht geimpft, bei zwei weiteren Patienten ist der Impfstatus unbekannt. Die letzte Masernepidemie mit über 2.000 Fällen liegt in Südtirol mittlerweile fast acht Jahre zurück.

Mumps ist eine weltweit häufig auftretende Erkrankung. „Im 5-Jahresabschnitt 2008-2012 wurden in Südtirol durchschnittlich 25 Krankheitsfälle pro Jahr gemeldet, mit einer Epidemie im Jahr 2011 als ca. 220 Krankheitsfälle gemeldet wurden und zahlreiche Krankenhausaufenthalte wegen des komplizierten Verlaufs der Krankheit notwendig waren“, erklärt die Gesundheitslandesrätin in ihrer Antwort.

In Italien werden seit 2009 jährlich etwa 60.000 Windpocken-Fälle gemeldet. „Ein Rückgang durch die Einführung der Impfung ist noch nicht ersichtlich, dafür ist der Zeitraum zu kurz“, so Stocker. In Südtirol werden jährlich etwa 700 Fälle gemeldet, allerdings ist die Dunkelziffer hoch, da die meisten Erkrankten zu Hause bleiben.

„Die Daten zeigen, wie die Situation in Südtirol aktuell aussieht und dass einige dieser Krankheiten zwar nicht mehr vorhanden, aber durchaus wieder eingeschleppt werden können“, resümiert Tamara Oberhofer. Auch aus diesem Grund befürwortet die Freiheitliche Landtagsabgeordnete ausführliche Impfgespräche mit den Eltern. „Es wäre wichtig, dass die Eltern über derartige Themen gut informiert werden, da im Internet auch viele Fehlinformationen kursieren“, so Oberhofer.

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