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„Eine Frechheit“

Ein Arzt an der Pädiatrie des Bozner Spitals soll für die Übersetzung eines Befundes ins Deutsche eine Gebühr von 20 Euro verlangt haben. Wie die Landesrätin und die Primarin reagieren.

von Artur Oberhofer

Die Geschichte, die eine Mutter dem Landtagsabgeordneten Andreas Pöder vor wenigen Wochen auftischte, hatte es in sich.

Die Frau erzählte, dass sie im Bozner Krankenhaus nach einer Behandlung an ihrem Kind auf Nachfrage des Arztes, ob sie einen Befund in deutscher oder italienischer Sprache möchte, den deutschen Befund beantragt hatte. Daraufhin sollte sie, laut eigenen Angaben, eine Übersetzungsgebühr von 20 Euro bezahlen.

„Die Mutter weigerte sich daraufhin, die Übersetzungsgebühr zu entrichten“, erzählt Andreas Pöder.

Der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion nahm Schilderung zum Anlass, eine Landtagsanfrage an die Landesregierung zu stellen.

Die Antwort der Landesregierung auf Pöders Anfrage liegt jetzt vor. Die Kernaussage in dem Schreiben von Gesundheits-Landesrätin Martha Stocker: Es gibt keine wie auch immer geartete Übersetzungsgebühr.

In der Anfragebeantwortung heißt es wörtlich:

„Laut gesetzlichen Bestimmungen müssen die Befunde in jener Sprache abgefasst werden, welche die Patientin oder der Patient angegeben hat. Sollte es jedoch vorkommen, dass der Befund nicht in der angegebenen Sprache verfasst wurde, so kann man sich an jenen Dienst wenden, welcher den Befund ausgestellt hat, um dort kostenlos eine Übersetzung zu beantragen. Der Befund darf aus Verantwortungsgründen jedoch nur von einer anderen Ärztin oder von einem anderen Arzt übersetzt werden.“

Sprich: Der Patient hat ein Recht auf einen Befund in seiner Muttersprache. Eine etwaige Übersetzung ist kostenlos.

Dasselbe gilt auch für medizinische Dokumentationen.

In der Antwort von Landesrätin Martha Stocker heißt es:

„Auch medizinische Dokumentationen werden kostenlos übersetzt, sofern ein konkretes und begründetes Interesse vorliegt. Sollte eine Patientin oder ein Patient in ein Krankenhaus des deutschen (außerhalb Südtirols) bzw. italienischen Sprachraumes überwiesen werden, so kann ebenfalls eine kostenlose Übersetzung beantragt werden. In allen weiteren Fällen, in denen die betroffenen Personen eine Übersetzung der medizinischen Dokumentation beanspruchten, steht es dem Gesundheitsdienst frei, diese gegen Gebühr durchzuführen.“

Die Primarin der Abteilung für Pädiatrie des Krankenhauses Bozen, Lydia Pescollderungg, erklärt, dass in ihrer Abteilung „nie Übersetzungsgebühren verlangt“ wurden und auch nicht verlangt werden dürfen. „Sollte trotzdem von der betroffenen Patientin für die Aushändigung eines Befundes in deutscher Sprache eine Übersetzungsgebühr verlangt worden sein, wäre ich sehr dankbar, genauere Angaben zu erhalten, um den Sachverhalt überprüfen zu können“, so die Primarin.

Die Mutter bleibt bei ihrer Version, derzufolge ein Arzt von ihr 20 Euro für eine Übersetzung des Befundes verlangt habe. „Das war eine Frechheit, aber die Frau hat leider keinen Beleg“, sagt Andreas Pöder, „somit steht Aussage gegen Aussage.“

Durch die Antwort der Landesrätin herrsche nun allerdings Klarheit in Bezug auf die Rechte von Patienten, so der BürgerUnion-Mandatar.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (36)

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  • andreas

    Nach meiner Erfahrung werden Befunde und Dokumentationen nicht in der Sprache des Patienten, sondern der des Arztes ausgestellt, da dieser die andere Sprache teilweise einfach nicht kann.

    Ist bei banalen Angelegenheiten nicht wirklich ein Problem, bei komplexeren, wo z.B. auf einem Entlassungsschein aus dem Krankenhaus 7 Therapien oben stehen und dies dem Patienten auf italienisch erklärt wurde, obwohl die Ärztin wusste, dass der Patient es nicht versteht, eine Frechheit.
    Auf der Suche nach der Ärztin um mir den Wisch erklären zu lassen, wurde mir gesagt, ich soll warten.
    Nach einer Stunde sagte man mir, dass sie keine Zeit hat und ich habe mit einem italienischsprachigen Krankenpfleger rumgerätselt, was die Ärztin gemeint haben könnte.
    So geschehen Orthopädie Bozen.
    Dort wurde mir auch geraten dem Primar den Vorfall schriftlich zu schildern, da es anscheinend üblich ist.

    Ich halte die Sanität für gut und habe auch kein Problem damit, wenn italienische Ärzte kaum Deutsch sprechen, doch Patienten gegenüber, welche wenig italienisch verstehen, sollten bzw. müssen solche Dokumente in der Sprache des Patienten verfasst werden. Auch wurde mir versprochen, dass bei den Visiten eine deutschsprachige Krankenschwester dabei ist, damit diese übersetzt, was aber nicht eingehalten wurde.

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