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„Scheinheilige Debatte“

Midwife examining belly of pregnant woman by manual scanning in practice

Bei der Debatte über unfreiwillige Schwangerschaften geraten Veronika Stirner und Ulli Mair aneinander. Das Sitzungsprotokoll.

Von Matthias Kofler

Hitzige Stimmung im Landtag: Ein Antrag der SVP-Abgeordneten Maria Kuenzer, Magda Amhof, Veronika Stirner, Waltraud Deeg und Oswald Schiefer zum Schwangerschaftsabbruch sorgte gestern unter den Volksvertretern für eine leidenschaftlich-laute Debatte. Der Antrag sieht die Schaffung eines Beratungsangebots für Schwangere vor. 
Eine Beratung vor dem Schwangerschaftsabbruch sei zwar jetzt schon verpflichtend vorgesehen, erklärte Maria Kuenzer. „Allerdings ist es gängige Praxis in Südtirol, dass dieselben medizinischen Teams, die den Schwangerschaftsabbruch durchführen sollen, zuvor auch die Beratung der Frauen übernehmen. Das führt nicht selten zu einer Personalunion: Ärzte, die die Frau beraten, sind es dann auch, die danach die Abtreibung vornehmen.” Stattdessen sehe das Gesetz auch eine Aufklärung über soziale und arbeitsrechtliche Bestimmungen vor.

Andreas Pöder (BürgerUnion) bezeichnete es als beschämend, wie im Landtag über die Tötung ungeborenen Lebens geredet werde. In Südtirol würden jährlich bis zu 800 ungeborene Kinder in den öffentlichen Einrichtungen getötet bzw. abgetrieben.

Diese Wortmeldung löste einen Sturm der Entrüstung aus. 
Brigitte Foppa (Grüne) bezeichnete es als beschämend, wie im Landtag über Frauen geredet werde, die in einer der schwierigsten Situationen ihres Lebens seien. Diese Frauen dürften nicht kriminalisiert werden. Magdalena Amhof bedauerte die Richtung, welche die Debatte eingeschlagen habe. Ziel des Antrags sei keine ideologische Diskussion, sondern eine Hilfe für die betroffenen Frauen, welchen Weg auch immer sie einschlagen wollten. 
Waltraud Deeg erinnerte Pöder daran, dass es ungewollte Schwangerschaften gebe, oft in schwierigen Familiensituationen. Der Antrag entscheide nicht über die Abtreibung, er wolle auch keine Wertung vornehmen, sondern Hilfe leisten.

Sodann gerieten Ulli Mair und Veronika Stirner aneinander. Die Freiheitliche sah in der Diskussion „ein wenig Scheinheiligkeit“. Als die Freiheitlichen Kondome verteilt hätten, hätten viele den Kopf geschüttelt. Verhütung sei in ihrer Sicht Sache der Frau. Die Hälfte der Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, seien Ausländerinnen. 
Veronika Stirner, die sich krankheitsbedingt eigentlich nicht zu Wort melden wollte, erhob sich nach der Mair-Wortmeldung dann doch von ihrem Sitzplatz. „Ich verwahre mich gegen die Aussage, Verhütung sei Aufgabe der Frau“, schimpfte die SVP-Politikerin. Ziel des Antrags sei, die Situation der betroffenen Frauen zu erleichtern. Ein Abbruch werde nicht einfach so vorgenommen.

Andreas Pöder protestierte gegen die Belehrungen. Kein Abgeordneter habe das Recht, die Äußerungen eines anderen Abgeordneten als falsch darzustellen.

Präsident Roberto Bizzo versuchte, die Wogen zu glätten: „Im Landtag werden politische Wertungen getroffen, jeder Abgeordnete hat das Recht dazu“, erklärte Bizzo und bat um gegenseitigen Respekt.
 
Der Antrag wurde mit 13 Ja, einem Nein und 14 Enthaltungen angenommen.

 

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