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Jung, weiblich, obdachlos

Obdachlosigkeit ist nicht nur männlich. Es gibt auch Frauen, die ohne feste Bleibe sind, darunter vermehrt junge Frauen.

„Sie brauchen Schutz und Hilfe.“ Darauf weist die Caritas Diözese Bozen-Brixen anlässlich des internationalen Tages der Frau hin. Im Haus Margaret in der Bozner Kapuzinergasse werden seit nunmehr 20 Jahren obdachlose Frauen aufgenommen, betreut und begleitet – insgesamt waren es schon 1.050.

„Diese Frauen sind nicht anders als andere Frauen: Sie wünschen sich Sicherheit und Geborgenheit – Dinge, die ihnen aufgrund von schwierigen Kindheits- und Lebenserfahrungen leider verwehrt geblieben oder abhanden gekommen sind“, sagt Giulia Frasca, die Leiterin von Haus Margaret.

Die Gründe, warum Frauen plötzlich ohne ein Dach über dem Kopf sind, sind so verschieden wie die Betroffenen selbst. Oft sind es Schicksalsschläge wie Tod, Scheidung oder Trennung, die ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen, schwierige Familienverhältnisse, Abhängigkeitsproblematiken und anderes mehr. „Eine zeitlang werden sie vielleicht von Freunden oder Bekannten aufgenommen, aber das geht nicht auf Dauer.

Sie finden wegen fehlender Ausbildung häufig keine Arbeit (außer Schwarzarbeit), folglich auch keine Wohnung und damit beginnt für sie ein Teufelskreis“, sagt Frasca. Davon seien immer mehr auch junge Frauen betroffen. Allein im Haus Margaret waren im Jahr 2017 9 von insgesamt 46 aufgenommenen Frauen unter 30 Jahre alt und 11 von ihnen unter 40.

Giulia Frasca

„Obdachlosigkeit äußert sich bei Frauen anders als bei Männern“, ist Frasca überzeugt. Frauen fielen im Gegensatz zu ihren männlichen Leidensgenossen weniger auf. „Die Frauen wissen, dass sie viel verletzlicher sind und sich schützen müssen“, erklärt Frasca.

„Deshalb versuchen sie, so wenig wie möglich aufzufallen, sich zu pflegen, ordentlich zu kleiden und sich an Orten aufzuhalten, an denen niemand so schnell auf die Idee kommen würde, dass sie nur da sind, weil sie kein Zuhause haben.“

Doch diese ständige Unsicherheit habe ihren Preis. „Das sind Zeiten sehr prekären Lebens und Wohnens, gefährlich für den Körper, aber auch für die Psyche, weil man immer mit der Sorge lebt: Wie geht es weiter? Wo werde ich morgen sein? Bin ich sicher?“

Im Haus Margaret, das die Caritas im Auftrag der Gemeinde Bozen seit nunmehr 20 Jahren in der Bozner Kapuzinergasse führt, wird versucht, ihnen diese Sorge abzunehmen. Insgesamt 1.050 Frauen wurden hier bereits aufgenommen. Sie können im Haus frühstücken, zu Mittag und zu Abend essen, duschen und ihre persönliche Wäsche waschen.

„Wenn diese elementaren Grundbedürfnisse befriedigt sind, wird es auch möglich, mit den Frauen individuelle Projekte durchzuführen, die sie aus der Obdachlosigkeit führen sollen“, sagt Frasca. Hier sei die Arbeit mit den Netzwerkpartnern besonders wichtig. „Wir wollen den Frauen ihr Selbstvertrauen und die oft verloren geglaubte Würde zurückgeben. Auch darin unterscheiden sich obdachlose Frauen nicht von anderen: Nur wer sich sicher, geschützt und geschätzt fühlt, findet auch die Kraft, negative Erfahrungen hinter sich zu lassen und ein selbst bestimmtes Leben zu führen.“

Haus Margaret und seine Bewohner werden immer wieder durch großzügige Spenderinnen und Spender unterstützt. Jüngst ging sogar eine Spende aus Frankfurt am Main ein: Bischof Ivo Muser hatte dort in der Stadtpfarrkirche das Karlsamt gefeiert, woraufhin die Kollekte von rund 2.100 Euro als Spende an das Haus Margaret der Caritas Diözese Bozen-Brixen ging.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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