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„Reiner Populismus“

Arnold Schuler

„An den Haaren herbeigezogen“: Landesrat Arnold Schuler reagiert mit Verwunderung auf die von seinem Parteikollegen Sepp Noggler geäußerte Kritik am neuen Höfegesetz.

Tageszeitung: Herr Landesrat, was sagen Sie zur Kritik Ihres Parteikollegen Sepp Noggler?

Arnold Schuler: Humor ist, wenn man trotzdem lacht! An den Aussagen des Kollegen Noggler gibt es so einiges zu korrigieren, das einfach nicht stimmt, ja sogar einer Unterstellung gleichkommt. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Ich verstehe schon, dass wir uns im Wahljahr befinden. Doch wenn Noggler als Rebell gegen den Landesrat auftreten will, dann rebelliert er damit gleichzeitig auch gegen die Position des Landesbauernrates. Besonders sauer stößt mir seine Aussage auf, wonach die kleinen Betriebe für mich nur Hascherlen seien. Das ist reiner Populismus, denn das Gegenteil ist der Fall. Mir geht es um den Erhalt der kleinbäuerlichen Betriebe. Ich will aber keinen Anreiz schaffen, damit bestehende Höfe in mehrere Höfe aufgeteilt werden. Wenn es Noggler, der selbst Präsident einer Höfekommission ist, um Einzelinteressen geht, dann soll er das offen sagen. Ich akzeptiere aber nicht seine Anschuldigungen, die komplett an den Haaren herbeigezogen sind.

Wie meinen Sie das?

Wir haben in die Erarbeitung des Gesetzentwurfs sehr viel Zeit und Mühe investiert. Wir haben ausgehend von der Änderung im Raumordnungsgesetz, das in Zukunft im geschlossenen Hof 1.500 Kubikmeter Wohnkubatur zulässt, die Situation studiert und gesehen, dass in den vergangenen 15 Jahren in Südtirol ca. 160 neue Höfe ohne Hofstelle geschlossen worden waren, mit wenigen Ausnahmen alle im Obst- und Weinbaugebiet, bevorzugt im Überetsch, Etschtal und Unterland. In den meisten Fällen sind die Höfebesitzer unter 40 Jahre alt. Als solche müssen sie bei der Höfeschließung eine Fläche von mindestens zwei Hektar Obst- und Weinbau aufweisen, während bei den Über-40-Jährigen die Fläche mindestens drei Hektar betragen muss. Wir haben uns die Frage gestellt: Wollen wir mittels eines neuen Höfegesetzes die Aufsplitterung der ohnehin kleinen landwirtschaftlichen Betriebe weiterhin unterstützen oder eine sinnvolle Regelung treffen, um diese einzugrenzen?

Sie haben sich für die zweite Option entschieden?

Lassen Sie mich Klartext reden: Das Höfesgesetz sieht grundsätzlich vor, dass der Hof imstande sein muss, eine vierköpfige Familie zu ernähren. Mit zwei Hektar bin ich das nicht, ansonsten hätten wir eine Vielzahl von Obst- und Weinbauern, die geradezu vermögend wären. Wenn in Folge der Schließung noch die Hofstelle errichtet wird, dann fallen nochmals 2-3.000 Kubikmeter an Nutzfläche weg, sodass am Ende gerade noch 17-18.000 Kubikmeter verbleiben. Das ist die Fläche, mit der andere Bauern schon geltend machen, nicht einmal mehr imstande zu sein, eine zweiköpfige Familie zu ernähren und sie verlangen dann, dass der Hof aufgelöst wird. In diesem Punkt ist das Gesetz nicht schlüssig.
 Verstehen Sie mich richtig: Ich bin dafür, dass Hofschließungen auch ohne bestehende Gebäude nach wie vor zulässig sind, dort wo eine Notwendigkeit besteht, solche Gebäude zu errichten, um Landwirtschaft zu betreiben, nicht aber, um Baurechte zu generieren für Personen, bei denen die Landwirtschaft – wenn überhaupt – nur eine Nebenrolle spielt. Die Landwirtschaft ist zunehmend vermehrt der Kritik ausgesetzt, dass sie – anders als oft vorgegeben – den Flächenverbrauch selbst verursacht. Leider werden in diesem Zusammenhang immer wieder die Neubildungen von geschlossenen Höfen genannt. Mit der Gesetzesänderung soll verhindert werden, dass Höfeschließungen gemacht werden, bei denen bestehende funktionierende Höfe aufgeteilt werden, dies ist in Widerspruch zum Höfegesetz, das sich zum Ziel setzt, landwirtschaftliche Betriebe in ihrer bestehenden Größe zu erhalten. Das neue Gesetz zielt darauf ab, dass eine Neuschließung ohne Gebäude nur mehr dann möglich ist, wenn der Ehepartner oder die Eltern nicht schon über geeignete Gebäude verfügen. So wollen wir den Grundverbrauch im landwirtschaftlichen Grün einschränken und Spekulationen, die nachweislich belegbar sind, einen Riegel vorschieben. Wenn jemand einen Hof schließen will, müssen nicht nur alle landwirtschaftlichen Nutzflächen jener Person einbezogen werden, die den Antrag stellt, sondern es wird auch der familiäre Kontext berücksichtigt. Im Falle eines geeigneten Wohnhauses gilt dies für die Eltern und den Ehepartner und im Falle der landwirtschaftlichen Nutzflächen nur für die Eltern. Zudem dürfen keine Flächen herangezogen werden, die zuvor von anderen geschlossenen Höfen abgetrennt wurden.

In den Reihen der SVP gibt es großen Widerstand gegen die Reform …

Das überrascht mich, denn ich habe den Gesetzesvorschlag am 20. Oktober im Landesbauernrat unter anderem mit den Kollegen Sepp Noggler, Maria Kuenzer und Albert Wurzer abgesprochen, also noch bevor ich damit in die Landesregierung ging und habe in der Folge zehn Abänderungsanträge angenommen. Ich war bereit, von der Erhöhung der Mindestfläche auf drei bzw. vier Hektar abzusehen. Zudem wird nur der Besitz der vergangenen fünf Jahre herangezogen und nicht, wie ursprünglich geplant, der Besitz der vergangenen zehn Jahre. Wir haben eine Einigung erzielt. Nach diesen Gesprächen bin ich davon ausgegangen, dass wir auf einem guten Weg sind, zumal der Entwurf auch vom Landesbauernrat einstimmig gutgeheißen wurde. Zur allgemeinen Überraschung kommt man nun wiederum mit einer Flut an neuen Abänderungsanträgen, die zum Großteil sogar im Widerspruch zu den früheren stehen. Ich weiß beim besten Willen nicht mehr, was ich vom Getue des Kollegen Noggler halten soll, und kann es mir allenfalls mit Wahlkampfpropaganda erklären, weil wir alles Erdenkliche getan haben.

Interview: Matthias Kofler

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • meinemeinung

    um eine Gleichberechtigung alles Bürger erhalten ,sollten jetzt auch die Bestimmungen der Hotelier / Industrielle / Handwerker / Arbeiter angepasst werden , Wenn ein Familienvater ein Stück Grund hat ,sollten alle Familienmitglieder bauen dürfen gleich wie bei Handwerkern /Industrielle und Hoteliere ,wenn die Kinder in der GmbH. oder Mitarbeiter eines Industriebetriebes sind sollten alle das Recht haben eine Wohnung (min. 150 m2) zu bauen und auch im Genuss von Beiträgen kommen usw. ……eben wie es die Bauern betreiben ,alle sollten etwas davon haben ,das ist Gleichberechtigung der Bürger . Immer wieder Gesetze mit Bauernschlauheit für Bauern die es nicht benötigen ,weil ein Bergbauer hat nicht soviel Grund und Vermögen dass, er den Hof aufsplittern kann dass alle Kinder eine Wohnung mit Förderung bekommen.

  • morgenstern

    Frage: Wer um die Stimmen der Bauern buhlt, ist noch lange kein Bauernfänger, oder?

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