Du befindest dich hier: Home » Chronik » Beschuldigter im Talar

Beschuldigter im Talar

Auftakt zur Vorverhandlung am Bozner Landesgericht zum 30-Millionen-Euro-Betrug der Kepha-Stiftung. Der Hauptbeschuldigte Patrizio Benvenuti erscheint im Priester-Talar, 260 Geschädigte stellen Ansprüche als Nebenkläger.

von Thomas Vikoler

Er saß in der ersten Hälfte des Jahres 2016 mehrere Monate in U-Haft, hat stets alle Vorwürfe gegen ihn bestritten und bezeichnete sich in einem Verhör mit der Staatsanwaltschaft Bozen als so gut wie mittellos.

Die Rede ist von dem in Argentinien geborenen Priester Patrizio Mario Romano Benvenuti, 66, einem im Vatikan bestens vernetzten ehemaligen Kaplan der italienischen Marine.

Er ist der Hauptbeschuldigte in einem Strafverfahren, dem die Finanzwache Bozen den Namen Opus gab. Die Vorwürfe lauten auf Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des Betrugs. Benvenuti wird auch die Hinterziehung von Steuern im Ausmaß von zehn Millionen Euro vorgeworfen.

Der Geistliche erschien zur Vorverhandlung am Dienstag am Landesgericht im Talar, was von einigen Anwesenden mit Verwunderung zur Kenntnis genommen wurde.

Neben Benvenuti sind in dem Verfahren weitere vier Exponenten der in Rom angesiedelten Kepha-Stiftung vertreten, welche mehrere hundert Anleger um (ursprünglih) rund 30 Millionen Euro betrogen haben soll. Ihre Namen: Schatzmeister Pandolfo Pandolfi und die beiden Mitarbeiter Fabio Pompei und Etienne Benetrix.

Die erste Vorverhandlung vor Richter Walter Pelino galt nicht den gegen sie erhobenen Vorwürfen, sondern einem sechs Aktenbündel schweren Antrag von 260 mutmaßlichen Betrugsopfern auf Zulassung als Nebenkläger. Es handelt sich vornehmlich um Investoren aus Belgien und Frankreich, die in Fonds der Kepha-Stiftung Beträge von bis zu einer Million Euro investierten. Weil die Anträge und Unterlage größtenteils auf Französisch verfasst sind, beantragte der Bozner Anwalt Beniamino Migliucci, einer der Verteidiger von Monsignore Benvenuti, deren vollständige Übersetzung.

Das erachtete Richter Pelino für zu aufwendig und bat den Anwalt der Nebenkläger bis zur nächsten Verhandlung am 7. März die wichtigsten Passagen des Zivilpartei-Antrags übersetzen zu lassen.

Auf der nächsten Verhandlung werden die Verteidiger der vier Beschuldigten aller Voraussicht nach einen Antrag auf Verlegung des Verfahrens an das Landesgericht Rom einbringen. Allerdings hat die Kassation bereits mehrmals festgehalten, das der zuständige Gerichtsstandort für das Verfahren Bozen ist.

Die Ermittlung nahm ihren Anfang im September 2014 mit einer Strafanzeige der Gadertalerin Agnese Colz, einer langjährigen Mitarbeiterin Benvenutis im Vatikan. Sie wies dort darauf hin hin, von ihrem ehemaligen Vorgesetzten als gesetzliche Vertreterin von zweifelhaften Firmen eingesetzt worden zu sein. Und dass ihr der Monsignore Geld schulde.

Die Ermittlung nahm ihren Lauf und stieß im Frühjahr 2016 auf zusätzliche Beweismittel. Christian Ventisette, 56, langjähriger Assistent Benvenutis, packte nach seiner Verhaftung in Madrid gegenüber den Ermittlern aus. Er belastete seinen ehemaligen Chef schwer. Ventisette schloss später einen gerichtlichen Vergleich über 20 Monate Haft ab und zahlte Millionenbeträge zurück.

Benvenuti wird nun auch vorgeworfen, im Verhör mit dem Staatsanwalt falsche Angaben gemacht zu haben: Er erklärte, als Vermögen lediglich eine kleine Wohnung zu besitzen. Die Ermittler stießen auf weitere Immobilien in Rumänien.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2022 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen