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Fürbitten & Bier

In der Pfarrgemeinde Mitterolang hängt der Kirchensegen schief, weil Bewohner aus dem Ort in der Kirche eine zünftige Geburtstagsparty haben steigen lassen. Der Pfarrer ist sierig, der Pfarrgemeinderatspräsident schweigt.

von Artur Oberhofer

Der Präsident des Pfarrgemeinderates von Nieder- und Mitterolang, Peter Kofler, ist nicht sehr gesprächig.

Und er wünscht weder Anteilnahme noch Einmischung von außen. „Das Ganze regeln wir intern“, sagt er am Telefon ganz bestimmt. Und legt auf.

Die Verlegenheit ist nachvollziehbar. Denn in der Pfarrgemeinde Mitterolang ist im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los. In dem Pusterer Ort spricht man seit Tagen nur mehr über einen Vorfall, der von den einen im Dorf als Frevel oder gar als Sakrileg, und von den anderen als grenzwertiger Jux wahrgenommen wird.

Der Fall schaffte es sogar ins Pfarrblatt.

Was war geschehen?

Ein Mann aus dem Ort, Georg N., feierte Ende Jänner dieses Jahres einen runden Geburtstag. Den 50.sten!

Aus diesem Anlass hatte die Lebensgefährtin von Georg N. eine Idee: Sie und ein gutes Dutzende geladene Gäste wollten den lieben Georg zu seinem 50er mit einer Geburtsparty an einem ganz besonderen Ort überraschen – in der Kirche zum H. Ägidius von Mitterolang.

Sie wird auch die Kirche der 14 Nothelfer genannt.

Die Freunde und Kollegen von Georg N. wollten also eine Geburtstagsmesse zelebrieren. Ohne Pfarrer.

Unter dem Vorwand, der ehemalige Pfarrer von Oberolang, Michael Bachmann, würde später nachkommen, ließen sich Georg N.’s Freunde von einem der (nichts ahnenden) Kirchenmesner die Kirchenschlüssel aushändigen.

Normalerwiese wird die Kirche um 18.00 Uhr zugesperrt.

Ab 21.00 Uhr stieg dann in der vermutlich um 1138 gebauten Kirche eine zünftige Geburtstagsparty. Wie auf einem Amateur-Video zu sehen ist, das inzwischen in Mitterolang zirkuliert, hat einer der Party-Gäste der Pfarrer gespielt, nachdem er sich aus der Sakristei ein weißes Pfarrergewand, das man unter dem Talar trägt, geholt und übergezogen hatte.

Im weißen Priestergewand hielt er die „Predigt“ und erteilte dem Geburtstagskind und der Geburtstagsgesellschaft den Segen.

Der frühere Orgelspieler der Pfarrei Mitterolang, Franz E., ist auf dem Video zu sehen, wie er voller Inbrunst an der Orgel spielt. Es wird gesungen. Und hinter den heiligen und diskreten Wänden fließt ausnahmsweise nicht Weißwein, sondern reichlich Bier.

„Es wurde sogar herumgebusselt“, berichtet entsetzt eine Mitterolangerin, die zufällig das Video gesehen hat.

Sogar die Fürbitten wurden gelesen. Und die Gäste der Party baten laut: „Herr, wir bitten dich, erhöre uns.“

All dies geschah unter dem Altarbild, das die Anbetung der Drei Könige zeigt, das Friedrich Pacher um 1480 schuf.

Ob der liebe Gott die Geburtstags-Messe in einer Mitterolanger Filiale goutiert hat, ist nicht bekannt.

In Mitterolang, freilich, gehen die Wogen hoch. Im Dorf ist die Rede von einer Entweihung der Kirche. Insbesondere die ältere Generation hat partout kein Verständnis dafür, dass die ihnen so heilige Kirche für eine Geburtstagsfete missbraucht worden ist. „Noch dazu von Leuten aus dem Ort, die wissen, wie wichtig uns die Kirche ist“, schimpft eine Frau aus Mitterolang.

Andere im Dorf nehmen die Sache mit Humor: „Endlich mal was los in der Kirche“, sagt ein Handwerker aus Mitterolang.

Im klerikalen Ambiente im Dorf wird der Geburtstagsgesellschaft übelgenommen, dass sie sich offenbar unter einem erfundenen Vorwand Zugang zur Kirche verschafft hat. Denn es stellte sich heraus, dass Michael Bachmann, der inzwischen Pfarrer in Kiens ist, am fraglichen Tag gar nicht im Lande war.

In Mitterolang heißt es, die Geburtstagsgesellschaft habe die Gutgläubigkeit der Person, die ihnen den Kirchenschlüssel übergeben hat, ausgenutzt.

Die lokalen Kirchenverantwortlichen sind über den Vorfall so angefressen, dass sie ihrem Ärger im letzten Pfarrbrief Luft gemacht haben.

Pfarrer Rüdiger Weinstrauch, Seelsorger Philipp Josef Peintner und der Präsident des Pfarrgemeinderates, Peter Kofler, veröffentlichten in der letzten Ausgabe des Pfarrbriefes folgenden „wichtigen Hinweis“:

„Jede Kirche ist ein geweihter Ort, ein Haus des Gebetes, an dem uns Gott besonders nahe ist und an dem wir ihm unsere Anbetung und unseren Dank sagen. Wer daher diesen Heiligen Ort für eine religiöse Feier wünscht, muss die Erlaubnis des Seelsorgers einholen und auch die schriftlichen Unterlagen der Feier ihm unterbreiten, damit der religiöse Rahmen gewährleistet ist. Dieser Heilige Ort darf nicht degradiert werden zu einem Ort der Unterhaltung. Dazu gibt es genügend andere Möglichkeiten, aber nicht die Kirche!

Euer Seelsorger Philipp!“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (24)

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  • andreas

    Würden ein paar Jugendliche so einen Schwachsinn veranstalten, könnte man es ja noch verstehen.

    Wie peinlich ist das aber, wenn 50jährige sich unter falschem Vorwand Zutritt zu einem Raum verschaffen und sich wie pubertierende Teenager verhalten? Unabhängig davon, ob es eine Kirche oder ein anderer Raum ist.
    Und dann noch Messe spielen, ist eigentlich an Infantilität nicht zu überbieten.

  • george

    Das ist an Präpotenz und Überheblichkeit nicht zu überbieten. Ein paar „oalinga“ meinen wohl immer etwas zu sein, wo sie tun und lassen können, was sie wollen. Wo bleiben hier Bildung und Kultur? Null Rspekt und Rücksicht auf die Mitbürgerinnen im Dorf, ja sogar gelogen und betrogen werden die Pfarrangehörigen um zum Schlüssel der Kirche zu gelangen.

  • sepp

    och s anderle muss holt a sein Senf dozui geben du in die nächsten johr kenn mo ginui Kirchen her nemm für Discos so Long sich nett longsam wos ändert in der kirche hob mo bold koane Pfarrer mehr du und wos ischen schun heilig Kirchen hot füher lei der Klerus gebaut weil sie geld ginui kop hoben haint geben sie nix mehr aus nett lei amol a kirche zu renovieren und hoben Geld und besitz ginui haint miessen a lei mehr die gemeinden und dorfbevölkerung mit spenden die Kirchen renovieren du und glauben konn man wie man will du konn an Gott glauben aber für sein fussvolk gib i nett viel du wie der Bischof tuit gor nett

  • sepp

    do vollpfosten bisch voll Pfosten bisch woll du

  • adobei

    —-ach wie tief sind wir gesunken!!!

  • sepp

    manuel @ du wersch woll a heiliger sein

    • george

      Das hat weder mit Heiligen noch mit Teufeln etwas zu tun. Das ist ein Hohn an der Dorfbevölkerung, die von Ordnung und Recht noch etwas hält. Es dürfte wohl auch etwas für die Staatsanwaltschaft sein, falls es angezeigt wird.

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